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"The Last Worker" im Test – Arbeits-Sim geht Luft aus

Spannendes Konzept, aber mangelnde Motivation: "The Last Worker" ist eine tolle Kapitalismus-Kritik, der inhaltlich aber leider die Luft ausgeht.

Rene Findenig
"The Last Worker" liefert seine Kapitalismuskritik ab, es mangelt dem Game aber an der Motivation.
"The Last Worker" liefert seine Kapitalismuskritik ab, es mangelt dem Game aber an der Motivation.
Wired Productions

Die bissige Kapitalismus-Kritik namens "The Last Worker" versetzt euch in die Haut des letzten Arbeiters in einer automatisierten Welt. "The Last Worker" könnte ein Leckerbissen für Simulations- und Actionsfans gleichermaßen sein, zwängt aber das Spielkonzept in ein zu enges Korsett. Auf PlayStation, Xbox, PC und Nintendo Switch sowie verschiedensten VR-Headsets spielt sich der Auftakt in das Game der Entwickler Oiffy, Wolf & Wood Interactive aber zuerst einmal großartig. Der Ansatz ist spannend: Das Game versetzt euch in die Rolle von Kurt, dem letzten Arbeiter in einer Welt der Maschinen.

Die Roboter haben alle außer Kurts Tätigkeiten übernommen – nicht nur die Idee, auch der Protagonist und die Story setzen sich mit der Kritik am Kapitalismus auseinander. Kurt arbeitet im Game für einen gigantischen Einzelhändler des Magnaten Joseph Jüngle, in einer trostlosen und sterilen Umgebung und mit einer eintönigen Tätigkeit. Seine Aufgabe: Auf einem schwebenden Pod schnappt sich Kurt per Traktorstrahl-Pistole Pakete und bringt sie im Anwendungszentrum der Mega-Fabrik an ihre Plätze, von denen sie dann an die Kunden versendet werden. Hilfe bekommt Kurt nur vom Hilfs-Bot Skew.

Mix aus Arbeits-Sim und Stealth-Adventure

Trotz aller Widrigkeiten und Eintönigkeit kann sich der letzte Arbeiter ein Leben ohne seinen Job nicht vorstellen. Als eine Aktivistengruppe auftaucht, ist jedoch nichts mehr, wie es war. Die Aktivistengruppe S.P.E.A.R. fordert Kurt auf, gegen seinen Arbeitgeber zu rebellieren – und er wird mit unangenehmen Wahrheiten konfrontiert, was denn da wirklich hinter den Kulissen seines Arbeitsgebers abgeht. Trotzdem loyal zum Mega-Konzern halten oder aber selbst zum Aktivisten werden? Das narrative Abenteuer regt zum Denken an. Das Gameplay ist ein Mix aus Arbeits-Sim und Stealth-Adventure samt Rätseln.

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    Die bissige Geschichte und die witzigen Kommentare in "The Last Worker" sind Gold wert. 
    Die bissige Geschichte und die witzigen Kommentare in "The Last Worker" sind Gold wert.
    Wired Productions

    Dazu kommt eine Star-Besetzung, die sich sehen lassen kann. Dargestellt oder vertont werden die Charaktere etwa von Jason Isaacs, Zelda Williams, David Hewlett, Ólafur Darri Ólafsson, Clare-Hope Ashitey und Tommie Earl Jenkins. Für die Erzählung zeichnet Regisseur Jörg Tittel verantwortlich. Das Einzelspieler-Abenteuer soll – je nachdem wie man vorgeht – Spieler mit drei verschiedenen Enden versorgen und am Weg dahin auch mal ganz andere Wendungen einschlagen. Das bedeutet einerseits einen immensen Wiederspielwert, durch die auf Dauer fehlende Motivation allerdings mit Fragezeichen.

