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Von Bullen verstoßen, jetzt fährt Oberlin wohl zur WM

Dimitri Oberlin wurde erstmals ins Schweizer Nationalteam einberufen. Zu Red Bull Salzburg will das Angriffs-Talent nicht zurück.

Heute Redaktion
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"Ich war am Anfang schockiert", sagte Oberlin, der von Breel Embolo vom Aufgebot für die die Schweizer Nati erfahren hatte. Der Stürmer erzählte, wie ihm sein Schalker Freund via Whatsapp ein Bild des Kaders für die Testspiele in Griechenland und gegen Panama geschickt habe und er seinen "Kopf" unter den 23 abgebildeten Spielern erkannt habe. "Ich kann meine Emotionen gar nicht beschreiben. Es ist etwas Großes für jeden Spieler."

Vladimir Petkovic sagt, Oberlin habe mit seinen Leistungen in Basel und auch im letzten Jahr in Österreich aufhorchen lassen. Das Aufgebot ist vorerst als Schnupperwoche angedacht. Aber der Coach betrachtet den schnellen Offensivspieler als Talent, "das in Zukunft eine interessante Rolle spielen kann". Oberlin wurde schon mehrfach mit Vorschusslorbeeren begrüsst. Zuletzt im Sommer in Basel.

Unvergessener 100-Meter-Sprint

"Extrem dynamisch und viel Potential mit jungem Jahrgang." So umschreibt Basel-Coach Raphael Wicky den jungen Angreifer. Die Dynamik hat die 20-jährige Leihgabe von Red Bull Salzburg inzwischen unter Beweis gestellt.

Sein 100-Meter-Sprint beim 5:0-Sieg im CL-Gruppenspiel gegen Benfica Lissabon, den er mit einem Treffer abschloss, gab lange zu reden. Total erzielte er in acht Spielen in der Königsklasse vier Tore, weitere vier Treffer schoss er in der Super League. Der FCB-Trainer ist allen Vorurteilen zum Trotz – er sei schwierig und ungeduldig – zufrieden mit dem Jungstar.

"Dimitri ist ein sehr fleißiger, anständiger Spieler. Die Vorurteile, mit denen wir uns bei seiner Verpflichtung konfrontiert sahen, haben sich bis jetzt nicht bestätigt. Wir hatten keine Probleme mit ihm, seit er hier ist", sagt der Walliser.

"Er ist noch sehr jung und hat noch sehr, sehr großes Entwicklungspotenzial. Er muss in seinen Entscheidungen und Ausführungen ruhiger werden. Aber er ist ein Instinktspieler und macht vieles aus dem Bauch heraus. Und wenn du ein solcher Spieler bist, gelingt dir halt vieles unberechenbar gut, aber einiges im Defensivverhalten ist manchmal falsch."

Unberechenbar gut

Aber wie geht man als Trainer oder Mannschaft mit Unberechenbarkeit um? Wicky: "Für ihn ist wichtig, dass man ihm sagt und zeigt, was er in welcher Situation machen muss – aber da rede ich von defensiven Aufgaben und nicht von offensiven. Da wird er immer das machen, was ihm der Bauch sagt." Der Basel-Trainer ist sich sicher, dass er auch da reifer werden und vielleicht die Dinge ruhiger angehen wird.

"Aber das darf man ihm ja nicht wegnehmen, denn das macht ihn unberechenbar und auch gut", schließt Wicky. "Irgendwo ist es eine Stärke, aber irgendwo ist es auch zu wenig klar. Das ist sein Dilemma. Aber ich denke, dass er mit 23, 24 Jahren und 80 bis 100 Spielen mehr auf dem Buckel einige Situationen ruhiger auszuführen versucht."

Oberlin gibt Bullen Korb

Nach einem schwierigen Jahr mit Verletzungen scheint sich für Oberlin nun alles ins Positive zu wenden. "Die Entscheidung, nach Basel zu kommen, war richtig. Ich sehe meine Zukunft beim FCB", so der 20-Jährige. Für eine definitive Übernahme muss der FCB bis Ende April bei Salzburg eine Option einlösen. Die fix vereinbarte Ablöse soll bei weniger als den bisher kolportierten 5 Millionen Euro liegen. Sportchef Marco Streller hat sich noch nicht zur Personalie geäußerst. "20 Minuten" erfuhr aber, dass Basel die Option wohl einlösen wird.

Schweizer Internationaler und WM-Teilnehmer würde sich auf der Visitenkarte Oberlins gut ausmachen – er ist auf gutem Weg dahin.

In Österreich galt Oberlin zuletzt als Problem-Spieler. Er bekam Ärger mit der Polizei, stand bei den Bullen anschließend nicht mehr hoch im Kurs. Inzwischen beißt man sich in der Mozartstadt wohl in den Allerwertesten. Oberlin stellte in der aktuellen Saison eindrucksvoll unter Beweis, dass er weit mehr als die festgeschriebene Ablösesumme im Leihvertrag der Salzburger ist.

(Heute Sport)