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Testspiel-Kader: Ausfälle zwingen zu Experimenten

Heute Redaktion
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Österreichs Fußball-Teamchef Marcel Koller hat am Dienstag in Wien einen 25-Mann-Kader für die beiden Test-Länderspiele in Innsbruck am 1. Juni gegen die Ukraine und am 5. Juni gegen Rumänien bekanntgegeben. Verletzungsbedingt fehlt eine Reihe an Deutschland-Legionären. Überraschungsgäste: Jungspund Marcel Sabitzer von der Admira und Stefan Maierhofer.

Das Nationalteam muss auf einige Stammkräfte verzichten. Die Deutschland-Legionäre Christian Fuchs (Adduktoren- und Knieprobleme), Emanuel Pogatetz (Knieprobleme) und Martin Harnik (Unterschenkelverletzung) sagten Koller ab. Auch Jürgen Säumel und Christopher Trimmel sind nicht fit genug für das zwölftägige Teamcamp in Seefeld, in dessen Rahmen der Test-Doppelpack in Innsbruck auf dem Programm steht.

Fraglich sind die angeschlagenen Robert Almer (Muskelverletzung im Oberschenkel) und Jakob Jantscher (Bändereinriss in der rechten Schulter). Aufgrund der Blessur von Almer hat Koller am Dienstag in Wien mit Christian Gratzei, Heinz Lindner und Debütant Lukas Königshofer gleich drei weitere Tormänner in sein 25-Mann-Aufgebot berufen. "Königshofer hat bei Rapid sehr gute Spiele gezeigt. Er ist ein junger Tormann mit guten Anlagen", sagte Koller über den 23-jährigen Rapid-Schlussmann.

18-jähriger Sabitzer ist die größte Überraschung

Aufgrund der Ausfälle werden neben Königshofer auch einige weitere Akteure erstmals unter Koller trainieren und vielleicht sogar spielen. Deshalb versucht der ÖFB-Teamchef aus der Schweiz den Ausfällen von Fuchs und Co. auch Positives abzugewinnen. "Dieser Lehrgang ist die letzte Möglichkeit vor der WM-Qualifikation, um einiges auszutesten. Wir werden das Camp nützen, um den einen oder anderen zu testen. Wir wollen ein Gefühl bekommen, wie sich die Spieler in der Gruppe bewegen."

Die größte Überraschung in Kollers drittem Kader heißt Marcel Sabitzer. Nach Rücksprache mit Dietmar Kühbauer hat Koller entschieden, den 18-jährigen Admira-Stürmer erstmals einzuberufen. "Uns ist bewusst, dass das Gefahren bergen kann, einen jungen Spieler ins A-Team hoch zu nehmen. Aber wir wollen ihn kennenlernen. Und wenn mich ein Spieler überzeugt, dann spielt es keine Rolle, ob er 18 oder 30 Jahre alt ist. Es geht nur darum, ob er gut ist", meinte Koller und verwies auf den kometenhaften Aufstieg des 19-jährigen Wieners David Alaba bei Bayern München.

Sabitzer ist eine Alternative für die rechte Seite, dürfe sich aber natürlich nicht gleich als Stammspieler fühlen. Er müsse damit rechnen, in Zukunft auch wieder für die U19 oder die U21 Österreichs zu spielen. "Wichtig ist, dass so ein junger Spieler nicht abhebt. So eine Einberufung soll als Motivation für alle jungen Spieler dienen. Außerdem will ich jenen Spielern Druck geben, die denken, sie seien Stammspieler."

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Erstmals Maierhofer im Koller-Team

Erstmals in der Ära Koller wird Stefan Maierhofer das Teamcamp beziehen. "Er hat in den letzten Spielen gezeigt, dass er ein Winnertyp ist. Mit seinen Toren und seiner Aggressivität ist er einer, der vorne weggeht. Es ist wichtig, an der vordersten Front Spieler zu haben, die Impulse geben. Das kommt unserer Idee, aggressiv gegen den Ball zu arbeiten, entgegen", so Koller über den 2,02 Meter großen Sturm-Riesen von Meister Salzburg.

