Szene

Starb Michael Glawogger wegen falscher Diagnose?

Heute Redaktion
Teilen

Nach dem Tod von Michael Glawogger, der dem österreichischen Dokumentarfilm international ein Gesicht gab, sind am Donnerstag Details zu seinem Tod bekannt geworden. Als er in Liberia erkrankte war, wurde zunächst eine Typhusinfektion vermutet, ehe die Behandlung nach der Diagnose von Malaria umgestellt wurde. Der 54-Jährige starb dennoch an Organversagen.

Am 3. Dezember brach Michael Glawogger von Österreich auf. Er wollte für seine neue Doku "Untitled - der Film ohne Namen" drehen. In Liberia, in Westafrika endete die Reise. Dort erkrankte der Filmemacher an der Malaria. Dann, die Schreckensnachricht. Stefanie Carmichael, Sprecherin der UN-Friedenstruppen in Liberia twitterte, dass Glawogger an der Fieberkrankeit gestorben sei.

Malaria erst beim zweiten Test diagnostiziert

Einen Tag nach Bekanntwerden des Todes gab eine Sprecherin Details zum Krankheitsverlauf bekannt. Die Symptomatik habe vorerst eine Typhusinfektion nahegelegt, gegen die er entsprechend behandelt wurde. Als sich sein Gesundheitszustand nicht besserte, wurde bei einem zweiten Test Malaria diagnostiziert.

Michael Glawogger wurde ins Krankenhaus von Monrovia geflogen, die Rückholung nach Wien wurde in die Wege geleitet. Von Montag auf Dienstag verschlechterte sich sein Allgemeinzustand rapide und führte zu einem schrittweisen Organversagen, "infolge dessen er am Dienstag, den 22. April um 23.40 Uhr MEZ auf dem Weg vom Krankenhaus zum Flughafen verstarb", hieß es in der Aussendung.

Dialysegerät fehlte

"Die Reanimierung durch das kurz davor gelandete österreichische Ärzteteam blieb ohne Erfolg - ebenso wie zuvor die Versuche, in Liberia ein Dialysegerät beizustellen bzw. aus einem der Nachbarländer ein solches einzufliegen." Ob eine Dialyse geholfen hätte, bleibe jedoch Spekulation. "Eine bessere medizinisch-technische Ausstattung hätte die Chancen zur Rettung wohl erhöht, aber dieser Wettlauf mit der Krankheit wurde verloren."

Der ORF ändert in memoriam sein Programm. Gezeigt werden u.a. "Megacities", "Contact High" und "Workingman's Death. Letzter Blogeintrag vor einer Woche

, einem rund 18.000-Einwohner-Ort am Westzipfel von Afrika. Rund ein Jahr lang wollten Glawogger, sein Kameramann Attila Boa und sein Tonmann Manuel Siebert für ihr Doku-Experiment im roten VW-Bus unterwegs sein, ohne vorgefertigtes Konzept und ohne Erwartungen. Sierra Leone, Gambia und Senegal hatten sie schon hinter sich. Jede Gefahr wurde gemeistert, doch gegen die Stechmücken war er am Ende hilflos.

Jährlich 660.000 Malaria-Tote

Jedes Jahr erkranken laut WHO 219 Millionen Menschen an Malaria, 660.000 sterben, 90 Prozent davon in Afrika. 80 Prozent der Fälle kommen in 17 Ländern vor. Liberia gilt laut WHO als eines der gefährdetsten Staaten. Die Erkrankten leiden unter Fieber, Kopfschmerzen und Erbrechen - oft endet die Krankheit mit dem Tod.

In Österreich ist man tief betroffen. "Schockiert" zeigte sich die Austrian Film Commission (AFC). Der österreichische Film verliere "einen seiner prononciertesten Filmemacher, einen, der sich nie einordnen ließ und der ein filmisches Werk hinterlässt, dass in den Kanon des Weltkinos eingegangen ist", so Roland Teichmann, Direktor des Österreichischen Filminstituts (ÖFI).

"Mit Michael Glawogger verliert der österreichische Film einen seiner herausragendsten, profiliertesten und neugierigsten Filmemacher. International ausgezeichnete Meisterwerke wie 'Megacities', 'Workingman's Death', 'Whores' Glory' machten Glawogger zum großen Dokumentaristen unserer Zeit. Ob Dokumentar- oder Spielfilm, Glawogger lotete kompromisslos Genregrenzen aus und schuf und präsentierte schonungslose Einblicke in große Themen, die allgegenwärtig, aber sehr tabubehaftet sind." Alexander Wrabetz

ORF-Programmänderung

In memoriam Michael Glawogger ändert der ORF sein Programm und zeigt u.a. die Trilogie "Megacities" , "Workingman's Death" und "Whores' Glory"

;