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Wird "San Andreas" bald Realität? Los Angeles zittert

Seit Jahren sagen Seismologen, dass es früher oder später in Kalifornien zu einem schweren Erdbeben kommt. Nun könnte es schon bald soweit sein.

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Wird diese Skyline von Los Angeles bald verschwunden sein?
Wird diese Skyline von Los Angeles bald verschwunden sein?
Getty Images/iStockphoto

Die Lage Kaliforniens bringt nicht nur Vorteile. Zwar ist das Meer nie in weiter Ferne. Dafür aber befindet sich der US-Bundesstaat auf einem tektonischen Schleudersitz. Unter ihm bewegen sich die Nordamerikanische und die Pazifische Platte seitlich aneinander vorbei. Besonders aktiv sind die Platten südlich der San-Andreas-Verwerfung (siehe Box), wie Seismologen um Kimberly Blisniuk von der San Jose State University im Fachjournal "Science Advances" schreiben. Konkret: entlang der sogenannten Mission-Creek-Störung.

Der San-Andreas-Graben

Bei der San-Andreas-Verwerfung, die sich in Kalifornien über eine Distanz von über 1000 Kilometern erstreckt, handelt es sich um eine so genannte Transformstörung. Bei solchen Verwerfungen driften tektonische Platten – in diesem Fall die Nordamerikanische und die Pazifische Platte – seitlich aneinander vorbei.

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    Schlechte Aussichten für die Bewohner von Los Angeles: Laut Forschern gibt es deutliche Hinweise darauf, dass es bald zu einem schweren Erdbeben kommen könnte. Ausgangspunkt ist demnach die Mission-Creek-Störung. 
    Schlechte Aussichten für die Bewohner von Los Angeles: Laut Forschern gibt es deutliche Hinweise darauf, dass es bald zu einem schweren Erdbeben kommen könnte. Ausgangspunkt ist demnach die Mission-Creek-Störung.
    Science Advances: Blisniuk et al.

    Unerwartete Erkenntnis

    Die Feststellung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommt für viele Menschen überraschend, denn bislang gingen Fachleute davon aus, dass die Mission-Creek-Störung schon vor mehr als 100.000 Jahren durch einen Knick im Hauptast der San-Andreas-Spalte von der Plattenbewegung abgekoppelt wurde – und anders als die Banning-, Garnet-Hill- und San-Gorgonio-Pass-Störung inaktiv ist.

    Dem ist jedoch nicht so, wie Blisniuk und ihre Kollegen nun nachwiesen: An der Mission-Creek-Spalte herrscht alles andere als Ruhe. In den letzten 100.000 Jahren habe es dort immer wieder Sprünge und Brüche gegeben, so die Forschenden. Pro Jahr verschiebt sich der Seitenast um 21,6 Millimeter gegeneinander – und damit weit mehr als bislang angenommen. Mehr noch: Die Bewegungen der Mission-Creek-Störung machen sogar den Löwenanteil der jährlich insgesamt 24,1 Millimeter aus.

    "Diese Daten etablieren den Mission-Creek-Arm als primäre Verwerfung auf diesem Teil der Plattengrenze zwischen der Nordamerikanischen und Pazifischen Erdplatte", schlussfolgert das Team.

    Film "San Andreas" könnte real werden

    Für die Millionenstadt Los Angeles bedeuten die neuen Erkenntnisse nichts Gutes, heißt es in der Studie. Denn obwohl sich der Untergrund beiderseits der Mission-Creek-Spalte stetig gegeneinander bewegt, hat es seit fast 300 Jahren keinen Sprung oder Bruch dort gegeben. Das deutet darauf hin, dass das Gestein verhakt ist und sich allmählich immer mehr Spannung im Untergrund anstaut.

    Die Verwerfung könnte laut Blisniuk genug Spannung angestaut haben, um abrupt sechs bis neun Meter zu springen, was ein schweres Erdbeben bis weit in die San Bernardino Mountains südlich von Los Angeles auslösen könnte. Die Millionenmetropole wäre dann massiv betroffen, so die Forschenden: Denn "die Mission-Creek-Störung schneidet wichtige Leitungen der Wasser- und Strom-Infrastruktur, die den Großraum Los Angeles versorgen." Klingt ganz so als könnte der Katastrophenfilm "San Andreas" mit Dwayne "The Rock" Johnson tatsächlich real werden. Darin ließ Regisseur Brad Peyton durch das Auseinanderdriften des San-Andreas-Grabens ein bisher nie dagewesenes Erdbeben Kalifornien und San Francisco im Chaos versinken.

    Zuletzt hatte die Erde in Kalifornien im Jahr 2019 heftig gebebt. Schon da wurden Sorgen geäußert, "dass das große Beben, von dem sie seit 20 Jahren reden, nicht mehr weit ist." Die größten Erdbeben in der Region gab es in den Jahren 1906 und 1989. Beim sogenannten Loma-Prieta-Beben gab es 63 Todesopfer. Mehr als 3700 Menschen wurden verletzt.