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Uncharted 4: Bruce Straley von Naughty Dog im Interview

Heute Redaktion
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Es ist das Ende einer Ära für Naughty Dog. Uncharted 4: A Thief's End wird der letzte Uncharted-Teil des ambitionierten Videospielentwicklers sein. Bei einem Uncharted-Event auf dem geschichtsträchtigen Schloss Orsini in Nerola in der Nähe von Rom haben wir österreich-exklusiv mit einem gesprochen, der mehr als jeder andere zu Uncharted sagen kann. Wir haben uns nämlich Bruce Straley, Videospielmacher von Naughty Dog, zum Interview geholt.

Es ist das Ende einer Ära für , sondern auch österreich-exklusiv mit einem gesprochen, der mehr als jeder andere zu Uncharted sagen kann. Wir haben uns nämlich Bruce Straley, Videospielmacher von Naughty Dog, zum Interview geholt.

Heute Games: Uncharted ist eine der erfolgreichsten Videospielreihen überhaupt. Mit dem Erscheinen von Uncharted 4 am 10. Mai beendet Naughty Dog die Arbeit an der Reihe. Wie gestaltete sich die Arbeit an Uncharted 4? Und wieso hat man sich dazu entschieden?

Bruce Straley: Wir hatten eine Theorie. Indem wir Uncharted 4 für die PlayStation 4 entwickelt haben, wollten wir ein neues geistiges Werk auf einer neuen Hardware schaffen. Wir dachten uns: 'Es ist möglicherweise schlau von uns, jegliche Technologie in der Struktur umzusetzen, die wir kennen, nämlich die Uncharted-Serie'. Es stellte sich aber heraus, dass das nicht der Fall war. Wir landeten an einem Punkt, an dem wir Uncharted verkomplizierten und es überdenken mussten. Wir überlegten, was Uncharted so erfolgreich und großartig gemacht hatte. 

Wie ging es weiter?

Wir erkannten, dass ein Videospiel ein Ding der Zurückhaltung ist. Du musst als Entwickler zu deiner Idee oder Vision stehen und es simpel halten. Wir als Entwickler haben wie jedes Medium einen Hang dazu, Dinge zu verkomplizieren. Zurückhaltung war die Lektion Nummer 1. Und Nummer 2 war, nachdem wir uns entscheiden haben, Uncharted 4 zu machen, dass wir uns die Frage beantworten mussten: 'Wo soll das hinführen?' Das war der Punkt, an dem wir uns angeschaut haben, war wir von Teil 1 bis 3 aufgebaut haben und welche Storys wir erzählen können. Das Wichtigste war aber, welche Story wir erzählen wollen.

Welche Story wollte Naughty Dog erzählen?

Ich werde keine Storydetails spoilern, aber wir haben bereits in den Teilen zuvor gesehen, dass Nathan Drakes Freundin und spätere Frau Elena am Anfang der Spiele nicht dabei war. Und wir wollten wissen: 'Warum?' Das brachte uns zu etwas, das wir bei Nathan nie gesehen haben. Er und Elena finden zu gewissen Zeitpunkten der Spiele immer wieder zusammen, es gibt eine Spannung zwischen ihnen. Aber warum das so ist, darüber wird nie aufgeklärt oder gesprochen. Die Spiele waren bisher immer Adventures, die die Hauptstory vorangetrieben haben. Es drehte sich aber nie um Nathan und Elena.

In Uncharted 4 sahen wir die Gelegenheit, zu zeigen, wie die Vereinbarkeit zwischen Arbeits- und Privatleben, die auch uns vor Schwierigkeiten stellt, funktioniert. Es ist wie bei uns: Wir müssen erkennen, welche Möglichkeiten wir haben und werden manchmal auch ein bisschen wahnsinnig. Auch Nathan findet sich in solchen Situationen wieder, gefangen in der Obsession und Leidenschaft, Großes zu erreichen und den Schatz zu finden. In diesen Situationen setzt er sein Leben aufs Spiel, sein eigenes und das seiner Begleiter.

Funktioniert diese Balance zwischen Abenteuer und Beziehung?