Koller erwartet sich von Maierhofer auch abseits des Rasens einiges. "Ich habe schon viel von ihm gehört und auch schon ein paar Mal mit ihm gesprochen. Er kommt sehr angenehm rüber, er hat diese soziale Komponente in sich. Er ist ein angenehmer Mensch, aber auf dem Platz wie ein Werwolf. Ich war als Spieler auch so. Da haben viele gesagt: 'Auf dem Platz kennt man dich ja gar nicht.' Auf dem Platz kannst du nicht der nette Kumpel sein. Da kann sich der eine oder andere von ihm etwas abschauen."

Franz Schiemer wegen Hochzeit raus

Viel Kredit verloren hat bei Koller wohl Franz Schiemer. "Schiemer hat mir im Dezember in einem Gespräch mitgeteilt, dass er am 1. Juni heiratet. Ich habe mich darüber ein bisschen gewundert, weil zu diesem Zeitpunkt die Teamcamp- und Länderspiel-Termine bereits festgestanden sind", berichtete Koller. "Schiemer hat sich entschieden, die Hochzeit stattfinden zu lassen und nicht beim Lehrgang dabei zu sein." Dass Schiemer nun bei ihm unten durch ist, wollte Koller allerdings keinesfalls bestätigen: "Das bedeutet nicht das Ende seiner Teamkarriere."

Aufgrund des Ausfalls von Pogatetz wird Koller Paul Scharner in der Innenverteidigung testen. Ein Plan, den der Headcoach mit Scharner bereits telefonisch abgesprochen hat. Sebastian Prödl kehrt nach seiner Verletzungspause (Kiefer- und Nasenbeinbruch) zurück, erstmals kennenlernen will Koller Linksfuß Andreas Ulmer.

Bayern-Verteidiger Alaba als Mittelfeldmotor?

Alaba wird gegen die Ukraine und Rumänien trotz des Fuchs-Fehlens nicht wie bei den Bayern als linker Verteidiger zum Zug kommen. "Er hat bei Bayern seine Stammposition links hinten gefunden. Für mich ist er im Mittelfeld aufgrund seiner Spielintelligenz, Wahrnehmung und Technik zu wertvoll. Wir brauchen im Aufbau solche Spieler als Schaltstation."

Auch England-Legionär Andreas Weimann wäre ein Thema für den Kader gewesen, der Stürmer ist aber derzeit mit einem Seitenbandeinriss außer Gefecht gesetzt. Die Entscheidung, wer Österreich als Kapitän in die im Herbst beginnende WM-Quali führen wird, fällt nicht in Seefeld, sondern erst im August.

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Der gesamte Kader:

Tor: Robert Almer (Fortuna Düsseldorf/GER, 2 Länderspiele/3

Gegentore), Christian Gratzei (Sturm Graz, 9/21), Lukas Königshofer

(Rapid, 0), Heinz Lindner (Austria Wien, 0)

Abwehr: Aleksandar Dragovic (FC Basel/SUI, 15 Länderspiele/0 Tore),

György Garics (Bologna/ITA, 24/1), Manuel Ortlechner (Austria Wien,

8/0), Sebastian Prödl (Werder Bremen/GER, 32/3), Markus Suttner

(Austria Wien, 1/0), Florian Klein (Austria Wien, 10/0), Andreas

Ulmer (Red Bull Salzburg, 2/0)

Mittelfeld: Paul Scharner (West Bromwich/ENG, 38/0), David Alaba

(Bayern München/GER, 17/0), Julian Baumgartlinger (Mainz/GER, 19/0),

Andreas Ivanschitz (Mainz/GER, 53/9), Jakob Jantscher (Red Bull

Salzburg, 9/1), Zlatko Junuzovic (Werder Bremen/GER, 17/1), Veli

Kavlak (Besiktas Istanbul/TUR, 15/0), Christoph Leitgeb (Red Bull

Salzburg, 27/0), Yasin Pehlivan (Gaziantepspor/TUR, 14/0)

