Steiermark

Messer-Mord in Algerien: Prozess findet in Graz statt

Ein 25-jähriger Algerier wird beschuldigt, in seiner Heimat einen Mann erstochen zu haben. Er flüchtete nach Graz – hier findet nun der Prozess statt.

08.04.2022, 06:23
Teilen
Ein 25-jähriger Algerier wird beschuldigt, in seinem Heimatland einen 22-Jährigen erstochen zu haben. Der Prozess findet aber in Graz statt.
Getty Images

Alles ereignete sich im Dezember 2019. Bei einer wilden Rauferei unter zehn jungen Männern in Constantine, der drittgrößten Stadt Algeriens, kam es zu dramatischen Szenen: Ein 22-Jähriger starb, nachdem ihm ein Mann einen 16,5 Zentimeter tiefen Messerstich in den Brustkorb versetzte.

Seit nun mehr als zwei Jahren befasst sich aber ein Geschworenengericht in Graz mit dem Fall. Warum? Der Angeklagte verließ noch am Tag der Tat das nordafrikanische Land, ein internationaler Haftbefehl wurde ausgestellt. Einige Monate später wurde er dann in der Steiermark aufgegriffen, nachdem er zu Fuß auf der Pyhrnautobahn unterwegs war – seitdem sitzt er in Graz in U-Haft.

Todesstrafe in Algerien droht

Nach fast zwei Jahren U-Haft stellt sich die Frage, warum der Mann nicht nach Algerien zurückgebracht wird. Staatsanwältin Gudrun Jakopic erklärte am ersten Prozesstag, dass die österreichische Rechtsordnung vorsehen, dass ein Angeklagter nicht ausgewiesen werden darf, wenn ihm in seiner Heimat die Todesstrafe droht. Der 25-Jährige behauptet seinerseits vor Gericht, nicht der Mörder zu sein. Er erklärte, schon länger ausreisen zu wollen – er schien tatsächlich schon ein Visum für die Türkei zu haben. Dass seine Ausreise und der Mord am selben Tag passierten, sei "Schicksal" gewesen.

"Sehr mühsame" Kooperation mit Algerien

Der Angeklagte und sein Cousin, der noch in Algerien sein dürfte, schieben sich die Schuld gegenseitig zu. Es gestaltet sich äußerst schwierig, die Ereignisse an diesem Dezembertag im Jahr 2019 zu rekonstruieren. In der Rauferei sollen rivalisierende Gruppen von jungen Männern verwickelt worden sein. Die beiden Cousins standen in der Auseinandersetzung zwar auf derselben Seite, aber auch ihr Verhältnis dürfte von Streitigkeiten geprägt sein. Wie die Staatsanwaltschaft Graz behauptet, sei die Kooperation bei den Ermittlungen mit den algerischen Behörden "sehr mühsam" sein.

Qualität der Beweise "sehr zweifelhaft"

"Dreh- und Angelpunkt dieser Verhandlung wird sein, ob der Angeklagte oder sein Cousin dem Opfer die tödlichen Stiche zugefügt haben", so die Staatsanwältin. Die Anklage stützt sich auf Ermittlungsunterlagen aus Algerien – und diese belasten eindeutig den Angeklagten. Der 25-Jährige dazu: "Ich glaube mein Cousin belastet mich, weil ich ausgereist bin." Die Tatwaffe, ein Messer der Marke Okapi, wurde von der algerischen Polizei sichergestellt, jedoch ist eine Analyse der Fingerabdrücke oder DNA-Spuren bisher nicht in Österreich eingetroffen.

Anwalt Bernhard Lehofer, der als Pflichtverteidiger fungiert, sagt, dass die Qualität der Beweise aus Algerien "sehr zweifelhaft" sei, vor allem jener, die noch gar nicht geliefert wurden. "Es muss zumindest versucht werden, Zeugen zu laden. Und wenn wir sie nur per Videokonferenz anhören", fordert Lehofer. Er will zudem eine Analyse der Tatwaffe aus Algerien einfordern lassen – dies dürfte jedoch einige Monate dauern. Der Prozess wurde vertagt.

    30.04.2024: Angelina (15) totgefahren – keine Strafe für Lenker. Ein 55-Jähriger fuhr Angelina (15) mit dem Auto nieder, sie starb. Trotz Medikamenten-Überdosis wurden die Ermittlungen eingestellt. Die ganze Story hier >>>
    Sabine Hertel, Google Maps, zVg