    Schöner, aber detailarmer Cel-Shading-Look

    Spieler starten in das Abenteuer mit der ikonischen JüngleGun, die Pakete von einem Ort an den anderen schweben lassen kann. Begleitet wird man dabei vom Helfer-Bot, der nicht nur das Tutorial übernimmt, sondern auch flotte Sprüche zur Auflockerung auf Lager hat. Später dann wird es allerdings etwas kniffliger. Sabotieren wir nämlich die Systeme des Konzerns, bekommen wir es schnell mit Sicherheits-Robotern und Co. zu tun. Im düsteren und etwas detailarmen, aber gut aussehenden Cel-Shading-Look kommt es auch zu Gefechten, etwa mit den robotischen Aufpassern der Anlage.

    Hat man anfangs wenig Gadgets parat, um sich zu wehren, darf man später in bester Mechkampf-Manier zu allem greifen, was sich so anbietet. So lassen sich per Tech-Handschuh riesige Maschinen-Klauen bewegen oder Sägeblätter durch die Luft wirbeln – oder zumindest deutet dies das Spiel zu Beginn an, denn das Leben von Kurt sowie seine Zerstörungs-Fantasien werden teils durch toll gemachte Traum-Sequenzen erzählt. Und auch die Verbitterung des Arbeiters, der letztlich den Aktivismus aufgibt, um seinen Lohn zu kriegen. Traum und Wirklichkeit vermischt das Spiel immer wieder, ein toller Ansatz.

    Toller Start, danach aber etwas kalt und steril

    Das Spiel schafft es zu Beginn perfekt, die Träume und Hoffnungen des Protagonisten mit der kalten Realität zu vermischen. Welchem Problem er sich zum Start aber wirklich stellen muss, sind Fehlfunktionen seines Helfer-Bots – der denkt nach fast 10.000 Tagen im Job nämlich, es sei Kurts erster Arbeitstag und leitet ihn durch den Anlernprozess. Dieser ist für die Spieler das Tutorial, für Kurt selbst wohl eher nervig. Darf man endlich richtig loslegen, kommen schnell Hacking-Werkzeuge und EMP-Waffe zur Verfügung gestellt. Schnell zeigt sich aber, dass Kurt trotz "Wahlfreiheit" oft nur ein Weg zum Ziel offensteht.

    Neben eingeschränkter Entscheidungsfreiheit beim Gameplay kommen natürlich Rätsel ins Spiel – vom notwendigen Code oder Muster, um eine Tür der Fabrik zu überwinden, bis hin zum Einpassen von Objekten an ihren vorgesehenen Platz. Was das Game dabei perfekt schafft, ist eine bedrückende Atmosphäre zu vermitteln. Die begehbaren Umgebungen sind zwar riesig, aber recht linear und Fabriks-gerecht kalt und steril ausgefallen. Und ständig fühlt man sich trotz Roboter-Begleiter und einigen Maschinen einsam. Begleitet wird das von einem kalten Klacken und Rattern in den weitläufigen Hallen.

    "The Last Worker" im Test – Arbeits-Sim geht Luft aus

    Was aber nicht heißt, dass "The Last Worker" keinen Spaß macht. Die bissige Geschichte und die witzigen Kommentare sind Gold wert. Fraglich ist aber, ob "The Last Worker" seinen Reiz auch für mehrmaliges Durchspielen oder länger als ein paar Stunden aufrechterhalten kann. Die Dialoge (und oft auch Monologe) sind unterhaltsam, die Gameplay-Aufgaben spielen sich aber nach dem Start recht eintönig. Mehr überzeugen kann uns die Handlung, die als Kritik am Kapitalismus ein ernstes Thema aufgreift, dieses mit einer durchdachten Prise Humor garniert und den Spieler zum Denken anregt.

    Überraschend: Die nächtlichen Schleich-Missionen langweilen mit meist gleicher Aufgabe, nämlich, sich an den Schergen vorbeizuschleichen. Tagsüber spielen sich dagegen die eigentlich monoton vermuteten Arbeitsaufgaben wie Etikettieren, Sortieren und Verpacken dagegen viel lustiger. Dazu kommt eine behäbige Steuerung: Die Befehle sind zwar alle leicht zu erlernen, alle Manöver wirken aber gebremst und verzögert. "The Last Worker" scheitert letztlich an einer lustlos wirkenden Umsetzung, bei der die Story nicht konsequent zu Ende geführt wird und wenig Gründe für erneute Spieldurchgänge bleiben.