Österreich

Im Lerncafé: Pauken in Wohnzimmeratmosphäre

13.09.2021, 23:21
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Nicht alle Eltern können sich für ihre Kleinen die Nachhilfe leisten. Betroffenen bietet die Caritas das Lerncafé an: eine Einrichtung, in der Freiwillige ihr Schulwissen weitergeben. Der Andrang ist groß, der Bedarf nach neuen Lehrkräften auch.

Österreichweit werden in mittlerweile 51 Lerncafés über 1.500 Kinder und Jugendliche von 690 Freiwilligen beim Lernen unterstützt. Rund 500 Kinder und Jugendliche stehen auf der Warteliste – 250 in Wien und allein im Lerncafé Favoriten warten 160 Kinder auf einen Platz. Lehrer in der Freizeit Es sind Menschen, die allen möglichen Tätigkeiten nachgehen. Fragt man bei den Caritas-Mitarbeitern nach, womit die freiwilligen Nachhilfe-Lehrer ihren Lebensunterhalt verdienen, dann gibt es die unterschiedlichsten Geschichten zu hören. Ein Drittel besteht aus Studenten, ein weiteres Drittel aus Berufstätigen und ein Drittel ist schon in Pension. Sie alle verbindet jedoch eine Liebe zu den alten Schulfächern und der Wunsch, in der Gesellschaft etwas beizutragen. Ein Beispiel ist Peter H., der sich seit mehr als einem Jahr beim Lerncafé engagiert. Es wäre keine Übertreibung, den 52-Jährigen einen Mathe-Spezialisten zu nennen. Der Freiwillige arbeitete 22 Jahre lang in einem pharmazeutischen Unternehmen in einer angesehenen Position, bevor er sich entschieden hatte, einen neuen Weg einzuschlagen: "Viele Kinder, die hier Nachhilfeunterricht in Anspruch nehmen, haben das Potential, aber nicht die Möglichkeiten und Chancen, wie ich sie in meinem Leben hatte. Das zu haben, ist nicht selbstverständlich."

Ein anderer Nachhilfelehrer betont den pädagogischen Aspekt. "Die Kinder erfahren hier den Respekt, den sie von anderen Menschen nicht immer bekommen. Es ist wichtig, dass sie sich hier wohl fühlen. Allein nur den Schulstoff vermitteln, das machen wir nicht", so der Freiwillige. Eine schwierige Vergangenheit Kinder, die hier zu Besuch kommen, sind oft aus sozial benachteiligten Verhältnissen, die weit über finanzielle Schwierigkeiten hinausgehen – sie sind mit kriegerischen Konflikten vertraut. Da wären zum Beispiel Fatima (14) und Majid (12), die aus Damaskus (Syrien) fliehen mussten. Ihre Stadt ist immer noch von Jihadisten besetzt. Sie leben etwa seit einem Jahr in Wien und beherrschen die Sprache schon ziemlich gut. "Hauptsächlich sind wir wegen Deutsch und Englisch hier, der Englisch-Unterricht war in unserer Schule in Syrien nicht so gut", sagen beide. „Aus unserer täglichen Arbeit wissen wir: Bildung ist die beste Armutsprävention. Wir sind der Meinung, alle Kinder sollen gleiche Chancen haben – unabhängig vom Einkommen oder von der Ausbildung ihrer Eltern", betonte Klaus Schwertner, Geschäftsführer der Caritas der Erzdiözese Wien. Viele Kinder noch auf Wartelisten Und weil es darum geht, dass die Qualität durch kleine Gruppen gewährleistet bleibt, aber der Andrang nicht weniger wird, suchen die fünf Lerncafés in Wien und die sechs Einrichtungen in Niederösterreich nach freiwilligen Helfern, "die eine Freude daran haben, Kindern etwas weiterzugeben: Mathe, Schreiben und die Freude am Lernen." Klaus Schwertner erinnert an die überragende Erfolgsquote der Lerncafés: "Dass das Modell erfolgreich ist, steht außer Frage. 95 Prozent der teilnehmenden Kinder haben die jeweilige Schulstufe im Vorjahr positiv abgeschlossen." Freiwillige können sich unter www.zeitschenken.at informieren und unter [email protected] melden (bai)