Wien

Studie listet 19 weitere belastete Straßennamen auf

Der Ergänzungsband zu einer 2014 erschienenen Studie listet vor allem Zusammenhänge mit der NS-Vergangenheit und dem Kolonialismus auf.

Louis Kraft
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2014 erschien das Buch "Umstrittene Wiener Straßennamen". Heuer folgte der Ergänzungsband. darin sind 19 weitere belastete Straßennamen in Wien aufgelistet. Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) und Universitätsprofessor Oliver Rathkolb stellten den Band heute, Mittwoch, vor.
2014 erschien das Buch "Umstrittene Wiener Straßennamen". Heuer folgte der Ergänzungsband. darin sind 19 weitere belastete Straßennamen in Wien aufgelistet. Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) und Universitätsprofessor Oliver Rathkolb stellten den Band heute, Mittwoch, vor.
Sabine Hertel

2013 wurde die von der Stadt Wien in Auftrag gegebene wissenschaftliche Studie "Umstrittene Wiener Straßennamen" zu den umstrittenen Wiener Straßennamen präsentiert: Mehr als 170 Straßennamen wurden damals von der Historikerkommission als bedenklich eingestuft. Das vielleicht bekannteste Beispiel ist der frühere Wiener Bürgermeister Karl Lueger, der als Antisemit gilt. Sein Denkmal in der Innenstadt wurde wiederholt beschmiert, wir haben berichtet.

19 weitere Namen mit NS-Vergangenheit oder Kolonialbezug

Nach der Studie sind neue Hinweise auf bedenkliche Namen aufgetaucht. Daher hat Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) eine Fortsetzung des Berichts in Auftrag gegeben. Dieser Ergänzungsband enthält 19 weitere Namen und Bezeichnungen, die auf Personen mit NS-Vergangenheit sowie auf einen Kolonialbezug bezugnehmen. Auf 48 Druckseiten umfasst das Ergänzungsheft Infos und Fotos zu dem belasteten Namen. Heute, Mittwoch, wurde es durch Kaup-Hasler, den Wissenschaftern Oliver Rathkolb und Walter Sauer sowie dem Vorsitzenden des Unterausschusses für Verkehrsflächenbenennungen, Gemeinderat Georg Niedermühlbichler (SPÖ) im MUSA in der Felderstraße (City) präsentiert.

Stadt will Aufklärung mit Zusatztafeln fortführen

"Ich danke der Kommission für ihre profunde Arbeit, die neue wissenschaftliche Erkenntnisse über in unserem Straßennetz verankerte Namen und Bezeichnungen zutage gebracht hat. Der Ergänzungsband ist ein wichtiger Beitrag zum Erinnern im öffentlichen Raum", betonte die Kulturstadträtin. Die Stadt stehe zu ihrem bisherigen Umgang mit problematischen Straßennamen.

Konkret bedeutet das, dass nun auch die neu definierten belasteten Namen und Bezeichnungen durch Zusatztafeln in den historischen Kontext gestellt werden sollen. "Zusatztafeln mit erklärenden biographischen Informationen über den Namensgeber, die Namensgeberin bieten die Möglichkeit zur Auseinandersetzung und kritischen Reflexion. Die Stadt macht damit aktuelle Forschungsergebnisse im öffentlichen Raum zugänglich und sichtbar. Sie wird daher den bisher eingeschlagenen Weg fortsetzen und die Anbringung von Zusatztafeln forcieren", bekräftigte Kaup-Hasler.

Verdrängtes koloniale Erbe sichtbar machen

"Die kritische Auseinandersetzung mit Erinnerungsstücken im öffentlichen Raum ist höchst aktuell und brisant. Auch die kolonialen Repräsentationen im Wiener öffentlichen Raum erfordern intensivere Auseinandersetzungen mit dem verdrängten kolonialen Erbe", betonte Professor Oliver Rathkolb vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien. Sein Kollege vom Institut für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Universität Wien, Walter Sauer ergänzte: "In den letzten Jahren sind die kolonialistischen Aktivitäten während der Monarchie in Übersee stärker ins Bewusstsein getreten. 'Entdecker' oder 'Afrikapioniere' werden als Wegbereiter der kolonialen Eroberung gesehen. Daher müssen auch einschlägige Straßennamen kritisch reflektiert werden. Der vorliegende Ergänzungsband setzt sich mit diesem lange verdrängten kolonialen Erbe auseinander.

Frauen bei Neubenennungen besonders berücksichtigt

Umbenennungen sind derzeit keine geplant, hieß es. Bei Neubenennung stützte sich die Stadt auf die im Gemeinderat abgestimmte Richtlinien, in denen das Prozedere festgehalten ist sowie Kriterien aufgelistet sind. "Neben der Möglichkeit, auch nach Ortsbezeichnungen oder Begriffen aus Fauna und Flora zu benennen, sollen bei Persönlichkeiten besonders Frauen berücksichtigt werden – um einerseits dem historisch gewachsenen Ungleichgewicht entgegenzuwirken und andererseits die gesellschaftliche Realität abzubilden", betonte Niedermühlbichler. 

Diese 19 Orte wurden als bedenklich eingestuft

Leopoldstadt:

Ernst-Melchior-Gasse, Große Mohrengasse, Kleine Mohrengasse und die Holubstraße

Landstraße:

Baumannstraße und die Hansalgasse 

Mariahilf:

Loquaiplatz und Loquaipark

Josefstadt:

Hamerlingplatz und Hamerlingpark sowie die Kupkagasse

Favoriten:

Ludwig-von-Höhnel-Gasse

Simmering:

Reimmichlgasse

Meidling:

Lore-Kutschera-Weg

Hietzing:

Slatingasse

Penzing:

Hamerlinggasse und die Marnogasse

Rudolfsheim-Fünfhaus:

Robert-Hamerling-Gasse

Döbling:

Philippovichgasse

Donaustadt:

Siegfried-Theiss-Gasse, die Wilhelm-Dachauer-Straße und die Bullagasse

Liesing:

Alma-König-Weg

Mehr Informationen zum Hintergrund der Straßen- und Platzbezeichnungen kannst Du hier nachlesen.