Österreich

Mutter verblutete, zwei Ärzte müssen dafür zahlen

14.09.2021, 15:00
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Eine dreifache Mutter verblutete innerlich, zwei Ärzte unternahmen erst viel zu spät etwas dagegen. Am Donnertag bestätigte ein Gericht das Urteil: Die Mediziner müssen 12.000 und 20.000 Euro zahlen, denn: "Sogar ein Laie hätte erkennen können", dass die Frau dringend behandelt hätte werden müssen.

Eine dreifache Mutter verblutete innerlich, zwei Ärzte unternahmen erst viel zu spät etwas dagegen. Am Donnertag bestätigte ein Gericht das Urteil: Die Mediziner müssen 12.000 und 20.000 Euro zahlen, denn: "Sogar ein Laie hätte erkennen können", dass die Frau dringend behandelt hätte werden müssen. Das Urteil wegen fahrlässiger Tötung am Wiener Straflandesgericht ist rechtskräftig. Die Ärzte hatten nach dem ersten Schuldspruch Berufung eingelegt, blitzen aber ab. Sie hätten der Patientin "nicht die erforderliche Beachtung geschenkt", so Henriette Braitenberg, die Vorsitzende eines Berufungssenats. Katheter beschädigte Arterie Die 40 Jahre alte Frau wurde an einem Wiener Spital wegen einer schweren Nervenentzündung, die Lähmungserscheinungen bewirkte, behandelt. Am 2. Juni 2011 bekam die dreifache Mutter unterhalb des Schlüsselbeins einen zentralen Venenkatheter gesetzt, über den sie medikamentös behandelt und künstlich ernährt werden sollte. Das klappte allerdings erst beim dritten Versuch, und selbst dabei kam es - wie sich herausstellen sollte - zu einer Fehlpunktion. Eine Arterie wurde beschädigt. Faustgroßer Fleck am Röntgen - Ärzte reagierten nicht Das hätte auffallen müssen. Denn unmittelbar danach wurde die Patientin geröntgt. Dabei zeigte sich laut gerichtlicher Feststellung "eine faustgroße Verschattung". Obwohl das Röntgenbild mit dem - einem Gutachten zufolge - "alarmierenden Befund" auf einem Monitor im Ärztezimmer aufgerufen war, reagierten weder die Assistenzärztin noch der Oberarzt. Auch als sich die Blutwerte und der Blutdruck der Patientin drastisch senkten, geschah nichts. Der Oberarzt führte die "Unruhe" der 40-Jährigen eigener Aussage zufolge auf ihre Grunderkrankung zurück. Blutkonserven, Not-OP: Stunden zu spät Erst viele Stunden später, als es der Frau schon sehr schlecht ging, wurden notfallmedizinische Maßnahmen gesetzt. Der Patientin wurden Blutkonserven zugeführt, mit einer Operation versuchte man, ihr Leben zu retten. Es war allerdings zu spät. Die 40-Jährige starb am nächsten Morgen. Laut Gutachten hätte die Frau "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" überlebt, wäre auf das Röntgenbild lege artis - unverzügliche Durchführung einer Computertomografie und Beiziehung eines Gefäßchirurgen - reagiert worden. Ärzte versuchten, sich gegenseitig Schuld zuzuschieben Die beiden Ärzte schoben sich vor Gericht gegenseitig die Verantwortung zu und fühlten sich am Ableben der dreifachen Mutter "nicht schuldig". Die Assistenzärztin verwies darauf, sie habe dem Oberarzt das Röntgen "aktiv gezeigt". "Sie hat sich erwartet, dass er ihr eine Weisung, einen Hinweis erteilt. Dazu ist es nicht gekommen", stellte ihr Verteidiger Hannes Wallisch im Grauen Haus fest. Seine Mandantin habe "innerhalb ihres Verantwortungsbereichs" gehandelt. Der Oberarzt meinte, ihm wäre nur eine "punktuelle Aufsicht" über die Assistenzärztin zugekommen, die bereits eine abgeschlossene Ausbildung zur praktischen Ärztin sowie das Notarzt-Dekret in der Tasche gehabt hätte. Diese begrenzte Aufsichtspflicht habe er auch wahrgenommen. "Sogar ein Laie" hätte Hämatom erkannt Das Berufungsgericht schmetterte nach kurzer Beratung die Rechtsmittel der beiden Ärzte gegen ihre erstinstanzlichen Verurteilungen ab. Die Geldstrafen - 12.000 Euro für die Assistenzärztin, 20.000 Euro für den Oberarzt - wurden bestätigt. Das Verhalten der beiden quittierte die vorsitzende Richterin mit der abschließenden Bemerkung: "Sogar ein Laie hätte erkennen können, dass es sich um ein massives Hämatom (in Folge der Fehlpunktion, Anm.) gehandelt hat." Gegen die nunmehrige Entscheidung ist kein Rechtsmittel mehr möglich. Über allfällige berufliche Konsequenzen muss die Standesvertretung der Ärzte entscheiden. APA/red.