Wien

Stadt hat beim Gewässerschutz einen "Tunnelblick"

Die zunehmenden Starkregenfälle bedrohen für den Wienfluss. Daher verlängert die Stadt nun das Kanalnetz: Ab 2024 baggert sich eine Raupe nach Westen.

Louis Kraft
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    Wer vor dieser "Metallhütte" vor dem Rüdiger-Hof (Margareten) ahnt kaum, was sich dahinter verbirgt.
    Wer vor dieser "Metallhütte" vor dem Rüdiger-Hof (Margareten) ahnt kaum, was sich dahinter verbirgt.
    Denise Auer

    "Es ist selten, dass wir an so einem spektakulärem Standort sind", strahlt Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) am Donnerstag. Da wo sonst 110 Millionen Liter Abwasser durch die Rohre donnern, stellte er am Donnerstag 25 Meter unter der Erde am Beginn eines gewaltigen Abflusstunnels mit einem Innendurchmesser von 7,5 Meter gemeinsam mit den Bezirkschefs von Margareten, Mariahilf, Meidling, Hietzing, Penzing und Rudolfsheim-Fünfhaus das neue Infrastruktur-Großprojekt der Stadt vor.

    Neun Kilometer Gewässerschutz im Wiener Untergrund

    Der zunehmende Klimawandel macht in Wien nicht nur Maßnahmen zur Abkühlung der Stadt nötig, er stellt auch neue Anforderungen an das Kanalnetz. Durch zunehmende Starkregenereignisse kommt innerhalb kurzer Zeit so viel Wasser zusammen, dass die bestehende Rohre das nicht mehr weiterleiten können. Die Folgen können Überschwemmungen und die Verschmutzung der Gewässer sein. Besonders gefährdet ist der Wienfluss. Daher wird genau hier das Kanalnetz in den kommenden Jahren um neun Kilometer erweitert.

    Der bestehende Tunnel führt von der Urania bis auf Höhe des Rüdiger-Hofs in Margareten. Genau hier stellte Czernohorszky tief unter der Erde die Ausbaupläne vor. Ab 2024 wird sich vom Gaudenzdorfer Gürtel eine Tunnelbaumaschine bis Auhof baggern. Die etwa 80 bis 100 Meter lange Raupe wird in Einzelteilen unter die Erde gebracht und erst im Schacht zusammengesetzt. Dafür wird beim Gaudenzdorfer Gürtel ein etwa 20 mal 40 Meter messender Hauptschacht gebaut, wie Wien Kanal Direktor Andreas Ilmer erklärt. Von dort gräbt die Hightech-Tunnelbaumaschine, die gleichzeitig bohrt, abbaut und ausbaut, die neun Kilometer lange Verlängerung. Vergleichbare Geräte wurden beim Eurotunnel zwischen Frankreich und England, dem Brenner-Basistunnel, der Pfändertunnel-Weströhre und dem Gotthard-Basistunnel eingesetzt.

    Video: Stadt Wien

    "Sicherung der Daseinsvorsorge und wichtige Umweltschutzmaßnahme"

    Nach der geplanten Fertigstellung im Jahr 2028 wird sich der neue Wienfluss-Kanal entlang von sechs Bezirken unter dem Wienfluss vom Ernst-Arnold-Park (Margareten) bis Auhof (Penzing) ziehen. Mit dem Mega-Projekt, das ersten Schätzungen zwischen 200 und 250 Millionen Euro kosten wird, will die Stadt drei Ziele erreichen wie Czernohorszky erklärt: "Zum Einen geht es darum, die Wiener Gewässer bestmöglich zu schützen, daneben passen wir die Infrastruktur an den Klimawandel an". Der dritte Punkt betreffe den Ausbau der kommunalen Daseinsvorsorge und der städtischen Abwasserentsorgung.

    "Der Vollausbau des Wiental Kanals ist eine wichtige Zukunftsinvestition zum Schutz der Umwelt. Starkregenereignisse, wie wir sie durch die Klimakrise häufiger erleben, sind eine hohe Belastung für unsere Gewässer. Mit dem Wiental Kanal schützen wir in Zukunft den Wienfluss vor Verschmutzung bei starkem Regen. Das ist nicht nur ein wichtiger Beitrag zum Gewässerschutz, sondern auch für die Lebensqualität und die Sicherheit der Wienerinnen und Wiener, die entlang des Wienflusses leben", so der Klimastadtrat.

    Die Planungsarbeiten laufen auf Hochtouren, im April 2022 starten die ersten Probebohrungen am Gaudenzdorfer Gürtel. Die Tunnelbauarbeiten beginnen 2024, die vollständige Inbetriebnahme ist für 2028 geplant. Der neun Kilometer lange Wienfluss-Kanal wird als Tunnelröhre mit einem Innendurchmesser von drei Meter errichtet. Er liegt tiefer als der Wienfluss und verläuft größtenteils entlang der linken Wienflussmauer. Nach Abschluss der Arbeiten soll er den Wienfluss auf einer Gesamtlänge von rund 12 Kilometer vor Verschmutzung schützen.

    Innovative Bauweise soll Beeinträchtigungen für Anrainer möglichst gering halten

    Um die Belastung der Anrainer möglichst gering zu halten, wählte Wien-Kanal eine neue Bauweise. Dabei wird großteils unter Erde gearbeitet, an rund 50 Stellen muss dann das bestehende Kanalnetz umgebaut und an die fertigen Tunnelabschnitte angeschlossen werden. Dafür müssen auch an der Oberfläche Löcher gebohrt werden. "Das bedeutet für die Anrainer, so sie für einige Monate mit einer neuen Baustelle konfrontiert sind".

    Die Stadt Wien setzt daher auf eine frühzeitige Information der Bürgerinnen und Bürger. Zu diesem Zweck soll am Gaudenzdorfer Gürtel noch bevor die Tunnelbauarbeiten beginnen ein Info-Center eingerichtet werden. Auch die Vorstehungen der betroffenen Bezirke wurden frühzeitig einbezogen. Stellvertretend erklärte Margaretens Bezirkschefin Silvia Jankovic (SPÖ): "Der Vollausbau des Wiental Kanals ist ein wichtiges Zukunftsprojekt für Wien. Die frühzeitige und transparente Information über den Ausbau des Wiental Kanals wird wesentlich dazu beitragen, dass die Anrainerinnen Anrainer und die lokalen Unternehmerinnen und Unternehmer das Projekt mittragen. Es ist unser gemeinsames Anliegen, die Verlängerung so rasch und effizient wie möglich umzusetzen".