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"The Callisto Protocol" im Test – ein Grusel-Garant

Während das Remake von "Dead Space" noch etwas auf sich warten lässt, ist mit "The Callisto Protocol" nun der geistige und gruselige Nachfolger da.

Rene Findenig
The Callisto Protocol" im Test: Gute Gruselstimmung, düstere Atmosphäre, aber nicht ganz ohne Macken.
The Callisto Protocol" im Test: Gute Gruselstimmung, düstere Atmosphäre, aber nicht ganz ohne Macken.
Striking Distance Studios

Hoch waren die Erwartungen des Fans an das neue Horror-Projekt "The Callisto Protocol" (PlayStation 5, PlayStation 4, Xbox Series, Xbox One, PC) – immerhin sprachen die Macher der Striking Distance Studios öfters in Superlativen von dem Action-Adventure. Hat sich das Warten gelohnt! Ja! Das Game ist eines der gruseligsten der jüngsten Jahre und spielt sich stellenweise fantastisch, wird aber auch von ein paar vor allem technischen Macken heimgesucht. Vor allem auf PC berichteten Spieler über immens ruckelndes Gameplay, das uns zum Glück in der Version für die PlayStation 5 erspart blieb.

Bei der Handlung liefert "The Callisto Protocol" souveräne und solide Sci-Fi-Horror-Kost. Der Frachter-Raumfahrer Jacob Lee stellt an Bord seiner All-Schiffs einen Systemausfall fest und schon stürzt das Schiff Richtung des titelgebenden Jupiter-Mondes Callisto ab. Gefunden wird Jacob dort aber nicht von hilfsbereiten Außerirdischen, sondern von Soldaten des knallharten Militärs Ferris, der sich den Überlenden schnappt und ihn in das berühmt-berüchtigte Hochsicherheitsgefängnis des Planeten steckt. Während Jacob im "Black Iron" schließlich aufwacht, ist der Knast aber eine seiner letzten Sorgen.

Solide Story und Gameplay-Anfänge à la "Dead Space"

Unser Protagonist, der schnell feststellt, dass an ihm chirurgisch herumgeschnippelt wurde, sieht sich inmitten von Chaos, Schreien, Feuer und nur spärlich erhellten Gefängnistrakten wieder und hat plötzlich nur mehr eines im Sinn: Raus auf der Haft und am Leben bleiben. Doch schon nach den ersten Erkundungstouren wird klar, dass das nicht so einfach ist, denn die restlichen zwölf bis 15 Stunden Spielzeit wird sich Jacob mit widerlich mutierten Zellengenossen und allerlei anderen Schrecken herumschlagen müssen. Ganz im "Dead Space"-Stil ist man dabei anfangs auf rudimentäre Waffen angewiesen.

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    Hoch waren die Erwartungen des Fans an das neue Horror-Projekt "The Callisto Protocol" (PlayStation 5, PlayStation 4, Xbox Series, Xbox One, PC) – immerhin ...
    Hoch waren die Erwartungen des Fans an das neue Horror-Projekt "The Callisto Protocol" (PlayStation 5, PlayStation 4, Xbox Series, Xbox One, PC) – immerhin ...
    Striking Distance Studios

    Schnell schnappt man sich ein Brecheisen und drischt damit in Notwehr auf die Angreifer ein. Das klappt anfangs auch ganz gut, später bekommt man dann auch einen Elektroschocker zur Verfügung gestellt. Der Gewalt-Faktor ist allerdings nichts für schlechte Nerven. Die Angreifer haben sich einerseits in den Kopf gesetzt, uns das Fleisch vom Gesicht zu fressen. Und andererseits spritzen Blut und Körperteile wild über den Bildschirm, wenn wir mit Brecheisen und Schockstab zuschlagen. Das Gameplay selbst ist recht simpel, erfordert aber auch ein Einlernen, denn es zeigt sich etwas speziell.

    Die wohl brutalsten Todes-Szenen der Game-Geschichte

    Jacob schlägt zwar per Schultertaste zu, sollte aber möglichst seine Angriffskombo durchbringen, um die Feinde auszuschalten. Die Feinde wiederum greifen blitzschnell an und wir können per Stick-Bewegung den Angriffen ausweichen, solange wir das Zeitfenster richtig treffen. Dieses ist zwar recht großzügig, anfangs steckt man aber wegen der ungewohnten Steuerung einiges an Treffern ein. Und viele Treffer braucht es nicht, bis die grausamsten Kill-Szenen der Gaming-Welt über den Bildschirm flimmern. Der Gesundheitsbalken ist jederzeit im Genick unseres Protagonisten zu sehen.

    Wem die Todes-Szenen nicht genug sind, bekommt übrigens einen Gore-Bonus spendiert, denn je nach Gegner-Art und -Typ wartet eine andere unfassbar brutale Szene, die zeigt, wie Jacob sein Ende findet. Zartbesaitete hingegen erwartet ein Spiel des Schreckens, denn die Gesundheitsanzeige ist eigentlich ständig knapp gefüllt und die Gegner können hinter jeder Ecke lauern oder strömen an anderer Stelle gleich in Scharen auf unseren Protagonisten zu. Wer sich übrigens vor Fleischfetzen und Blut graust: Die Todesanimationen können nicht übersprungen oder abgebrochen werden, ihr wurdet hiermit gewarnt!

