Politik

Deutscher Innenminister von Österreich "enttäuscht"

Nach Angela Merkel äußert sich nun auch der deutsche Bundesinnenminister Horst Seehofer kritisch über den Kurs von Sebastian Kurz (ÖVP).

18.09.2020, 14:56
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Horst Seehofer bei einem Empfang von Kanzler Sebastian Kurz
(Bild: kein Anbieter/picturedesk.com/APA)

Das freundschaftliche Verhältnis zwischen den christlich-sozialen Schwesterparteien CDU/CSU und der ÖVP gerät immer weiter ins Wanken. Nachdem sich vergangene Woche bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Rolle Österreichs empörte ("nicht gut" und "Man kann nicht erst beim EU-Gipfel einen Rabatt fordern, sich dann allerdings bei der Verteilung von Flüchtlingen raushalten wollen") setzt nun Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nach.

"Ich bin von der Haltung unserer österreichischen Nachbarn enttäuscht, sich an der Aufnahme einer überschaubaren Zahl von Schutzbedürftigen aus Griechenland nicht zu beteiligen", so der einflussreiche Politiker gegenüber dem "Spiegel". "In einer solchen Situation muss Europa Geschlossenheit zeigen. Wenn wir nichts tun, stärken wir die politischen Ränder."

Deutschland 1.700, Österreich 0

Nachdem recht früh klar war, dass Deutschland 150 unbegleitete Minderjährige aufnehmen wird, erklärte sich die Bundesregierung nun bereit, weitere 1.553 Personen (hauptsächlich Familien mit Kindern) aufzunehmen. Die österreichische Regierung pocht weiter auf "Hilfe vor Ort". Diese kam am Mittwoch – eskortiert von Innenminister Karl Nehammer persönlich – auf Lesbos an.

Die Lieferung umfasste 400 Zelte, 7.400 Decken und 2.700 Matratzen; insgesamt 55 Tonnen auf 150 Paletten. Ein weiteres Mal stellte Nehammer klar, dass man dem Druck "gewaltbereiter Migranten nicht nachgeben" werde. Eine Aufnahme, auch von minderjährigen Kindern, sei "das völlig falsche Signal".

    Auch Tage nach der Brandkatastrophe im Flüchtlingslager Moria haben viele der Menschen dort weder Nahrung noch ein Dach über dem Kopf. (12. September 2020)
    picturedesk.com/AFP/Louisa Gouliamaki

    "Moria 2.0" – Zustände angeblich noch schlechter

    Nachdem das für rund 3.000 Personen ausgelegte Flüchtlingscamp Moria vergangene Woche fast vollständig ausgebrannt ist und seine 13.000 Bewohner obdachlos wurden, ist von den griechischen Behörden nun ein neues, provisorisches Lager aufgebaut worden. In "Kara Tepe" leben mittlerweile 3.000 Menschen, die dortigen Zustände sollen noch schlechter als in Moria sein.

    Laut "Ärzte ohne Grenzen" wurde ihren Mitarbeitern der Zutritt von den Sicherheitskräften verwehrt. Jenen Migranten, die noch auf den Straßen ausharren, wird gesagt, nur durch einen Umzug ins neue Camp könne die Chance auf ein Asylverfahren gewahrt werden. Dort gibt es Berichten zufolge allerdings nicht einmal Duschen. Hilfsorganisationen berichten, dass den Menschen außerhalb des Camps weder Wasser noch Lebensmittel überreicht werden dürfen.