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Star-Designer baut Ruine wieder auf

In der Französischen Revolution zerstört, wird die Ruine von Lacoste jetzt wieder aufgebaut. Von einem prominenten Designer.

Heute Redaktion
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Einst fanden Château de Lacoste rauschende Fest statt, heute gleicht es einer Ruine.

Von der Revolution zerstört

Die De-Sade-Familie besaß das Schloss auf dem Hügel beim französischen Dorf Lacoste schon seit 1716. Und während das Château de Mazan die französische Revolution unbeschadet überstand, wurde Lacoste mehrheitlich zerstört: Häuser wurden niedergebrannt, Wände eingerissen und Möbel zerstört. Dabei hat das Schloss historisch durchaus Relevanz.

Es war dieses Schloss, in das sich der Marquis flüchtete, nachdem er aus dem Gefängnis in Miolans ausgebrochen war. In Miolans sprang er aus dem Fenster – aber nicht, ohne vorher einen Entschuldigungsbrief an die Wachen zu hinterlassen. In diesem Schloss fanden die rauschendsten Feiern des so berühmten Marquis statt.

Donatien Alphonse François, Marquis de Sade, führte nach seiner Hochzeit, die ihm viel Reichtum brachte, ein ausschweifendes Leben. Sogar für die durchaus liberalen Verhältnisse im damaligen Frankreich waren die Eskapaden des Marquis zu viel. Zwei Prostituierte beschwerten sich einst, der Marquis hätte sie unter Drogen gesetzt und zu gotteslästerlichen Handlungen (In diesem Fall ging es konkret um Gruppen- und Analsex) gezwungen. Das war nicht die erste Verurteilung des Adligen: Für seine kirchenfeindlichkeit wurde der junge Mann schon vorher verhaftet.

Zum Tode verurteilt und geflohen

Der Prozess der beiden Prostituierten wurde in Abwesenheit des Adligen geführt. 1772 wurde er zum Tode verurteilt und floh nach Italien. Bei seiner Rückkehr nach Paris wurde er verhaftet, sein Todesurteil jedoch aufgehoben. Der Marquis de Sade wurde nach einem Fluchtversuch in die Bastille verlegt, in der er sein wichtigstes Werk schrieb.

«Ein gotteslästerliches, perverses Werk»

Hier schrieb der Marquis Die 120 Tage von Sodom, eine Erzählung über vier Adlige und ihre perversen, sadistischen und teilweise bizarren sexuellen Vorlieben. Im Laufe der Geschichte werden die beschriebenen Praktiken abartiger, beinhalten auch das Töten und Verstümmeln der Sklaven im Haus.
Das Buch, das eigentlich nur ein Entwurf war, sorgte nach seiner Entdeckung für einen Skandal. «Gotteslästerlich, kirchenfeindlich und pervers». Moderne Kritiker weisen aber auch auf die versteckte Gesellschaftskritik hin: Es geht nicht nur um Sex, sondern um die Wehrlosigkeit eines Individuums in einer totalitären Gsellschaft. Das Buch war bis 1957 in Frankreich verboten.

Vorlage für "120 Tage von Sodom"?

Es wird spekuliert, dass die Ereignisse an den Partys im Schloss die Vorlage für das berühmteste Werk des Marquis de Sade waren: Das Buch handelt von vier Adligen und ihren perversen, sadistischen und teilweise bizarren sexuellen Vorlieben. Es könnte dieser verruchte Ruf sein, der das Schloss während der Revolution zu einem Angriffsziel machte.

Designer kauft halbe Stadt auf

Noch heute sind die Ruinen von Lacoste ein kontroverses Thema in der Gegend. Derzeit gehören sie dem französischen Designer Pierre Cardin, der eine beeindruckende Figur ist: Er gilt nicht nur als der am längsten im Modegeschäft tätige Mensch (seit 1944!), er war auch Chefdesigner bei Dior und der Erste, der Prêt-à-Porter-Mode herstellte.

Cardin machte übrigens auch die Uniformen für chinesische Polizisten, Soldaten und Angestellte der Post. Uniformaufträge für andere Länder folgten. Das Schloss des Marquis kaufte er 2001 – zusammen mit diversen weiteren Immobilien im Ort Lacoste. Er plante in der Schlossruine Konzerte und kulturelle Veranstaltungen, was bei den Dorfbewohnern aber nicht besonders gut ankam.

"Ein rücksichtsloser Immobilienhai"

Dass die Bewohner von Lacoste wenig Verständnis für die Pläne des großen Designers aufbrachten, lag aber wohl auch an der Planung einer Privatresidenz im Schloss. Cardin wollte den kleinen Ort zu einem "St. Tropez der Kultur" machen – die Einwohner des Dorfes sahen aber nur das Auftreten eines feudalen Großgrundbesitzers.

Aber nicht alle sind gegen Cardins Pläne: In Lacoste wohnen rund 500 Menschen und viele von Ihnen freuen sich über die künftigen Veranstaltungen. Cardin selbst fühlt sich missverstanden: "Ich möchte zwar ein kulturelles St. Tropez machen, aber ohne das ganze Showbiz. Ich möchte Lacoste wieder authentisch und trotzdem glamourös machen", sagt der 95-Jährige.

(Red)