Sturm: Guido Burgstaller (Rapid, 1/0), Marko Arnautovic (Werder

Bremen/GER, 17/5), Marc Janko (FC Porto/POR, 25/11), Stefan

Maierhofer (Red Bull Salzburg, 19/1), Marcel Sabitzer (Admira, 0)

Auf Abruf: Jörg Siebenhandl (Wiener Neustadt, 0), Martin Hinteregger

(Red Bull Salzburg, 0), Georg Margreitter (Austria Wien, 0), Ekrem

Dag (Besiktas Istanbul/TUR, 10/0), Manuel Weber (Sturm Graz, 1/0),

Erwin Hoffer (Eintracht Frankfurt/GER, 28/4), Patrick Bürger

(Mattersburg, 0)

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"Arbeit, kein Urlaubsfeeling"

Marcel Koller hat am Dienstag bei der Kader-Bekanntgabe in Wien klargestellt, dass im am 24. Mai in Seefeld beginnenden Camp der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft kein verfrühtes Urlaubsfeeling aufkommen wird. "Keiner kann sich ausruhen und keiner soll glauben, dass er schon ein bisschen Vorurlaub machen kann. Sonst laufe ich mit der Peitsche rum. Ich habe die Verantwortung, dass wir uns weiterentwickeln", meinte der Schweizer.

Auf die Frage, wie er nach Meisterschaftsende die müden Kicker so lange bei Laune halten wolle, reagierte Koller ebenfalls mit klaren Worten: "Ich denke, wir sollten davon wegkommen, dass die Saison nur bis zum Ende der Ligen geht. Das ist ein grundsätzliches Problem. Mit dieser Einstellung werden wir niemals bei einem großen Turnier dabei sein, das kann ich garantieren. Das wird ganz sicher nicht reichen."

"Nicht die Badehose auspacken"

Es sei nicht die Aufgabe des Trainerstabs, nur für gute Laune zu sorgen. "Das ist die letzte Möglichkeit, vor Beginn der WM-Qualifikation länger zusammenzuarbeiten. Da müssen wir bereit sein. Wir werden intensiv arbeiten. Wichtig ist, dass die Spieler von innen heraus motiviert sind. Wir müssen nicht schauen, dass wir die Badehose auspacken, auf den Berg fahren oder ein Rahmenprogramm zusammenstellen. Da ist der falsche Weg."

Koller ergänzte aber, dass man natürlich die Belastungen und Probleme nach einer langen Saison berücksichtigen werde. "Wir haben ein gutes Trainerteam, dank dem wir individuell arbeiten werden." Die Österreicher beziehen das Teamcamp am 24. Mai (Donnerstag). Die Spieler von Meister Salzburg werden aufgrund des Cup-Finales erst am 26. Mai anreisen, an diesem Tag wird auch Schweiz-Legionär Aleksandar Dragovic einrücken.

Menschenrechts-Verletzungen in Ukraine sind "Sache der Politik"

Im ersten der zwei Innsbruck-Länderspiele treffen die Österreicher dann am 1. Juni auf EM-Co-Veranstalter Ukraine. Aufgrund des Falles der inhaftierten ukrainischen Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko ist eine heftige politische Diskussionen entstanden, die mittlerweile längst auch den Fußball und die EURO erreicht hat.

Koller meinte zu dieser Problematik: "Dass die Verletzung von Menschenrechten nicht richtig ist, darüber müssen wir nicht diskutieren. Man muss aber unterscheiden, wir sind Sportler, und dieses Problem ist Sache der Politik. Die müssen eingreifen und das regeln." Deshalb will der 51-Jährige auch wie geplant zur EM reisen, bei der es die drei kommenden WM-Quali-Gegner Deutschland, Schweden und Irland zu beobachten gibt. "Wenn die UEFA sagt, das Turnier findet statt, werde auch ich mit dabei sein. Wir werden dort Infos bekommen, die für uns wichtig sein können."