Estnische Aktivisten, die sich auf das Abhören von Telefonaten russischer Soldaten nach Hause spezialisieren, haben in den sozialen Medien ein solches Gespräch veröffentlicht.
"Sie haben uns Gefängnisinsassen geschickt", erzählt ein Russe seiner Frau – oder der Schwester, das wird aus dem Anruf nicht ganz klar, ebenso wenig wie der Aufenthaltsort des Mannes. "Sie wurden irgendwo ganz nach vorne geschickt. Und wir sitzen da wie Sperreinheiten. Rennt jemand zurück, werden wir ihn erschießen."
"Was für ein Albtraum", erwidert die Frau. Er antwortet: "So ist es nun mal aufgebaut. Wir sind in der zweiten Linie und wachen über diejenigen in der ersten. Und hinter uns ist auch eine Linie, dorthin kann man sich auch nicht zurückziehen." Gefasst fügt er an: "Es ist unmöglich zu fliehen – du wirst von deinen eigenen Leuten erschossen."
Ukrainische Soldaten und Kommandanten bestätigten im Donbass auch gegenüber 20 Minuten, dass russische Soldaten, die sich ihnen ergeben hätten wollen, von hinten und aus den eigenen Reihen erschossen worden seien.
Russlands Verteidigungslinien sind in diesem Krieg offenbar noch wie im Ersten Weltkrieg aufgestellt – auch unter Deutschlands Truppen war dies damals eine gängige Praxis.
Es gebe nichts zu essen, sagt der Mann in dem Telefongespräch auch: "Diejenigen, die kein Geld haben, essen das verdammte gekeimte Getreide von den Feldern." Das deckt sich mit den Klagen zahlreicher anderer russischer Soldaten.
Seien sie aus Ufa und Tscheljabinsk in West-Zentralrussland, aus Omsk in Sibirien oder Tatarstan im östlichen Teil des europäischen Russlands: In Videos, die sie ihren Verwandten schicken und die dann in sozialen Netzwerken landen, berichten sie alle von fehlendem Essen, fehlenden Betten, Schlafsäcken und Uniformen und von mangelhafter Ausrüstung. Nicht wenige geben an, dass oft nichts anderes übrig bleibe, als sich gegenseitig zu bestehlen, um irgendwie über die Runden zu kommen.
Frisch Eingezogene berichten etwa, dass es im Ausbildungszentrum in Elani bei Jekaterinburg nicht genügend Betten und überhaupt kein Essen gebe. "Zwei Tage lang gab es keine Trockenrationen, nicht einmal ein Stück Brot für jeden. Das macht keinen Sinn", so ein Soldat, den das als unabhängig geltende russische Medium Verstka zitiert. Anschließend seien sie nach Rostow gebracht worden, wo es immer noch keine Lebensmittel gab.
Den Männern wurde gesagt, dass sie keine Ausbildung erhalten würden und direkt nach Luhansk in der Ukraine geschickt würden. Ein Soldat habe seine Vorgesetzten um taktische Handschuhe und ein Jagdmesser gebeten. Das erhielt er auch – es erwies sich als stumpf.