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Über Turbo-Motoren und Formel-1-Comeback

Heute Redaktion
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Bild: The Red Bulletin - Jürgen Skarwan

Aus dem Gefühlsleben der frühen Jahre: Gerhard Berger und sein Formel-1-Ferrari, mit dem er zur Legendenparade am GP-Weekend in Spielberg antreten wird.

antreten wird.

Erinnerst du dich noch an den Sound?

Gerhard Berger: "Klar, der Turbo-Sound der irren Zeit. Das ffffffFFFFF, dieses Zischen hat eine Giftigkeit, die einen antörnt. Es geht nicht um den puren Lärm, ums Gedröhn, jetzt haben wir ja schon wieder diese Diskussion in der Formel 1. Das Gekreische allein bringt’s nicht. Damals hatte jedenfalls der Sound eines 1,5-Liter-Turbos mehr Aggressiv-Power als jedes Getöse eines 3,5-Liter-Saugers. Der Sauger hört sich nach Drehzahl an, der Turbo nach Leistung. Es war pure Emotion."

Berger-Ferrari wird in England für Spielberg vorbereitet

Wir schrauben uns auf einen Flugplatz im Süden Englands herunter, wo ein paar feine Flieger herumstehen, allesamt sehr privat. Ziel der Mission: Gerhard Berger wird zum ersten Mal nach 26 Jahren eines der schönsten, meistgeliebten Autos seiner Karriere wiedertreffen. Paul Lanzante holt uns also von Farnborough ab. Paul hat einen fein geschorenen bulligen Schädel, der ziemlich solide zwischen den Schultern sitzt. Davon abgesehen ist Paul eine absolute Berühmtheit auf dem Gebiet klassischer Racing Cars, aber er würde sich nie wichtigmachen. Wichtig sind die Autos – und die Kunden, klar.

Unsere Anlaufstelle hat keine wahrnehmbare Adresse, und in dem properen Industriebau könnten auch Heizdecken produziert werden. Es mag aussehen wie eine Sammlung, aber es ist eher eine Kundenwerkstätte, sagt Paul. Die Kunden schicken vor allem ihre McLarens, aber auch 917er- Porsche und Formel-1-Autos, auf denen dann Prost oder Senna oder Räikkönen draufsteht – oder auch Vettel oder Berger. Unser Auto, also Gerhards F1-Ferrari von 1988, ist kürzlich von der Sammlung Bernie Ecclestones hierher zum Fitnesstraining überstellt worden, Paul wird den Wagen fertig machen für den Show-Einsatz in Spielberg. 

Irgendwie ist es noch ein naives klassisches Rennauto, das mit heutigen Aerodynamik-Erkenntnissen nix zu tun hat. Der Frontflügel ist wie ein Brett, ein Witz gegen die Raffinesse, mit der die Luftströmungen heute geführt werden. Die Motorabdeckung ist ein smartes Design-Stück, und der Heckflügel passt noch halbwegs in die Proportionen eines klassischen Rennautos, die Optik wird vom Heck noch nicht erschlagen. Wir reden von 1988: McLaren-Honda war das dominierende Team, mit und Alain Prost als kongenialen Fahrern. Ferrari mit allzu deutlichem Abstand. 

Berger erinnert sich: "Im Frühjahr besuchte der Papst das Ferrari-Werk. Enzo Ferrari war schon zu schwach, um selbst dabei zu sein. Ich wurde dem Papst vorgestellt, er redete auf Deutsch mit mir. Ich musste an meinen alten Religionslehrer denken, der hatte immer gesagt: Berger, aus dir wird nie etwas werden – wenn mich der mit dem Papst plaudern gesehen hätte!" 

"Die Honda fuhren uns um die Ohren. Das wichtigste Rennen des Jahres aus Ferrari-Sicht war Monza. Auf der Ziellinie zeigt die Benzinuhr, dass gerade noch Sprit für eine Zehntelrunde Vollgas übrig ist – wurscht. Verschwitzt, wie ich bin, hab ich Ganslhaut von oben bis unten, die Fans springen über die Zäune, stehen mitten auf der Straße, tanzen wie die Derwische, ein paar knien auf der Fahrbahn."

"Ich hatte damals 68 Kilo und war eigentlich ein Gespenst. Das Wesentliche ist der gesamte Raum im Cockpit, und bei Ferrari gab es immer genug Platz für meine Eins-fünfundachtzig, was ja nicht selbstverständlich war. Daher werde ich auch jetzt bestens Platz haben, man kann statt der alten Sitzschale den Raum auch mit Schaum auspolstern. Ich freu mich schon auf das Legendenrennen am Sonntag direkt vor dem Grand Prix."

Kannst du damit rechnen, dass das Fahr-Feeling von damals gleich wiederkommt? – Anders gefragt: Kann’s da Überraschungen geben? 

"Da gibt’s keine Überraschungen. Meine Lehrjahre im Rennsport waren auf Turbo, und ich war vom Typ her immer ein Turbo-Fahrer, immer mit einer Hand am Schalthebel und mit dem gewissen Bauchgefühl, wann du im Kurveneingang schon Gas geben musst, damit der Turbo beim Ausgang im rechten Moment einsetzt. Wenn du dieses Gespür einmal gehabt hast, wirst du es nie verlernen."

"Und wir werden keine Reifenwärmer brauchen, weil sie ungefähr zu jener Zeit von Lotus erfunden wurden und man bei Ferrari gesagt hat, wir brauchen den Engländern nicht gleich jedes neumodische Zeug nachmachen. Da ist es eher vorgekommen, dass man sich in den ersten zwei Runden auf der Geraden gedreht hat, wenn’s blöd hergegangen ist, zum Beispiel beim Aufkommen nach einer Kuppe in Monaco. Inzwischen haben sie auch bei Ferrari Heizdecken, aber ich höre, dass sie in der Formel 1 ab nächstem Jahr generell verboten werden sollen, aus Ersparnisgründen. In irgendeiner geheimnisvollen Weise war Ferrari immer der Zeit voraus."

Der vollständige Artikel in der Juni-Ausgabe von The Red Bulletin – erhältlich als E-paper auf