Österreich

Bärenschützklamm-Opfer: "Wäre dort fast gestorben!"

Am 8. Juli 2020 stürzten riesige Felsbrocken auf Besucher der Bärenschützklamm. Drei Menschen starben, neun wurden verletzt – darunter Andrea S. (52).

12.09.2021, 15:20
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Andrea S. wurde bei dem Felssturz in der Bärenschützklamm (Stmk.) schwer verletzt.
picturedesk.com/Denise Auer

Ein ganz normaler Ausflug wurde für Andrea S. (alle Namen geändert) im Sommer 2020 zum Alptraum: Riesige Felsbrocken stürzten auf die 52-Jährige, sie erlitt zwei Rippen- und drei Schulterbrüche, Kopfverletzungen sowie eine tiefe Rissquetschwunde am Fuß.

"Trotz der Verletzungen hatte ich Glück. Mein Lebensgefährte Thomas und ich haben beim Foto Point am Wasserfall die Leute vorgelassen, die dann fünf, sechs Meter von uns entfernt gestorben sind", erzählt die Angestellte aus dem Bezirk Gänserndorf im "Heute"-Gespräch.

"Es war ein richtiger Knall. Dann hab' ich gesehen, wie riesige Geröllbrocken über den Hang geflogen sind" - Andrea S.

Die Niederösterreicherin realisierte zuerst gar nicht, was passiert war: "Es war ein richtiger Knall. Ich hab' geglaubt, dass es vielleicht Draken sind. Aber dann hab' ich gesehen, dass riesige Geröllbrocken über den Hang geflogen sind und Thomas hat nur geschrien: 'Geh' weg!", erinnert sich Andrea S.

Obwohl Thomas H. (52) ebenfalls verletzt wurde – "Er war blutüberströmt, seine rechte Gesichtshälfte war ganz rot" – setzte der Niederösterreicher um 11.52 Uhr den Notruf ab. Andrea S. wurde schließlich mit dem Rettungs-Heli ausgeflogen: "Es gab ein langes Hin und Her wegen der Kosten, aber schließlich hat der Österreichische Alpenverein diese übernommen", berichtet die 52-Jährige.

Opfer klagt Österreichischen Alpenverein auf 6.300 Euro

Gesundheitlich hat Andrea S. noch immer mit den Folgen zu kämpfen: "Es war wirklich langwierig. Trotz monatelanger Reha und Physiotherapie bin ich bei der Schulter in der Bewegung noch immer eingeschränkt, und das wird auch so bleiben. Ich darf zum Beispiel nichts Schweres heben."

Vertreten durch Rechtsanwalt Gerald Perl klagt die Niederösterreicherin nun den Österreichischen Alpenverein als Klammbetreiber auf rund 6.300 Euro (u.a. Schadenersatz). "Wir haben zudem ein Feststellungsbegehren für mögliche Spätfolgen eingebracht", meint Perl.

Rechtsanwalt Gerald Perl vertritt Andrea S.
Denise Auer
"Wir möchten einfach, dass solche Unglücke in Zukunft verhindert werden" - Andrea S.

Eine Verhandlung am Bezirksgericht in Graz hat bereits stattgefunden, nun soll das Gutachten eines Geologen klären, ob das Ereignis vorhersehbar war oder nicht. "Wir wollen einfach wissen: Gibt es einen Schuldigen oder nicht? Schließlich zahlen Besucher fünf Euro Klamm-Erhaltungsgebühr. Da geht man davon aus, dass es sicher ist. Wir möchten einfach, dass solche Unglücke in Zukunft verhindert werden. Denn die Klamm wird auch von vielen Schulklassen und Familien besucht", erklärt Andrea S. abschließend.

Am 8. Juli 2020 wurden durch Steinschlag in der Bärenschützklamm (steirische Gemeinde Pernegg) zwei Frauen, eine Steirerin (21) und eine Ungarin (50), sowie ein Slowake (30) getötet. Weitere neun Personen, darunter ein Kind, wurden verletzt. Im November 2020 stellte die Staatsanwaltschaft Leoben die Ermittlungen ein, da es sich um ein "unvorhersehbares Naturereignis" gehandelt habe. Die Klamm bleibt bis Mai 2022 geschlossen. Bis dahin sollen behördlich vorgeschriebene Schutzmaßnahmen wie Schutzgitter, die Verlegung von Wegen, neue Steige sowie ein neues Farbleitsystem umgesetzt werden. Die Finanzierung der Kosten in Höhe von rund 650.000 Euro ist allerdings noch ungeklärt.