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Wenn der Schrittzähler dick statt fit macht

10.000 Schritte sollst du gehen. Doch bei Übergewicht wird das Spazieren zum Trainingsmarathon.

Heute Redaktion
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Bild: iStock

Viele Gesundheitsinstitute predigen sie, verschiedene Krankenkassen fordern sie: Die ominösen 10.000 Schritte pro Tag, die wir gehen sollten. Die Idee der 10.000 Schritte stammt von einem japanischen Trainer. Viele Studien belegen auch, dass 10.000 Schritte gegenüber nur 5000 Schritten einen klaren gesundheitlichen Vorteil haben. Dies mag zwar richtig sein, gilt aber vor allem für gesunde Menschen.

Stellen sie sich einmal folgende Person vor: Sie, 165 Zentimeter groß und 98 Kilo schwer, hat sich vor einer Woche einen Schrittzähler mit allem Schnickschnack gekauft. Sie will nun endlich etwas für ihre Figur tun. Sie beginnt, täglich die 10.000 Schritte zu machen und ist sehr stolz darauf. Statt des Lifts nimmt sie nun jede Treppe.

Es kommt immer dicker

Doch sie merkt schnell, dass die Beine immer schwerer werden und zu brennen beginnen. Wenn sie eine leichte Steigung nimmt, muss sie immer stärker atmen. Natürlich denkt sie, dass irgendetwas nicht stimmen kann. Aber wenn es die Krankenkassen und Ärzte empfehlen, muss es ja richtig sein.

Sie merkt, dass die Beine immer mehr Wasser einlagern und sich das Hautbild deutlich verschlechtert. Nun beginnt sie, immer weniger zu essen. Natürlich auch weniger Kohlenhydrate, das empfehlen heute ja auch alle. Immer stärker werden die Schmerzen in den Beinen, der Umfang nimmt ebenfalls zu. Ebenso steigt die Zahl auf der Waage – im gleichen Maße wie die Lust auf Süsses, Salziges oder Brot.

10'000 Schritte mit 30-Kilo-Hantel

Wir haben Dutzende solche Fälle in unserem Institut. Betrachten wir diesen Fall etwas näher. Diese Frau ist rund 30 Kilo über ihrem Idealgewicht. Nun stellen Sie sich einmal vor, dass Sie pro Tag 10.000 Schritte mit einer 30-Kilo-Hantel machen müssen. Natürlich nehmen Sie diese auch die Treppe hinauf mit. Wie würden Sie sich fühlen? Na klar, wie nach einem riesengroßen Krafttraining für die Beine, und dies zudem täglich. Wir alle haben gelernt, dass es nach einem Krafttraining mindestens einen Regenerationstag braucht, aber das wird hier offenbar vergessen. Die Beine brennen und trotzdem wird trainiert. Wir können es uns so vorstellen: Als würden wir jeden Tag mit einem noch intensiveren Sonnenbrand ins Solarium gehen.

Was oft passiert, ist, dass genau dann die Kohlenhydrate vom Speiseplan gestrichen werden. Doch diese Energie würde die Beinmuskulatur brauchen. Ein überlasteter Muskel braucht immer mehr Kohlenhydrate. Wenn er diese nicht bekommt, bedient er sich nicht etwa beim Fett, sondern bei den körpereigenen Eiweißen.

Muskeln brauchen Kohlenhydrate

Aus dem Zellinneren werden immer mehr Eiweißbausteine weggefuttert, die aber wichtige Funktionen übernehmen sollten und ebenfalls wichtiges Wasser in der Zelle einlagern. Gehen diese Eiweißbausteine verloren, tritt das Wasser immer mehr in die Zellzwischenräume und es bilden sich massive Ödeme an den Beinen.

Falls Sie sich in diesem Beispiel erkennen, versuchen Sie, nur alle paar Tage, wenn sich Ihre Oberschenkel und Waden wieder besser anfühlen, die 10.000 Schritte zu machen. Vermeiden Sie an den anderen Tage steile Anstiege und Treppen und nehmen Sie den Lift. An den Belastungstagen essen sie mehr Kohlenhydrate wie Pasta, Reis und Kartoffeln – und dies ebenfalls am Abend. Geben Sie dem Körper genügend Zeit, um sich zu regenerieren. Sie werden sehen, dass es Ihren Beinen und Ihrer Fitness bald besser geht. (20min / Jürg Hösli)