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Zeuge hörte vor Bluttat Schreie in Pistorius-Haus

Heute Redaktion
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Ein Zeuge hat Oscar Pistorius belastet. Er will vor der Bluttat im Hause Pistorius einen Streit zwischen den beiden gehört haben. Ein Gericht im südafrikanischen Pretoria entscheidet am Donnerstag, ob Sprintstar Oscar Pistorius nach dem Tod seiner Freundin Reeva Steenkamp gegen Kaution freikommt (Heute.at hat berichtet).

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Obwohl Pistorius darauf plädiert, seine Freundin nicht absichtlich ermordet zu haben, kam am Mittwoch ein neues Detail ans Tageslicht: Ein Nachbar habe einen Streit zwischen ein und zwei Uhr nachts zwischen den beiden gehört. Daraufhin sei er auf seinen Balkon getreten und habe gesehen, dass bei Pistorius im Haus Licht gebrannt habe. "Dann hörte er eine Frau zwei- oder dreimal schreien, dann weitere Schüsse." Dies wiederspricht somit Olivers Aussage, dass er nach 22 Uhr eingeschlafen sei.

Die Staatsanwaltschaft dagegen geht von Mord aus. Das Drama um den 26-Jährigen, der mit spektakulären Sprints auf Beinprothesen weltweit zum Star wurde, sorgt seit Tagen weltweit für Aufsehen. Zudem haben Ermittler nun angekündigt,  dass die Anklage um den Punkt des illegalen Besitzes von Munition erweitert werde. Bei Pistorius sei Munition für das Revolverkaliber .38 gefunden worden, für die der Sportler aber keine Lizenz habe.

Testosteron & Spritzen

Die Polizei fand angeblich in Oscars Haus Testosteron und Spritzen. Das Sexualhormon steht auf der Liste der Substanzen, die vom Internationalen Olympischen Komitee verboten sind. Dagegen erklärte ein Verteidiger von Pistorius, Testosteron sei ein "pflanzliches Heilmittel", das Pistorius nehmen dürfe und genommen habe.

Erste Spur zu Motiv?

Die Polizei fand das Tablet der getöteten Reeva auf dem Boden des Schlafzimmers. Aus Polizeikreisen sei zu hören, dass eine Nachricht, die in der Tatnacht auf das Ipad gesendet wurde, möglicherweise ein Auslöser für das Drama gewesen sein könnte.

Möglicherweise durchstöberte Pistorius das Tablet und sah vielleicht die Nachricht eines Nebenbuhlers... Als die Polizei Pistorius' Schlafzimmer durchsuchte, fand sie das Tablet neben den Sachen von Reeva Steenkamp und dem zerwühlten Bettzeug.

Vorverurteilung sinnlos

Der südafrikanische Sportminister Fikile Mbalula hat vor einer Vorverurteilung im Mordfall des Paralympics-Stars Oscar Pistorius gewarnt. "Wir rufen unsere Mitbürger auf, das Prinzip der Unschuldsvermutung bis zum Beweis des Gegenteils hochzuhalten", hieß es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung des Ministers. Die Prinzipien des Rechtsstaates müssten unbedingt stets gewahrt bleiben.

Lied über Mörder

Erst News über den Fall des südafrikanischen Sprintstars Oscar Pistorius - und im Anschluss das Lied "Hey Joe" von Jimi Hendrix, in dem ein Mann seine Frau tötet: Für den geschmacklosen Ausrutscher bei der Musikauswahl hat sich am Dienstag der britische Sender BBC entschuldigt. Im digitalen Programm Radio 6 Music waren in der Früh Nachrichten gelaufen, in denen es vor allem um den Gerichtstermin des Sportlers ging, der am Valentinstag seine Freundin erschossen hatte.

Anschließend ertönten Hendrix' Liedzeilen: "Hey Joe, where you goin' with that gun in your hand? I'm going out to shoot my old lady, you know I caught her messing around with another man." (Hey Joe, wohin gehst du mit der Waffe in der Hand? Ich gehe los, um meine Frau zu erschießen, denn ich habe sie mit einem anderen Typen erwischt.) Unmittelbar nach dem Song entschuldigte sich der Moderator bei den Hörern.

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Vor Gericht zeigt sich Oscar Pistorius als gebrochener Mann. Immer wieder mit den Tränen kämpfend, hört der 26-Jährige, dass der Staatsanwalt ihn des kaltblütigen Mordes bezichtigt. Als der beinamputierte Leichtathletikstar erstmals seit dem gewaltsamen Tod seiner Freundin Reeva Steenkamp öffentlich das Wort ergreift, wenngleich nur in einer verlesenen Erklärung, hört man einen Mann, der auch sich als Opfer sieht. Als Opfer unglücklicher Umstände und einer tragischen Fehleinschätzung: "Ich hatte nie die Absicht, meine Freundin zu töten."