    Die schönsten, aber wohl abwechslungsärmsten Schauplätze

    Story, Schocks und Schauer-Atmosphäre sind den Machern großartig gelungen, es schleichen sich aber auch einige Mängel ein, die man trotz der Großartigkeit des Games nicht übersehen darf. So sind zwar die Korridore und Komplexe des Spiels detailliert und herrlich düster mit tollen Licht- und Feuereffekten ausstaffiert, bis zum Ende des Games hat man aber dennoch das Gefühl durch immer mehr der gleichen Areale zu laufen. Die haben zwar noch nie in einem Horror-Game so gut ausgesehen, von der Abwechslung eines "Resident Evil" ist man aber weit entfernt. Gut, Gefängnis ist halt Gefängnis.

    Im Endeffekt fällt die optische abwechslungsarme Umgebung aber kaum auf, weil die Soundkulisse einfach dermaßen viel wieder wettmacht. Und da darf sich "The Callisto Protocol" ebenfalls rühmen, eines der besten Audio-Erlebnisse aller Zeiten zu sein. Knarzt, ächzt und knarrt es in den Wänden und Rohren, jagt das Spielern einen ebensolchen Schauer über den Rücken wie die markerschütternden Schreie und panischen Hilferufe, die immer wieder eingestreut werden. Wer da auch über ein halbwegs modernes Audio-Setup verfügt, kann sogar die Richtung heraushören, aus der sich der Horror nähert.

    Geballert wird auch, aber die Situation wurde schlau gelöst

    Doch auch in Sachen Sound gibt es eine Macke, und die betrifft leider die meisten Headsets. Im Test mit mehreren Endgeräten bis hin zum offiziellen Pulse 3D-Wireless-Headset für die PlayStation 5 waren die Funksprüche mit den wenigen übrigen Überlebenden der Gefängnis-Station einfach zu laut bis hin zur Schmerzgrenze, andere Geräusche gingen dagegen oft komplett unter. Im Menü lässt sich das übrigens nur bedingt und nicht vollständig beheben. Ebenso zeigte die Kamera kleine Mängel, bei denen es ohne manuelles Nachjustieren nicht geht, denn sonst prügelt und schießt Jacob ins Leere.

    Apropos schießt: Später im Spiel dürfen wir an 3D-Druckern gesammelte Blaupausen zu weiteren Waffen, darunter auch Schießprügeln, umwandeln. Zu einem bestimmten Punkt, an dem das Spiel in reine Ballerei ausartet, kommt es allerdings nie. Das hat neben den spärlich verteilten Blaupausen und Ressourcen eine schlaue Designer-Entscheidung als Hintergrund. Nur Gegner, die halbwegs nah und heil bleiben, überlasen uns nämlich Ressourcen wie Spielwährung, Heilung oder Munition. Und ja, richtig, wer dringend etwas davon braucht, macht die Monster am besten im guten alten Nahkampf platt.

    Immer wieder schleichen sich kleine und große Mängel ein

    Und auch hier gibt es wie so oft einen Haken, denn die Ressourcen nicht nur aus Gegnerleichen, sondern auch aus Kisten und Co., legt Jacob mit einem Manöver frei, bei dem er fest auf die Körper oder Objekte aufstampft. Stampft man sich allerdings im Sekundentakt durch einen Raum und schaut dabei auch noch wenig bis kein Material heraus, sieht das einfach nur lächerlich und wenig gruselig aus. Wenn wir gerade bei der Bewegung sind: Neben dem genannten Vorbeischlagen an Feinden kommt es auch vor, dass Ausweichmanöver bei einigen Feinden einfach grundsätzlich nicht funktionieren wollen.

    "The Callisto Protocol" im Test – ein Grusel-Garant
    "The Callisto Protocol" im Test – ein Grusel-Garant
    Striking Distance Studios

    Bei all den Kritikpunkten, "The Callisto Protocol" ist und bleibt ein großartiges Game, das sich mit "Dead Space" misst. Die Liste an nervigen Phänomenen wird im Laufe des Spiels immer länger und verhindert leider auch die große Horror-Perfektion. Ohne noch weiter lange herumjammern zu wollen fiel uns im Test auch noch auf, dass einige wenige Bosse zum Ende des Spiels dann wahre "Bullet Sponges" darstellten, eben Schaden wie ein Schwamm aufsogen. Das nervt besonders, wenn man fünf Minuten Feinde beharken muss, bei denen ein Treffer den Bildschirmtod und einen Neuversuch bedeute. 

    "The Callisto Protocol" ist ein echter Grusel-Garant

    Kommen wir wieder zu dem, was "The Callisto Protocol" so großartig macht. Strotz man irgendwann vor Waffen wie Pistolen, Sturmgewehren und Schrotflinten, fühlt man sich dennoch nie sicher. Ein besonderes Gameplay-Element stellt allerdings ein futuristischer Handschuh dar, der Feinde kurze Zeit lähmen und durch die Gegend schleudern kann. Dabei darf man auch den Gewaltfaktor mal umdrehen und die Kreaturen in laufenden Maschinen zerfetzen oder von Stacheln aufspießen. Auch diese Waffe hat allerdings ihre Tücken, denn der Akku ist schnell leer und Waffen-Wechsel sind langsam. 

    In Sachen Schwierigkeitsgrad wird es schon in der mittleren Stufe sehr herausfordernd, nur die leichteste Stufe sollte für jeden Anfänger schaffbar sein. Und hat man das Game geschafft, verwundert wieder eines: Kapitel oder Levels lassen sich dann nicht auswählen, um verpasste Items wie Blaupausen oder Tonbänder mit Story-Fetzen einzusammeln. Da hilft nur ein erneuter Komplett-Durchgang. Doch bevor wir wieder in die Dauerkritik verfallen: "The Callisto Protocol" ist ein grafisch, soundtechnisch und spielerisch fantastischer Sci-Fi-Horror, der sich vor dem Vorbild "Dead Space" nicht verstecken muss.