Digital

Until Dawn: Der erste, exklusive Einblick

Heute Redaktion
Teilen

Am 26. August ist es endlich soweit! Das Psycho-Horror-Game von Sony Computer Entertainment Europa "Until Dawn" kommt exklusiv für die Playstation 4 auf den Markt und lehrt den Spielern in Zusammenarbeit mit Supermassive Games das Fürchten. Schon vorab durften wir einen Blick auf das neue Grusel-Spiel werfen und haben Will Byles von Supermassive Games sowie Angstforscher Dr. Lars Krautschick zum Interview gebeten.

Am 26. August ist es endlich soweit! Das Psycho-Horror-Game von Sony Computer Entertainment Europa "Until Dawn" kommt exklusiv für die Playstation 4 auf den Markt und lehrt den Spielern in Zusammenarbeit mit Supermassive Games das Fürchten. Schon vorab durften wir einen Blick auf das neue Grusel-Spiel werfen und haben Will Byles von Supermassive Games sowie Angstforscher Dr. Lars Krautschick zum Interview gebeten. 

"Until Dawn" wirkt wie ein traditioneller Horror-Streifen. Acht Teenager sitzen in einer Hütte, hoch oben auf den Bergen fest, weil bei ihrem Ausflug etwas gewaltig schief läuft. Die Szenen werden schnell unheimlich und schon bald muss der Gamer entscheiden, was im weiteren Verlauf passieren soll - und nimmt so das Leben der acht Charaktere in die Hand.

Sony hat sich bei den Hauptfiguren, rund um Hayden Panettiere etwas ganz besonderes einfallen lassen. Mit der sogenannten "Facial Animation"-Methode wurden die Gesichter der Charakter der Realität angepasst. Die Entwickler scannten dafür die unterschiedlichsten Mimiken und Ausdrucksformen der jeweiligen Schauspieler. "Die Zusammenarbeit mit den Schauspielern war großartig. Jeder hat seine eigenen Erfahrungen eingebracht und dies spiegelt sich in den unterschiedlichen Figuren wieder", wirft Drehbuch-Autor Graham Reznick ein. 

"Der beste Punkt bei 'Until Dawn' ist: Es ist deine Geschichte!", sagt Executive Creative Direktor Will Byles von Supermassive Games im exklusiven Interview, und weiter: "Durch die persönliche Steuerung der Handlung kann sich die Geschichte individuell ändern und somit jeder Charakter sterben. Selbst die Entwickler wissen nicht, wie dein Spiel endet."

Lesen Sie weiter: Entstehung von "Until Dawn", Experiment mit 100 Personen

Acht bis neun verschiedene Geschichtszweige

Rund 10.000 bis 20.000 Seiten enthält das Skript, welches Filmregisseur Graham Reznick gemeinsam mit Larry Fessenden erarbeitet hat. Für jede Szene in den insgesamt zehn Kapiteln wurden acht bis neun verschiedene Geschichtszweige geschaffen - je nachdem, wie man sich als Spieler in gewissen Situationen entscheidet. Einige von ihnen mögen belanglos erscheinen, andere wiederum elementar, etwa wenn der Spieler entscheiden muss, welcher der acht Freunde überlebt und welcher stirbt.

Der Spieler selbst wird aber erst einige Zeit später erfahren, was seine Entscheidung bewirkt hat. Doch der Entschluss lässt sich nicht revidieren und prägt somit den kommenden Weg der Geschichte. "Während des Spiels wird man mit den eigenen Ängsten konfrontiert", sagt Auch die Beziehungen zwischen den Teenagern ändern sich multipel, auf Grund der individuellen Gespräche im Laufe des Spiels. Jene Person, die zu Beginn unfreundlich und böse wirken, können sich zum liebenswertesten Menschen entwickeln.

