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Neuer Inspektor-Lynley-Roman: "Glaube der Lüge"

14.09.2021, 03:27
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Bild: BBC

Die Amerikanerin Elizabeth George gibt sich endlich wieder "very british". Fast zwei Jahre lang haben sich ihre Fans in Geduld üben müssen, bis die Autorin ihren neuen und mittlerweile 17. Inspektor-Lynley-Roman präsentierte. Nun geht es in "Glaube der Lüge" weiter in der beliebten Reihe um den adligen Polizisten.

Die Amerikanerin Elizabeth George gibt sich endlich wieder "very british". Fast zwei Jahre lang haben sich ihre Fans in Geduld üben müssen, bis die Autorin ihren neuen und mittlerweile 17. Inspektor-Lynley-Roman präsentierte. Nun geht es in "Glaube der Lüge" weiter in der beliebten Reihe um den adligen Polizisten. Der hatte im Roman davor ("Wer dem Tode geweiht"), nach dem gewaltsamen Tod seiner Frau und seines ungeborenen Kindes noch traumatisiert, den Dienst bei Scotland Yard wieder aufgenommen. Dieses Mal verschlägt es den Inspektor in den Nordwesten Englands, um in der Grafschaft Cumbria auf Bitten seines obersten Vorgesetzten undercover in einem Fall zu recherchieren, der eigentlich schon als Unfall zu den Akten gelegt wurde. Betroffen ist die reiche Familie Fairclough, die an unglaublichen Lügen und unausgesprochenen Wahrheiten zu zerbrechen droht. Lynley bemüht seine alten Freunde Simon und Deborah St. James, die ihm bei der Aufklärung helfen sollen. Und auch Kollegin Barbara Havers bittet er um Hilfe. Sonst darf niemand etwas von diesem Einsatz wissen, nicht einmal seine neue Chefin, die allerdings dahinter kommt. Konflikte sind also programmiert, ebenso Schwierigkeiten, die Lynley am Ort des Geschehens erwarten. Er wird in eine Familiengeschichte hineingezogen, die nach und nach etliche Tragödien, aber auch ein wenig Glück offenbart. Auch bei Barbara Havers, die heimlich von London aus die Ermittlungen unterstützt, tut sich einiges. Außer, dass sie sich auf Geheiß ihrer Chefin "ein angemessenes Äußeres" zulegen muss, wird sie mit Problemen ihrer pakistanischen Nachbarn konfrontiert, die sie nicht unberührt lassen. So nimmt der Leser wieder mehr oder weniger intensiv am Leben der altbekannten Hauptfiguren teil. George bemüht sich, sowohl bei Lynley und Havers, als auch bei den St. James' und anderen Personenkreisen Situationen des Alltags oder Nichtalltägliches überzeugend darzustellen. Das gelingt ihr nicht immer. Und auch mancher Charakter, manches Schicksal, manche Reaktion auf Ereignisse oder auf Gesagtes scheinen überzogen oder unfertig. Zum Beispiel schwächeln solche Figuren wie Zed, der naive, um nicht zu sagen dämliche Reporter einer Klatschzeitung, seine kupplerische Mutter und die ihnen zur Seite gestellte ausgebuffte Yaffa. Demgegenüber sind Lynleys Seelenqualen und sein kompliziertes Verhältnis zu der dem Alkohol zugeneigten Chefin gut nachvollziehbar. Neben den für George typischen analytischen Exkursen in die menschliche Psyche schwelgt die Autorin auch wieder in der mitunter gar zu ausführlichen Beschreibung der britischen Landschaft. Generell sind ihre Abschweifungen mitverantwortlich für den beträchtlichen Romanumfang, der inhaltlich sicher nicht gerechtfertigt ist. Trotzdem macht es wieder viel Spaß, sich mit Lynley und Havers in die kriminalistische Spur zu begeben und den scheinbar klaren Dingen auf den trüben Grund zu gehen. Interessant auch das Finale der Geschichte, die dieses Mal mit einer Art literarischem Cliffhanger endet. Elizabeth George: "Glaube der Lüge", Übersetzt von Norbert Möllemann und Charlotte Breuer Goldmann Verlag 700 Seiten 25,70 Euro