Nach seiner Version kam die 29-Jährige am Valentinstag zu Tode, weil in Südafrika mit seiner enormen Gewaltkriminalität ein Eindringling stets eine tödliche Gefahr sei. Deswegen habe er immer eine Pistole unter dem Kopfpolster, so Pistorius und deshalb habe er in der Dunkelheit blind durch die verschlossene Badezimmertür geschossen. Für seine Freundin war es das Todesurteil. Der Staatsanwalt glaubt ihm kein Wort und ist sich sicher, dass der behinderte Profisportler geplant und wissentlich gehandelt hatte.

Nun deutet alles auf einen spektakulären Indizienprozess hin. Bei einer Verurteilung droht dem 26-Jährigen lebenslange Haft. "Die Bühne ist bereitet für den Pistorius-Zirkus", so die "Times". Einen Vorgeschmack gab es schon im Gericht, wo sich in dem kleinen Saal mehr als 100 Menschen drängelten, die meisten von ihnen Journalisten. Fotografieren war verboten, dennoch wurden Bilder geschossen.

Angst vor Vorverurteilung

Das der Prozess auch ein Medienspektakel wird, demonstrierte schon die Vorberichterstattung, in der unzählige echte und angebliche Details aus Polizeiquellen und Ermittlungs-Akten bekannt wurden. Sehr schnell kristallisierte sich in den Berichten eine Tendenz heraus: Der Sportler genieße die Nähe zu schönen Frauen und zum Luxus, sei auch in Streitereien und Eifersuchtsgeschichten verwickelt, liebe Waffen und fahre wohl auch schon mal unter Alkoholeinfluss Auto oder Schnellboote.

"Die Angst ist groß, dass er keinen fairen Prozess bekommt", schrieb die "Independent". Das sei in Südafrika nur möglich, weil "die Rechte des Gerichts gering geschätzt werden", kritisierte das Blatt. Auch die Polizei, die verzweifelt nach undichten Stellen suchte, war ratlos: "Ich weiß nicht, wo die Leute all diese Geschichten her haben", klagte Polizeisprecher Katlego Mogale. Der Verfassungs-Experte Pierre De Vos (Universität Kapstadt) bemängelte das wachsende Gewicht des "Gerichts der öffentlichen Meinung".

Wie sehr die angebliche Schuld von Pistorius in der Öffentlichkeit vorweggenommen wurde, belegen Reaktionen: Das Friedensinstitut "Gandhi Development Trust" sah in dem Fall einen weiteren Beleg für die "tief verwurzelte Kultur der Gewalt in Südafrika". Die Beauftragte der Kommission für Geschlechter-Gleichheit, Mfanozelwe Shozi, meinte, im Fall Pistorius werde der Aspekt Gewalt gegen Frauen ignoriert. Die Erschießung werde als "unglücklicher Fehltritt" oder "Tat in geistiger Umnachtung" dargestellt. Dabei stehe die Tat im Zusammenhang mit der alltäglichen Gewalt gegen Frauen. Shozi schien gar nicht zu merken, wie schnell sie schon zu einer Vorverurteilung gelangt war.

Star-Anwälte, Star-Reporter

Pistorius hat als "spin-doctor", den Mann für die Medienarbeit, den Ex-"Sun"-Chefredakteur Stuart Higgins verpflichtet. Der Engländer wurde sowohl als Starreporter bekannt als auch später als Medienexperte für British Airways oder Manchester United. "Unsere Aufgabe ist es, etwas von der weltweiten Unterstützung für Oscar aufzunehmen", sagte er dem "Indepedent".

Mit Reggie Perumal ist ein Spitzen-Forensiker im Team, der oft bei besonders bedeutenden Todesfällen, wie den 34 von der Polizei erschossenen Minenarbeitern in Marikana, hinzugezogen wird. Pistorius scheint gewappnet wie einst O.J. Simpson. Der wurde, obwohl viele an seine Schuld glaubten, vom Vorwurf des Mordes an seiner Ex-Frau und deren Bekannten freigesprochen.

Keine Werbung mit Pistorius

Die französische Kosmetikfirma Clarins verzichtet ab sofort auf ihre Werbung mit Sprintstar Oscar Pistorius.

Aus Rücksicht auf die "von dieser Tragödie betroffenen Familien" habe die Parfüm-Marke Thierry Mugler beschlossen, ihre Werbekampagnen mit Pistorius zurückzuziehen, erklärte Clarins am Mittwoch in Paris. Der südafrikanische Spitzensportler war seit 2011 das Markenzeichen des Thierry-Mugler-Parfums "A-Men".