Experiment mit 100 Testpersonen

Noch während der Entwicklung von "Until Dawn" führten Sony und Supermassive Games einen Testversuch durch. Dafür wurden 100 Testpersonen eingeladen, den Horror-Schocker zu spielen. Ausgerüstet mit einer Pulsuhr und einem Brustgurt spielten die Versuchskaninchen das Game einmal durch. Durch die gemessenen Aufzeichnungen des Herzschlages sowie des Blutdrucks konnte der Angstzustand gemessen werden. Eine Spielerin sagte im Anschluss, dass es das gruseligste Spiel sei, das sie je gespielt habe. 

Die Entwickler des Games legten den Hauptaugenmerk auf das Hervorrufen von Angst. "Wir mussten einzelne Schreck-Momente verschieben, da sie zu früh eingesetzt worden sind. Es gab auch Situationen, die wir komplett aus der Geschichte geschnitten haben. Bei zu vielen Angst-Situationen gewöhnen sich die Spieler daran und verlieren dadurch den Reiz am Game", sagte Byles. Insgesamt vier Jahre dauerte die Entwicklung von "Until Dawn" und für Executive Creative Director Will Byles ist "Filme machen um einiges einfacher, also ein Game zu entwickeln". 

Lesen Sie weiter: Interview mit Angstforscher Dr. Lars Krautschick

"Heute"-Games & Gadgets: Sehr geehrter Herr Krautschick, bitte stellen Sie sich kurz vor!

Dr. Krautschick: Mein Name ist Lars Krautschick. Ich habe Theaterwissenschaften, neuere deutsche Literatur und Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München studiert und mit dem Dissertationsthema "Von der Beschwörung des Geistes Neuer Medien - Medienreflexionen in einem emanzipierten Genre Horrorfilm" an der Universiät Hildesheim promoviert. Momentan bin ich an der LMU München, im Bereich Theaterwissenschaft und Weiterbildung, für Studenten tätig. 

Und Sie erforschen Angst?

Ich forsche nicht primär zu Angst, dass ist eher so ein Nebenbei-Output. Ich forsche oder habe bislang acht Jahre geforscht zum Horror-Film. Einerseits die Dramaturgie des Horror-Films und andererseits noch näher dazu, wie Medien im Horrorfilm dargestellt werden, welche Angstmotive wir mit Medien verbinden und auch welche Motive in unserer Kultur vorliegen und wie man Medientheorie und Medienphilosophie anhand von Horror-Filmen erklären kann. Und das war sehr produktiv sogar. 

Was ist denn überhaupt Angst? Jeder weiß zwar, wie es ist Angst zu haben, doch was ist es genau?

Da kann man nun zwei Konzepte hervor beschwören. Wir können mal die Antike- und die Post-Antike-Meinung hervorholen und können sage: Angst ist etwas, was wir in Angesicht Gottes empfinden. Eher so eine Art Ehrfurcht, wo wir uns niederwerfen. In der Moderne gesehen ist das eine körperliche Reaktion. Bestimmte Botenstoffe werden im Körper aktiviert, die dann wiederum andere biologische Reaktionen hervorrufen, beispielsweise Schweißausbrüche oder Gänsehaut.

Welche Muster lassen sich da herauskristallisieren? Also effektive Arten Angst zu erzeugen?

Oh, da gibt es ganz tolle! Bleiben wir mal auf der dramaturgischen Ebene, also quasi mit dem Story-Aufbau. Da haben wir beispielsweise so etwas, wie bipolare Spannungsdistributionen (oder auch Angstwellen genannt), das heißt, dass wir eine Dramaturgie in der Story-Entwicklung haben, wo quasi Suspense-Momente gestreut sind, wo es einerseits nach oben geht, dann mal wieder nach unten - was übrigens extrem wichtig ist, denn wenn es kontinuierlich hintereinander geht, dann wird es auch schnell langweilig. Das ist so, wenn permanent jemand "Buh" schreit, dann ist es irgendwann nur noch lästig. 

