Wirtschaft

Das plant die EU für Ratingagenturen

14.09.2021, 16:39
Teilen

Die EU-Kommission hat einen Gesetzentwurf mit schärferen Regeln für Rating-Agenturen vorgelegt. Ziel ist es, die Entscheidungen der Bonitätswächter verständlicher zu machen und die Konkurrenz der dominanten drei Anbieter - Moody's, Standard & Poor's (S&P) und Fitch Ratings - zu stärken.

Daumen nach oben, Daumen nach unten: Die EU-Kommission will die Macht der Ratingagenturen beschränken. Der Einfluss von Moody's, Standard & Poor's und Fitch soll mit einem Maßnahmenkatalog beschnitten werden. ROTATION: Bezahlt der Emittent einer Anleihe die Agentur wie üblich für das Rating, darf sie seine Produkte maximal drei Jahre lang bewerten. Die Frist kann kürzer sein, denn die Rotation ist auch fällig, wenn eine Agentur zehn aufeinanderfolgende Anleiheprodukte bewertet hat. Der leitende Analyst kann ein Produkt maximal vier Jahre beurteilen. Lässt sich der Emittent von zwei Agenturen bewerten, muss er nur eine davon nach drei Jahren wechseln, die zweite darf dann maximal sechs Jahre beauftragt werden. Diese kann aber dann erst wieder nach einer Karenzzeit von vier Jahren engagiert werden. UNABHÄNGIGKEIT: Ein großer Anteilseigner einer Agentur kann nicht zugleich eine größere Beteiligung an einer zweiten Agentur halten. Der Agenturbesitzer, zum Beispiel eine Bank, darf keine Beratungsleistungen an Unternehmen verkaufen, deren Produkte von der Agentur benotet werden. Eine Agentur darf auch nicht die Produkte eines Unternehmens bewerten, an dem einer ihrer großen Anteilseigner beteiligt ist. NOTEN FÜR STAATSANLEIHEN: Die Bewertung staatlicher Emittenten muss künftig alle sechs Monate statt wie bisher einmal im Jahr aktualisiert werden. Die Einstufung darf nur außerhalb der Börsenhandelszeiten - mindestens eine Stunde vor Handelsbeginn - veröffentlicht werden und muss ausführlich begründet werden. Offen ist noch, ob die Bekanntgabe von Länderratings zeitweise ausgesetzt werden soll. Dieser Punkt könnte in den Beratungen von Parlament und Mitgliedstaaten über das Gesetz noch aufgenommen werden. STRUKTURIERTE PRODUKTE müssen von zwei Agenturen geratet werden. Die Emittenten komplexer Produkte müssen zudem mehr Informationen bereitstellen, damit die Anleger die Risiken besser einschätzen können. VORWARNZEIT: Damit ein Emittent von einer Bewertung nicht kalt erwischt wird, muss er einen Arbeitstag im Voraus über die neue Benotung informiert werden. Bisher war die Vorwarnzeit zwölf Stunden, sodass die Nachricht außerhalb der Bürozeiten eintreffen konnte und kaum Zeit blieb, eine Stellungnahme vorzubereiten. KEIN BLINDES VERTRAUEN: Banken, Versicherungen oder Investmentfonds sollen sich künftig ein eigenes Urteil über die Kreditwürdigkeit von Emittenten bilden, statt sich blind auf die Ratings zu verlassen. Sowohl die Emittenten als auch die Agenturen müssen deshalb ausführlicher über die Produkte beziehungsweise die Bewertungsmethoden informieren. BEZAHLUNG: Die EU rüttelt anders als ursprünglich geplant nicht an dem Prinzip, dass der Emittent selbst für die Bewertung seiner Anleihen bezahlt. Doch darf sich der Preis nicht nach dem Ergebnis der Einstufung richten, um keinen falschen Anreiz zu einer zu wohlwollenden Beurteilung zu geben. HAFTUNG: Ein Anleger kann eine Agentur verklagen, wenn ihm ein Schaden durch ein Rating entstanden ist, das abgegeben wurde, ohne dass die EU-Verordnung befolgt wurde. APA/red.