Wien

Initiative setzt Autofahrer in Wohnstraßen Schachmatt

Mit Teppichen, Riesen-Schachbrett und Sesseln bringt eine Initiative das Leben auf die Straße. Fahrbahn und Parkplatz werden zum temporären Spielfeld.

Mitbegründer von "Geht doch" Christian Dechand und Student Benjamin Schemel (links), der die Wiener Spielstraßen organisiert.
Mitbegründer von "Geht doch" Christian Dechand und Student Benjamin Schemel (links), der die Wiener Spielstraßen organisiert.
Sabine Herteel

In der Theorie sollten Autos in Wohnstraßen nur im Schritttempo zu- und abfahren, damit Kinder auf der Fahrbahn spielen können. Oft werden sie jedoch als Durchfahrtstraße, Schleichweg oder Parkplatz genutzt. Laut Verkehrswissenschaftlerin Barbara Laa liegt das an ihrer schlechten Gestaltung: "Wohnstraßen könnten ihr Potenzial als verkehrsberuhigter öffentlicher Raum entfalten, wenn sie endlich entsprechend gestaltet werden. Wenn sie gleich aussehen wie jede andere Straße, werden sie von Autofahrenden auch so genutzt: als Parkplatz und illegal zur Durchfahrt."

Vorrang für Grätzelbewohner will die Initiative "Geht doch" mit einem Sommerprojekt umsetzen: Immer freitags von 14 bis 18 Uhr nimmt man Fahrspuren und Parkplätze in Anspruch und macht sie zur Spielstraße. Für den August hat man es sich in der Wehlistraße (Leopoldstadt) gemütlich gemacht.

"Viele der Wohnstraßen in Wien sind Asphaltwüsten, Beschilderungen werden von Autofahrern oft ignoriert", erklärt Benjamin Schemel das Problem. Er ist einer von sieben Studierenden der TU und WU, die Wohnstraßen lebenswerter machen wollen. Mit Teppichen und Sitzgelegenheiten macht man Gassen wie die Wehlistraße zur temporären Aufenthaltszone, Spielsachen laden zur aktiven Nutzung des öffentlichen Raums ein. Neben Kinderkonzerten und Erzähltheater wurde auch eine Kooperation mit dem Pensionistenheim sowie dem Integrationshaus organisiert.

Spielstraßen nicht nur in "Bobo-Bezirken"

Im September zieht man in die Gaullachergasse (Ottakring), im Oktober ist die Pernerstorfergasse (Favoriten) dran. "Bestimmte Straßen werden von der Stadt immer wieder als temporäre Spielstraßen genutzt. Das passiert aber oft nur in 'Bobo-Bezirken', um das eigene Klientel zu erreichen und schöne Bilder zu produzieren", bemängelt Schemel. Als Initiative will man das Potential der Bezirke zeigen, die oft übersehen und nicht genutzt werden. "Schon mit einfachen Elementen zur Fahrbahnverengung, Begrünung und Sitzmöbeln kann rasch und günstig das Straßenbild verändert werden und tatsächliche Verkehrsberuhigung gelingen. Ein gutes Beispiel ist die Pelzgasse", führt Laa abschließend aus.