Dann gibt es auf der Dramaturgie-Ebene das Aussparen an Informationen. Wo dann unsere eigene Fantasie einsetzt und sagt "Hier fehlt uns eine Information im Horrorfilm" - das muss man nicht einmal bemerken, aber der menschliche Geist neigt dazu, diese Lücken auszufüllen. Im Fall des Horrorfilms natürlich mit den schrecklichsten Sachen, die man sich vorstellen kann. Ein Grund, warum das Monster meist am Ende eines Horrorfilms auftritt, weil man sich bis dahin das Schrecklichste ausmalt, was einem passieren kann. Allerdings wird auch viel über Stressfaktoren ausgelöst. Denn Stress hat interessanterweise einen ähnlichen biologischen Output wie Angst. So zum Beispiel Schweiß, den bekomme ich auch, wenn ich Stress habe. Daher werden auch vom Zuschauer oft Angst und Stress verwechselt. Ich glaube, dass viele Horrorfilme gar nicht darauf aus sind, Angst zu erzeugen, sondern Stress, so dass der Zuschauer glaubt, er empfindet Angst. 

Wie lange dauert so ein Angstzustand?

Das kommt ganz auf die individuelle Konstitution an. Wofür der Zuschauer empfänglich ist. Außerdem spielt es auch eine große Rolle, wie intensiv man sich damit auseinandersetzt. 

Regen Horrorfilme oder Horrorgames die Fantasie noch mehr an, dass man dadurch vielleicht noch mehr Angst bekommt?

Ja! Das ist gerade das Spannende am Horror-Film, dass wir vor Sachen Angst haben, die eigentlich fiktional sind und die es gar nicht gibt. Es wäre wichtig eine kultur-historisch basierte Untersuchung anzustreben, was war zuerst da! Es kann ja auch tatsächlich sein, dass die Menschen früher wirklich Angst hatten, dass jemand unter ihrem Bett liegt. Das ist ja schließlich eine Ur-Angst. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Horror-Film diese Angst aufgegriffen hat. Es kann auch sein, dass der Film oder bestimmte Spiele das mehr geschürt haben oder dass er es erfunden hat. Dazu gibt es aber noch keine Untersuchungen. Aber viele Elemente greift der Horror-Film auf, die unsere Ur-Ängste sind, beispielsweise, wie bei "Until Dawn" verfolgt zu werden. 

Wenn man nun mal absieht von Horror-Filmen und wieder zurück zu Videospiel geht. Gibt es da neue Entwicklungen, wie man Angst erzeugt? Neue Möglichkeiten eine Geschichte zu erzählen?

Also hier bei "Until Dawn" finde ich das sehr spannend. Wir haben da ein sehr reelles Prinzip. Generell gesagt: Dramaturgie Horror-Filme funktionieren immer gleich, das habe ich mal untersucht! Es läuft immer nach dem gleichen Muster: Exposition - Hauptteil - Showdown. Bei "Until Dawn" ist das so, dass sie zwar immer nach dem Horrorfilm-Dramaturgie-Bogen laufen, aber dass sie in verschiedenen Episoden gegliedert ist, hat jede Episode für sich noch einmal eine eigene Dramaturgie für sich. Somit kann man nicht mehr sagen, was in der Zukunft passieren wird, weil man eben auch selber Einfluss nimmt auf die Geschichte - da sie sich in verschiedenen Richtungen entwickeln kann. 

Was "Until Dawn" auch noch hat: Für Horror-Filmmacher ist es generell schwer, die individuellen Ängste des Zuschauers anzusprechen. Weil eben jeder vor etwas anderem Angst hat. Wie bekommt man das dann hin, dass es personalisiert wird? Die Figur des Psychologen, die dich abfragt, wovor man eigentlich Angst hat, wird in die Story integriert. Und das heißt: Sie bekommen dich persönlich. Die Antwort, wovor man Angst hat, wird später dann ins Spiel eingeschleust.