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Wieso ich mich nicht als Österreicherin fühle

Heute Redaktion
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Als Österreicherin mit halbpersischen Wurzeln musste ich mir schon als Kind einiges von Erwachsenen gefallen lassen. Ungerechte Benotung und Beschimpfung inklusive.

Ich bin Österreicherin – zumindest steht das so in meinem Reisepass. Ich bin in Wien geboren und hab fast mein ganzes Leben lang in der Bundeshauptstadt gelebt. Wenn ich ehrlich bin, fühle ich mich aber nicht besonders österreichisch. Woran das liegt? Ich wusste es bis vor Kurzem selbst nicht.

Orientalische Familie

Neben meinen österreichischen hab ich zur Hälfte auch persische Wurzeln. Ich bin mit beiden Gebräuchen aufgewachsen und kann mich glücklich schätzen, schon als Kind zwei Sprachen fließend beherrscht zu haben.

Was mein Äußeres betrifft, sehe ich auch besonders österreichisch aus. Ich hab hellbraune Haare, grüne Augen und einen hellen Hautton. Bloß im Sommer werde ich sehr schnell sehr dunkelbraun. Wer mich gerade erst kennengelernt hat, ist oft darüber erstaunt, dass ein Teil meiner Familie aus dem Orient stammt.

Ich vs. Rassismus

Als Kind hab ich nie darüber nachgedacht, wo meine Wurzeln liegen. Es war für mich selbstverständlich unterschiedliche Feste zu feiern und Familienmitglieder mit persischen Namen zu haben. Ich fand es sogar eher seltsam, wenn jemand manche persische Speisen nicht kannte.

Als Kind wurde ich früh mit Rassismus konfrontiert. Ein Ereignis aus der Volksschule hat sich bis heute in mein Hirn gebrannt: Trotz meiner Lerneinheiten mit einer Schulfreundin, der ich bei Mathematik meistens helfen musste, bekam sie ausnahmslos Einser. Meine Schularbeiten und Zeugnisse wurden hingegen durch schlechte Noten verunstaltet. An einen Einser kann ich mich jedenfalls nicht erinnern.

Die Schule als meine persönliche Hölle

Das ging so weit, dass ich eine Aufnahmeprüfung in Mathematik für das Gymnasium machen musste und sogar die Prüferin nicht verstand, wieso. Die vorgegebenen Beispiele konnte ich damals nämlich in kürzester Zeit, und ohne einen einzigen Fehler, rechnen.

Auch im katholischen Privat-Gymnasium musste ich mir Sprüche wie "Wo willst du mal arbeiten? Bei Hofer oder Billa?" von Lehrern anhören und mich damit abfinden, dass mir unverständliche Dinge nicht weiter erklärt wurden. "Wenn du es nicht verstanden hast, dann kann ich auch nichts machen", war einer der unzähligen Sprüche, durch die ich immer unsicherer wurde.

Mein Weg hinauf

Einige Jahre wusste ich nicht, was ich aus mir machen sollte – immerhin hatte ich all die erniedrigenden Sprüche soweit verinnerlicht, dass ich sie irgendwann selbst schon glaubte.

Mit viel Mühe hab ich es aber geschafft, mich als 19-Jährige in den Journalismus zu kämpfen. Und zu bleiben. Mein Selbstbewusstsein wurde durch die Erfolge in der Arbeit gepusht.

Österreich vs. Iran

Der Grund, warum ich mich Österreich nicht zugehörig fühle, ist, weil ich im Alltag so viel Hass gegenüber Personen sehe, die anders sind. Es ist normal, dass Menschen vor dem Unbekannten Angst haben. Das führt aber auch dazu, dass sie das Fremdartige nicht kennenlernen wollen.

Wenn ich heute in der U-Bahn höre "Diese Rotzn g'hean olle ausse", dann schäme ich mich und fühle mich fremd in meinem eigenen Land. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, woanders zu leben.

Liebes Österreich

Denn als viel prägender empfinde ich die weltoffenen und multikulturellen Studenten, die mir zu Studienzeiten neugierige Fragen stellten. Die älteren Personen, die sich herzlich bedanken, wenn ich ihnen den Sitzplatz im Bus überlasse. Oder meine österreichischen Verwandten, die meine persischen vom ersten Moment an in ihr Herz geschlossen haben.

Österreich ist ein wunderschönes Land mit wunderbaren Menschen. Wenn sich manche Leute darauf einlassen würden, fremdländische Personen besser kennenzulernen, würden sie merken, dass die Unterschiede gar nicht so groß sind, wie sie glauben.