Coronavirus

"Auf der Skipiste?": hitzige Debatte zur Omikron-Matura

Ab 26.1. streiken Maturanten, da die Regierung auf eine mündliche Prüfung pocht. Bei "Heute" diskutierten Paul Stich (SJ) und Nico Marchetti (VP).

21.01.2022, 17:57
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Paul Stich (SJ) und Nico Marchetti (VP) diskutierten bei "Heute".
Sabine Hertel

Anders als in den letzten beiden Jahren soll es 2022 wieder eine verpflichtende mündliche Matura geben. Nicht allen Schülern gefällt das – für kommende Woche ist ein großangelegter Streik angekündigt. Paul Stich, Chef der Sozialistischen Jugend, und VP-Schülersprecher Nico Marchetti diskutierten die Thematik bei "Heute" (in voller Länge am Artikelende). Stich ärgert sich: "Wir haben keine flächendeckende PCR-Teststruktur, wir haben keine Luftfilter, wir haben kein Konzept für kleinere Lerngruppen. Ich frage mich: Was muss noch passieren? Müssen wir die Matura auf die Skipiste verlegen, dass Schüler die Aufmerksamkeit bekommen die sie verdienen?" 

"Situation nicht einfach"

Marchetti sieht das "wesentlich sachlicher": "Ich möchte keine Headlines mit Skiliften produzieren. Nicht in allen Klassen sind Luftfilter sinnvoll, unsere Test-Infrastruktur ist europaweit beispielgebend." Der ÖVP-Abgeordnete findet: "Die Matura ist nicht der Feind, sie ist eine Chance, die zum Studium berechtigt und eine Eintrittskarte in die Arbeitswelt." Es gehe nicht darum, jemanden damit zu ärgern – die Matura wurde entschärft, sagt er: "Wir gehen total auf die Schülerinnen und Schüler zu, weil wir wissen, dass die Situation nicht einfach ist. Die Punkte, vor denen man sich fürchten müsste, haben wir ausgeräumt."

Video: Stich platzt der Kragen

Marchetti: "Lassen niemanden im Stich"

Heißt konkret: "Eine Stunde mehr Zeit bei der schriftlichen Matura, Kürzen der Stoffgebiete und mehr Vorbereitungsstunden", erläutert der Nationalratsabgeordnete. Dies seien "alles Dinge, die gut abbilden, wie das letzte Schuljahr war". Er ist zufrieden mit dem am Tisch liegenden Konzept: "Mit dem Einbeziehen der Note aus dem Jahreszeugnis ist es eine Paket, vor dem sich niemand fürchten muss. Wir lassen da niemanden im Stich."

Video: Marchetti sieht Chance in Matura

"Bei den Infektionszahlen wird mir schlecht"

"Ein Schritt in die richtige Richtung", gesteht ihm Stich zu. Im Bezug auf die nun grassierende Omikron-Variante unterstellt der Sozialdemokrat der Regierung, darauf zu warten, dass es bald eine Österreich-Variante gebe: "Wenn ich mir anschaue, wie hoch die Infektionszahlen an Schulen sind, wird mir schlecht. Da verstehe ich, dass die Schüler verunsichert sind und das auf die psychische Gesundheit schlägt."

Nico Marchetti: "Offene Schulen nützen den Schülerinnen und Schülern. Darum bemühen wir uns."
Nico Marchetti (VP) hält die psychische Gesundheit der Schülerinnen und Schüler für die drängendste Frage.
Sabine Hertel

Dass der Bildungsminister untätig sei, will Marchetti nicht auf sich sitzen lassen: "Wir haben immer wieder Erleichterungen geschaffen, auch bei der Digitalisierung ist einiges weitergegangen in der Pandemie – das Bemühen kann man uns nicht absprechen."

"Regierung scheitert seit Pandemie-Beginn"

Der Chef der Sozialistischen Jugend hat dennoch das Gefühl, dass junge Menschen seit zwei Jahren von der Bundesregierung vergessen werden: "Die Regierung scheitert seit Pandemiebeginn daran, sichere Schulen zur Verfügung zu stellen."

Tagelanges Warten auf Testergebnisse sei ein "untragbarer Zustand": "Darüber hinaus ignoriert der Bildungsminister die Omikron-Variante mit Rekord-Infektionszahlen und schraubt die Matura-Anpassungen der vergangenen Jahre sogar zurück." Was Stich besonders ärgert: "Dass er Maturanten ausrichtet, man könne die Matura eh auch im Spital machen, wenn es notwendig wäre. All das erzeugt ein großes Maß an Unbehagen."

Paul Stich: "Würde die Regierung nur halb so viel Energie wie in die Ski-Lobby stecken, wären sichere Schulen gewährleistet."
Paul Stich von der Sozialistischen Jugend will über eine generelle Reform der Matura sprechen.
Sabine Hertel

"Für Matura-Abschaffung nicht zu haben"

Für Marchetti sei derzeit "die psychische Gesundheit der Schüler die drängendste Frage": "Da ist das Problem größer als die Lösung, die wir anbieten. Da würde ich sogar verstehen, wenn man streiken würde, denn da müssen wir nachbessern." Er möchte jetzt "Kräfte bündeln und nicht wechselseitig ständig Watschen austeilen". Nach der Matura könne man gerne über eine Reform der Reifeprüfung sprechen, "wenn am Ende keine Abschaffung stehen soll – dafür bin ich nämlich nicht zu haben", betont der Abgeordnete. Stich kann sich Projektarbeiten hingegen gut vorstellen: "Da kann man zeigen, wie man das Erlernte in der Praxis anwenden kann."

Die komplette Diskussion im Video: