Welt

Türkei wirft EU "religiösen Fanatismus" vor

Heute Redaktion
Teilen
Picture
Bild: Reuters

Auf die Aufforderung des EU-Parlaments, das Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich als Völkermord anzuerkennen, hagelte es wüste Kritik aus Ankara. Die Türkei warf der EU-Institution "anti-türkische Vorurteile" und "religiösen Fundamentalismus" vor.

Auf die Aufforderung des EU-Parlaments, das Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich als Völkermord anzuerkennen, hagelte es wüste Kritik aus Ankara. Die Türkei warf der EU-Institution "anti-türkische Vorurteile" und "religiösen Fundamentalismus" vor.

Heuer jährt sich der Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich zum 100. Mal. In der Türkei ist das Massaker, dem nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen 1,5 Millionen und 300.000 Armenier zum Opfer gefallen sind, auch nach 100 Jahren noch ein heikles Thema. Wer den Begriff "Völkermord" in den Mund nimmt, muss mit heftigen Reaktionen rechnen.

Das EU-Parlament forderte die Türkei auf, das Massaker als Völkermord anzuerkennen. Die Antwort des türkischen Außenministerium: Man nehme die Abgeordneten, die "Geschichte und Recht verstümmeln", nicht ernst.

"Religiöser Fanatismus"

In dem , das auch auf Englisch veröffentlicht wurde, heißt es, die Forderung des EU-Parlaments basiere auf "religiösem und kulturellem Fanatismus und Gleichgültigkeit gegenüber anderen, die man als fremd wahrnimmt". Der Resolutionstext wiederhole "anti-türkische Vorurteile der armenischen Propaganda".

Als Papst Franziskus jüngst von einem Völkermord sprach, bekam er ebenfalls die Wut der türkischen Regierung zu spüren. Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete seine Worte als "Unsinn". Premierminister Ahmet Davutoglu unterstellte dem Papst sogar, Teil einer "Verschwörung" und einer "bösen Front" gegen die Türkei zu sein.

Erdogan einst versöhnlich

Im April vergangenen Jahres hatte Erdogan selbst - damals Premier - noch aufhorchen lassen. Als erster türkischer Regierungschef überhaupt sprach er damals  die "Schmerzen" der Armenier an und sagte, die Türkei wünsche sich, dass die Opfer "in Frieden ruhen".

 
Millionen von christlichen Armeniern sind während des Ersten Weltkriegs aus dem Osmanischen Reich geflohen oder vertrieben worden. Ende des 19. Jahrhunderts lebten in dem Vorläuferstaat der heutigen Türkei, der damals den Südkaukasus und den gesamten Nahen Osten umfasste, etwa 2,5 Millionen Armenier. Hunderttausende starben bis Kriegsende zusammengepfercht in Lagern oder auf Todesmärschen. Armenische Schätzungen gehen von 1,5 Millionen Ermordeten aus.

Der 24. April 1915 gilt als der verhängnisvolle Tag, an dem der Völkermord seinen Anfang nahm. An diesem Tag erteilte der osmanische Innenminister den Befehl, führende Persönlichkeiten der armenischen Gemeinde in Istanbul festzunehmen.