Das ist die finale Frage, der wir mit Uncharted 4 auf den Grund gehen möchten, und das ist die Antwort zur Frage, warum wir uns dafür entscheiden haben, dass Uncharted 4 unser letztes Uncharted-Spiel sein wird. Wir müssen noch die persönliche Geschichte von Nathan Drake erzählen. Er traf bisher komplizierte Entscheidungen, hielt seinen Kopf für jene hin, die er liebt, und setzte sein Leben aufs Spiel. Das ist aber etwas anderes, als in einer Beziehung zu sein und zu versuchen, den dämonischen Konflikt im Herzen zu lösen. 

Den dämonischen Konflikt?

Du hast das Leben, das du führen willst, mit der Person, die du liebst. Du bist in einem normalen Leben angekommen. Du willst normal sein. Aber da ist etwas anderes in dieser höllischen Welt mit Dämonen, Verlangen und Besessenheit, das dich antreibt. Diesen Konflikt wollten wir für den Spieler auf den Controller-Stick bringen und ihn beide Seiten der Geschichte fühlen und verstehen lassen. Diese Idee war sehr interessant für uns, wir waren aufgeregt. Es ließ uns zum Herz von Nathan Drake vordringen und uns zeigen, wer er wirklich ist. Das wollten wir spielbar machen und in den Dingen umsetzen, in denen wir gut sind. Das sind Charakter-Mechaniken, die Bindung unter und zu den Protagonisten, Landschaften, Rätsel - all das, was das Abenteuer ausmacht, das Nathan Drake liebt.

Der Spieler soll aber auch die Bindung zu Elena spüren, diesen Konflikt, die andere Seite der Medaille. Sie sollen die Liebe, vielleicht auch die Schuld spüren, die Beziehung zwischen Nathan und Elena führen wollen, gleichzeitig aber das Gameplay und die Action, das Abenteuer lieben. Das war eine Dualität, die uns herausfordernd und interessant erschien. Und ganz ehrlich: Im Rückblick ist es auch kontroversiell. Wir werden sehen, wie die Spieler darauf reagieren. Ich weiß es nicht, aber ich hoffe, sie mögen es. 

Apropos kontroversiell: Das Ende von Uncharted 3 bot einen "sauberen Schnitt", ein schönes Ende für die Protagonisten. Werden Spieler auch mit dem Ende von Uncharted 4 zufrieden sein? 

Ich werde nichts zum Ende von Uncharted 4 verraten, deswegen kann ich leider nicht genau auf das Thema eingehen. Das Spiel wird aber Momente haben, die Konflikte im Spieler auslösen. So etwas ist immer etwas kontroversiell. Es wird immer Leute geben, die verlangen, dass Spiele eine Aussage haben müssen. Viele vergessen aber, dass wir Unterhaltung produzieren und den Spieler auf dem höchsten Niveau zufriedenstellen wollen und sie sich hoffentlich am Ende des Spiels belohnt fühlen. Das Spiel wird eine gute Auflösung haben.

In vorab spielbaren Szenen von Uncharted 4 konnte man mit Nathan Drake mehrere Wege einschlagen, zum Beispiel mit seinem Jeep in einer weiten Ebene. Wie viel Open-World-Game steckt in A Thief's End?

Es ist kein Open-World-Spiel. Wir versuchen nicht, es als Open-World-Spiel zu verkaufen. Es gibt kleine Bereiche, in denen wir aber mit dem Element spielen, es handelt sich aber nur um einen geringen Prozentsatz. Genauso wie wir es bei den Kernmechanismen machen, mit Seil-, mit Schlucht-, mit Kampf- und mit Rätselpassagen. Es ist eine andere Form der Erzählstruktur und des Tempos, den Raum manchmal etwas mehr zu öffnen, um mehr Raum zum Entdecken zu bieten.

Das hilft auch die Parallele dazu herzustellen, dass Nathan Drake 'etwas finden muss' und der Spieler gleichzeitig die Möglichkeit hat, 'etwas zu suchen' und ihn das fühlen zu lassen, was Nathan fühlt, wenn er etwas entdeckt. Wir versuchen also nicht, ein Open-World-Game zu bieten, aber es gab einige Gelegenheiten, das Gelände im Spiel auszuweiten.

