Österreich

Wien errichtet bis 2022 fünftes Frauenhaus

Die Stadt Wien baut ihr Gewaltschutz-Netz für Frauen weiter aus. Zusätzlich bestärkt eine neue Kampagne des Frauennotrufs die Opfer von Gewalt.

Heute Redaktion
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Laut aktuellen Zahlen wird jeden Tag eine von fünf Frauen in Österreich Opfer sexueller oder körperlicher Gewalt. Der Großteil der Gewaltanzeigen betraf dabei den häuslichen Bereich. Um den Wienerinnen hier mehr Unterstützung bieten zu können, baut die Stadt nun ein neues, fünftes Frauenhaus.

Wiens Frauenstadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) ist ein "besonderes Anliegen", dass im neuen künftig 50 zusätzliche Plätze für Frauen und Kindern, die Schutz suchen zur Verfügung stehen. Der Baustart ist für 2020 vorgesehen, nach der Fertigstellung des Hauses 2022 wird Wien ein Gesamtkapazität von 225 Plätze in fünf Frauenhäusern geben. Damit überschreite die Stadt die Vorgabe der Europarats-Richtlinie (ein Platz im Frauenhaus pro 10.000 Einwohnern) bei weitem, wurde betont.

"Wir brauchen ein neues Frauenhaus, weil Wien im Jahr 2027 voraussichtlich zwei Millionen Einwohner haben wird", so Gaal. Daher sei es wichtig, das Netz für den Gewaltschutz für Frauen dementsprechend auszubauen.

Kampagne lässt "Gewalt an Frauen nicht so stehen"

"Es ist wichtig, Frauen in einer Notsituation möglichst schnell zu helfen. Diese Unterstützung bieten die Wiener Frauenhäuser genauso wie der 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien", unterstrich Gaal. Mit einer neuen Kampagne des Frauennotrufs sollen Frauen, die von körperlicher oder psychischer Gewalt betroffen sind, bestärkt werden.

Ab 25. November setzen vier Kampagnensujets in Form von Postkarten und Plakate in Lokalen ein klares Zeichen gegen Gewalt. Mit Sätzen wie "Ein Nein einer Frau bedeutet eigentlich ein Ja" und "Kein Wunder, so wie sie immer angezogen ist" wird der Blick der Täter auf die von Gewalt betroffenen Frauen thematisieren. "Damit versuchen Täter den betroffenen Frauen die Schuld zuzuschieben. Sie müssen wissen: 'Nein heißt Nein'", stellt Gaal klar.

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(Bild: Stadt Wien)

Die Kampagne startet zeitgleich mit den "16 Tagen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen" und bestärkt betroffene Frauen mit der Aussage "Lass das nicht so stehen. Sprich mit uns. Wir helfen vertraulich, anonym und kostenlos".

Der 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien ist rund um die Uhr unter der Telefonnummer 01/71719 erreichbar, E-Mail-Beratung gibt es unter [email protected].

Frauennotruf: Unterstützung bei Gewalt im Familienkreis

Im Jahr 2017 gab es beim 24-Stunden-Frauennotruf der Stadt Wien 9.556 Beratungen, davon 6.749 telefonische und 1.147 persönliche Beratungen. 1.660 Frauen suchten per E-Mail Hilfe.

"Für Frauen ist es nicht leicht, nach einer Vergewaltigung zur Polizei zu gehen – oder auch nach einer Gewalttat durch den Partner mit jemandem zu reden", erläutert Martina K. Steiner, stellvertretende Leiterin des 24-Stunden-Frauennotrufs der Stadt Wien.

Hier bietet der Frauennotruf Hilfe und Unterstützung – etwa bei Anzeigen – an. "Der Großteil der Gewalt an Frauen passiert durch Männer aus dem familiären oder sozialen Umfeld. Professionelle Hilfe ist für einen Weg aus der Gewalt und für die Bewältigung der Gewalterlebnisse daher besonders entscheidend", so Steiner.

40 Jahre Schutz vor häuslicher Gewalt in den Wiener Frauenhäusern

Die Wiener Frauenhäuser bieten seit genau 40 Jahren Frauen, die sich in einer bedrohlichen und gefährlichen Situation befinden, Schutz und Beratung. 2017 wurden in den Wiener Frauenhäusern insgesamt 624 Frauen und Mädchen und 640 Kinder betreut. Das erste Wiener Frauenhaus wurde 1978 eröffnet. Das dritte Frauenhaus in Wien eröffnete 1993, das vierte 2002. Das fünfte Frauenhaus soll 2022 eröffnen.

Derzeit bieten die Wiener Frauenhäuser an vier Standorten 175 Plätze für Frauen und Kinder. Unter der Telefonnummer 05 77 22 bekommen gewaltbetroffene Frauen rund um die Uhr Unterstützung in einem Wiener Frauenhaus. Die Beratungsstelle der Wiener Frauenhäuser ist unter 01/512 38 39 zu erreichen.

"Viel erreicht, noch viel zu tun"

"Wir konnten in 40 Jahren tausenden Frauen und Kindern helfen, sich aus einer Gewaltbeziehung zu befreien. Darauf sind wir stolz", betonte die Vorsitzende der Wiener Frauenhäuser, Martina Ludwig-Faymann.

"Arbeit gegen Gewalt an Frauen heißt aber vor allem auch Einsatz für ökonomische Unabhängigkeit und echte Gleichstellung von Frauen. Je eigenständiger und selbstbewusster Frauen leben, desto besser können sie sich aus Gewaltbeziehungen befreien", so Ludwig-Faymann. Insgesamt wurden in den vergangenen 40 Jahren 17.371 Frauen und 17.071 Kinder betreut.

In den letzten vier Jahrzehnten sei schon viel erreicht worden: vom Gewaltschutzgesetz über zahlreiche Verbesserungen im Strafrecht bis hin zu mehr Verständnis gegenüber dem sensiblen Thema Gewalt gegen Frauen und einer klaren Haltung gegen Gewalt in der Familie.

"Das Bewusstsein für das Thema ist allerdings nicht von heute auf morgen gekommen, das war ein zähes Ringen – und es ist auch wieder ein Backlash spürbar. So ist zum Beispiel die Situation der Frauen vor Gericht schwieriger geworden. Scheidungen gehen heute oft mit langwierigen, komplexen Verfahren einher. Männer sind vor Gericht aufgrund ihres höheren Einkommens anwaltlich oft gut vertreten. Die betroffenen Frauen hingegen sind oft mittellos und haben Angst, ihre Kinder an den gewalttätigen Partner zu verlieren", so die Geschäftsführerin der Wiener Frauenhäuser Andrea Brem.

Benefizabend 40 Jahre Wiener Frauenhäuser

Anlässlich des Jubiläums "40 Jahre Verein Wiener Frauenhäuser" findet am Freitag, 23. 11. 2018, um 18 Uhr im Festsaal des Wiener Rathauses ein Benefizabend statt. Karten sind ab 25 Euro auf www.oeticket.com und in allen oeticket-Verkaufsstellen erhältlich. Infos dazu gibt es beim Verein Wiener Frauenhäuser: 01/485 30 30 oder [email protected].

(lok)