Life

Zu hartes Training kann lebensgefährlich sein

Drei Frauen suchten wegen extremer Muskelschmerzen und braunem Urin den Arzt auf. Was sie verbindet: Alle drei waren vorher im Fitnesscenter gewesen.

Heute Redaktion
Teilen

Eine 18-jährige Schottin wollte sich mit einem Personal-Training etwas Gutes tun. Doch statt sich nach der sportlichen Einheit – einer ausgedehnten Kniebeugen-Session – besser zu fühlen, konnte sie sich Tage darauf kaum rühren. Selbst der Gang auf die Toilette fiel ihr schwer. Und auch dass sie trotz ausreichendem Trinken nur einmal am Tag aufs WC musste und der Urin braun statt gelb war, machte ihr Sorgen.

Als ihre Ärztin bei der Untersuchung vermehrt Eiweiße und Spuren von Myoglobin, dem braunen Farbstoff der Muskelzellen, im Urin entdeckte, schickte sie sie umgehend ins Krankenhaus. Das schreiben Experten in den "BMJ Case Reports".

Gleiche Symptome, neue Patientinnen

Kurz darauf hatte die Medizinerin mit einer weiteren 18-Jährigen zu tun. Diese klagte über extreme Schmerzen in den Armen, die verhinderten, dass sie diese überhaupt strecken konnte. Und auch bei ihr war der Urin wenige Tage nach dem Training merklich dunkler als sonst. Daher überstellte die Ärztin auch diese Patientin ans Krankenhaus.

Wie kann man sich vorsehen?

Die Diagnose anstrengungsbedingte Rhabdomyolyse wird nur selten gestellt. Wenn, dann vor allem nach hochintensiven Workouts mit kurzen, harten Muskelbelastungen – beispielsweise nach Crossfit-Einheiten, bei denen viele Sprünge und schwere Gewichte Teil des Trainings sind. Doch auch sie sind nicht per se gefährlich.

Problematisch wird es erst dann, «wenn sich zwei Dinge zu einer unheiligen Allianz paaren: Wenn Trainer oder Trainierende den eigentlichen Sinn von Training nicht verstanden haben und Trainer demonstrieren wollen, wie tough sie sind und Trainierende den Motivationsrufen weit über Ihre momentanen Grenzen blind folgen», so Muskelforscher Marco Toigo von On Your Marks OYM, dem Kompetenzzentrum für Athletiktraining und Forschung im Spitzensport. Ist die Raumtemperatur hoch und wird zu wenig oder zu viel getrunken, steige das Risiko weiter. Deshalb wird empfohlen, langsam in neue Sportarten einzusteigen, sich erst nach und nach zu steigern und ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen.

Gleiches machte sie mit einer 24-Jährigen, die nach dem Training mit sogenannten Kettleballs ähnliche Symptome bei sich bemerkt hatte.

Im Krankenhaus bekräftigten Bluttests den Verdacht der überweisenden Medizinerin: Alle drei Patientinnen litten unter Rhabdomyolyse (siehe Box). Als solche bezeichnet man den Zerfall der quergestreiften Muskelfasern.

Akutes Nierenversagen

Die Folgen der Rhabdomyolyse sind extrem gefährlich: Denn das Myoglobin, das durch die Auflösung der Muskeln freigesetzt wird, gelangt über die Blutbahnen in die Nieren und kann dort im schlimmsten Fall zu akutem Nierenversagen führen. Deshalb ist es wichtig, bei Rhabdomyolyse schnell zu handeln – so wie dies bei den drei Schottinnen der Fall war.

Die Frauen bekamen direkt nach der Diagnose intravenös eine Kochsalzlösung zugeführt, um den Urin zu verdünnen und die bereits in Mitleidenschaft gezogenen Nieren durchzuspülen. Mit Erfolg: Nach sechs Tagen konnten alle drei zurück nach Hause.

Crossfit mit Vorsicht genießen

Trotz dieses glücklichen Ausgangs informierte die Ärztin der drei das Gesundheitsamt der Stadt. Denn für gewöhnlich tritt die Rhabdomyolyse nur selten auf. Die Häufung der Fälle ist entsprechend auffällig, zumal die Frauen alle in ein- und demselben Fitnessstudio trainiert haben.

Gemeinsam mit den Trainern des Studios gingen die Gesundheitsexperten der Sache nach. Dabei fiel auf, dass die Frauen – obwohl sportlich – für sie völlig neue Übungen absolviert hatten, bei denen die Bewegungen immer und immer wieder wiederholt wurden. Und das auf einem Level, das ihr eigentliches Können zu dem Zeitpunkt deutlich überstieg, wie es im Journal heißt.



Die hohe Intensität, die vielen Wiederholungen und das Trainieren über die Müdigkeit der Muskeln hinaus seien etwas, was sie immer häufiger sehen würden, schreiben die Experten. Besonders beim Crossfit ist ihrer Meinung nach das Risiko groß. (Red)