Österreich

"Kann kein Rezept sein, uns länger einzusperren"

13.09.2021, 13:44
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Steuern wir einer katastrophalen Saison entgegen? Oder kann der Tourismus noch Fahrt aufnehmen? Das wollten wir von Wirtschafts- und Tourismuslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) wissen.
Bild: Land OÖ

Hotels dürfen ab Ende Mai wieder aufsperren. Wir sprachen mit Wirtschafts- und Tourismuslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) darüber, ob die Saison noch zu retten ist.

"Heute": Gastronomiebetriebe dürfen schon Mitte Mai wieder aufsperren, Hotels und Beherbergungsbetriebe erst Ende Mai. Ist die Saison schon gelaufen oder noch zu retten? Markus Achleitner: Ich glaube, dass es wichtig war, dass wir jetzt einen Comeback-Plan für den Tourismus am Tisch haben. Denn: Das gibt uns Perspektive. Perspektive für die Unternehmer. Perspektive für die Mitarbeiter. Und Perspektive auch für die Gäste. Wir wollen ja nach und nach unser gesellschaftliches Leben, unser Freizeit-Leben und auch unser Urlaubs-Leben wieder zurückhaben. Und nicht zuletzt ist es auch Perspektive für alle Zulieferbetriebe. Etwa die Fleischer. Oder die Bäcker. Oder die Landwirte, die Gemüse liefern können. Oder die Brauereien. Das Aufsperren der Gastronomie-, Hotel- und Beherbergungsbetriebe ist für das Comeback des Wirtschaftsstandortes Oberösterreich wichtig. Ich glaube, dass sich die Oberösterreicher nach Freizeit und Urlaub sehnen. Man muss zwar klar sagen: Das Virus ist nicht weg. Wir haben aber Maßnahmen getroffen, die auf zwei Säulen beruhen: Vorsicht und Zuversicht! Man darf nicht glauben: Hurra, jetzt haben wir's geschafft, es ist vorbei. Sondern: Das Virus ist nach wie vor da. Deshalb sind die drei Grundregeln nach wie vor: Abstand halten. Masken tragen, wo es notwendig ist. Und Desinfektionsmaßnahmen. Ich bin deshalb sehr zuversichtlich, weil die Oberösterreicher in den vergangenen Wochen Unglaubliches geleistet – indem sie die Maßnahmen mitgetragen und sich an die Regeln gehalten haben. Das hat dazu geführt, dass wir das Virus in den Griff bekommen haben. Und ich appelliere, dass das jetzt beim Hochfahren der Wirtschaft weiter so eingehalten wird. Dann glaube ich, dass die Saison – wenn auch eingeschränkt – durchgeführt werden kann. Weil: Es kann kein Rezept sein, uns bis Jahresende einzusperren. Insofern habe ich vor vier Wochen das erste Mal unsere Vorschläge aus Oberösterreich in Wien deponiert. Und bin sehr froh, dass jetzt wieder aufgesperrt wird. "Heute": Wie schaut's mit Grenzöffnungsabkommen mit den angrenzenden Ländern wie Deutschland oder Tschechien aus? Brauchen wir die, um den Tourismus wieder in Schwung bringen zu können? Markus Achleitner: Bei all unseren Maßnahmen – egal, in welchem Wirtschaftsbereich – ist der "Schiedsrichter" die Gesundheit. Punkt. Und was auf Basis der Zahlen verantwortungsvoll möglich ist, werden wir machen. Und wir haben ja mit den Nachbarländern – wenn ich etwa da an Tschechien denke – schon mehrere Dinge vereinbart. Stichwort: 24-Stunden-Pflege mit begleitenden Maßnahmen (dass 24-Stunden-Betreuerinnen wieder einreisen dürfen; Anm.). Oder: Pendlervereinbarungen. Wir müssen jetzt abwarten. Schauen, wie sich die Zahlen in den anderen Ländern entwickeln. Wenn die auf einem niedrigen Niveau sind wie wir hier in Österreich, dann spricht meines Erachtens nichts dagegen, dass wir die jetzt notwendigen Grenzmaßnahmen auch wieder aufhebt. Das Virus selbst kennt die Grenzen ja ohnehin nicht. Wenn die Zahlen überall niedrig sind, dann wird es möglich sein, die Grenzmaßnahmen aufzuheben. Ob das allerdings möglich sein wird und wann es möglich sein wird – das kann uns momentan keiner sagen.

"Heute": Bleiben wir noch beim Thema Grenzöffnungen. Werden wir heuer überhaupt genügend Personal in den Gastronomie- und Beherbergungsbetrieben haben, wenn Saisonarbeiter mitunter gar nicht einreisen dürfen? Markus Achleitner: Wir haben zwar derzeit so viele Menschen ohne Arbeit oder in Kurzarbeit wie noch nie. Aber: Wir müssen jetzt Step by Step schauen: Wie ist das Konsumverhalten, wie ist das Freizeitverhalten? Wir werden ja nicht mit Vollbetrieb starten. Wenn es möglich ist – auf Basis der Gesundheitsdaten –, dann kann man über Grenzöffnungen reden. Aber das würde ich jetzt nicht als vordergründiges Thema sehen. Wichtig ist: Dass jeder das Virus in den Griff bekommt. Das ist die Aufgabe. "Heute": Wird sich die Corona-Krise auf die Hotelpreise auswirken? Teurer? Billiger? Markus Achleitner: Das kann man schwer sagen. Aber eines ist klar: Es ist momentan sicher so richtig wie nie zuvor, in Oberösterreich Urlaub zu machen. Wir haben bis dato schon 55 Prozent unserer Nächtigungen aus Österreich gehabt – sind damit eines der Bundesländer mit dem höchsten Österreicher-Anteil. Und ich hoffe, dass viele jetzt wieder auf Urlaub fahren. Ob das Einfluss auf die Preisentwicklung hat, kann man jetzt noch nicht wirklich sagen. Weil das davon abhängt, wie groß der Markt für Urlaub in Österreich wird. "Heute": Was ist, wenn die Gäste ausbleiben? Müssen wir dann mit einem irreparablen Schaden in der Hotelbranche und vielen Kündigungen rechnen? Markus Achleitner: Ich glaube, dass man da nicht spekulieren sollte. Wir sind grad am Weg zum Wiederaufbau. Im Handel hat man gesehen: Die ersten Tage waren noch nicht so gut. Dann wurde es aber besser. Jetzt kamen die großen Geschäfte dazu. Das sind große Frequenzbringer, die auch den kleinen Geschäften wieder helfen werden. Und ich bin mir sicher: Die Konsumlaune wird wieder steigen. Das wird zwar ein bisserl dauern. Wir dürfen nicht vergessen: Wir haben jetzt sechs Wochen Lockdown gehabt. Die Menschen waren daheim, hatten ganz andere Sorgen. Die Konsumfreude wird aber wieder kommen, davon gehe ich aus. Und das wird auch im Tourismus so sein. "Heute": Derzeit wird ja auch das Thema "Sonntagsöffnung" im Handel wieder heiß diskutiert? Was sagen Sie dazu? Macht es Sinn, wenn der Handel auch an Sonntagen aufsperren darf? Bzw. könnten Sie sich dazu evtl. als Übergangslösung vorstellen? Markus Achleitner: Ich halte, ehrlich gesagt, nichts davon. Zumal wir beim Handel jetzt gerade wieder beim Hochfahren sind. Und darüber reden, dass wir wieder Frequenzen brauchen. Ich denke: Dafür sind die Öffnungszeiten ausreichend. Mehr News aus Oberösterreich auf Facebook