Uncharted 4 war das erste Spiel von Naughty Dog, das von Grund auf für die PlayStation 4 entwickelt wurde. Um wie viel höher war der Aufwand, ein Uncharted-Game für eine Next-Gen-Konsole umzusetzen?

Ein neues Stück Software auf einem neuen Stück Hardware umsetzen ist immer schwierig. Das ist eine Sache, mit der die Filmindustrie nicht zu kämpfen hat. Film ist statisch und täuscht irgendwie auch. Die Kamera hat eine statische Richtung. Film muss nicht eine volle 360-Grad-Sicht mit einer konstanten Bildfrequenz bieten. Die PlayStation 4 brachte uns aber dazu, und noch zu viel mehr. Wir haben kleinste Details bedenken müssen, die Umsetzung des Grases zum Beispiel, oder wie der Wind das Haar von Nathan Drake bewegt. Alle diese Dinge sind miteinander verbunden und mussten für die neue Technologie umgesetzt werden.

Die Herausforderung bestand darin, uns auf die Bereiche zu konzentrieren, die das Adventure ausmachen, um den erzählerischen Takt zu finden, hinter dem wir her waren. Wir haben ein komplett neues Wasser-System, wir haben Meere, alle möglichen Dinge. Hinter allem steckt aber die gleiche Idee, nämlich was davon in den Erzählrhythmus passt. Das ultimative Ergebnis muss sein, dass die Technologie das Abenteuer-Gefühl vermittelt. Im Gameplay wie in den Cutscenes, egal ob in der Handlung, den Dialogen oder nur in den Gesichtsausdrücken. Und das können wir durch die neue Technologie so gut wie niemals zuvor.

Was die Uncharted-Games so großartig gemacht hat war, dass es Naughty Dog wie kaum ein anderes Entwicklerstudio versteht, eine perfekte Balance zwischen Gameplay und Story zu finden. Wie findet man diese Balance?

Wow, was für eine Frage, Jesus, wie beantwortet man die (lacht). Blut, Schweiß und Tränen. Harte Arbeit. Lange Nächte. Es ist wahr, das erfordert jede Menge Arbeit, viele Wiederholungen und die Bereitschaft, zu versagen. Man muss die Komfortzone verlassen und bereit sein, etwas Neues, Anderes zu versuchen. Wir haben Formeln, wie wir Kernmechanismen festlegen und diese Mechaniken zur Geschichte passen. Wir fordern uns immer wieder selber heraus, um neue Wege des Gameplay zu schaffen, die sich mit der Geschichte verbinden. Aber wie tun wir das? Wir vereinfachen das Ganze, wir starten mit dem Grundgerüst, der Story, hinter der wir her sind. Wir betrachten das Spiel vom Anfang bis zum Ende, von den ersten Schritten bis zum Endprodukt. Und dann versuchen wir, die Erwartungen des Spielers zu durchbrechen, indem wir mit der Geschichte spielen. Vor allem damit, Szenen direkt auf den Controller-Stick zu bekommen. Zum Beispiel versuchen wir, Elemente aus den Zwischensequenzen zu nehmen und sie spielbar zu machen.

Am Ende läuft es auf den einen Punkt hinaus, wie man die Geschichte spielbar macht. Das ist der Punkt, an dem es auf harte Arbeit, Blut, Schweiß und Tränen ankommt. Der härteste Teil dabei, ein Spiel zu machen, sind die letzten zehn Prozent, bei denen man versucht, das Spiel funktionieren zu lassen. Jeder einzelne Moment davor muss dabei bedacht werden. Es geht weniger um Kamerabewegungen und Animationen. Es geht darum, wie wir etwas vorbereiten, so dass es als fertiges Spiel einen Eindruck auf den Spieler macht. Das ist alles tägliche Kleinarbeit. Es gibt keine magische Formel. Bei jedem Kampf, bei jeder Passage, bei jedem Rätsel müssen wir zurückschauen und uns fragen: Hinter was sind wir her? Was wollen wir damit sagen? Wenn du diese Fragen beantworten kannst, dann kannst du verschiedene Möglichkeiten ausprobieren, dann kannst du diese Balance finden.

Rene Findenig

[email protected]

Hinweis: Das Interview wurde von "Heute.at" ins Deutsche übersetzt und zum besseren Verständnis gekürzt.