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"Wir mussten die Fenster einschlagen"

Bei heftigen Unwetter in Südspanien sind mehrere Menschen ums Leben gekommen. In der Provinz Almería wurde ein Campingplatz evakuiert.

13.09.2021, 15:56
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Der Starkregen der letzten Tage hat den Süden Spaniens im Chaos versenkt. "Wir wollten gestern von San Jose aus in den Nationalpark bei Cabo de Gata, doch auf den überschwemmten Straßen war kein Durchkommen", berichtet Urlauber Manuel Murbach, der über das Wochenende in die Provinz Almería gefahren ist. "Am Donnerstag und Freitag war der Regen sinnflutartig, zahlreiche Keller und Straßentunnel wurden geflutet. Aktuell beruhigt sich die Situation glücklicherweise. Man sieht überall Bagger, die das Wasser und den Dreck aus den Unterführungen schaufeln", sagt Manuel Murbach. Aufgrund der Wassermassen mussten rund 60 Personen von einem Campingplatz in Cabo de Gata evakuiert und in Notunterkünfte untergebracht werden. Betroffene schildern die dramatische Situation gegenüber "El Pais": "Wir haben Fenster eingeschlagen, sind auf Tische geklettert und haben dort stundenlang ausgeharrt."

Der Starkregen hat auch die Balearen heimgesucht. Ein "Heute.at"-Leser schreibt aus Ibiza: "Unsere Finca säuft ab." So schien es, als der Regen wie aus Eimern auf das Grundstück herabfiel. Das Haus blieb jedoch unbeschädigt.

Die Zahl der Todesopfer durch die schweren Regenfälle ist auf fünf gestiegen. Wie Rettungskräfte mitteilten, wurden am Freitag an verschiedenen Orten in Andalusien und der Region Valencia drei weitere Todesopfer entdeckt. In der Gegend von Redován, einer Ortschaft in der Region Valencia rund 50 Kilometer südwestlich der Stadt Alicante, wurde die Leiche eines Mannes gefunden, wie eine Sprecherin der Rettungsdienste am Freitag mitteilte. Details zu Todesumständen und Identität des Opfers nannte sie nicht.

Zuvor war zwischen den andalusischen Ortschaften La Jamula und Salazar sei die Leiche eines 36-jährigen Mannes entdeckt worden. Ein Sprecher der Rettungskräfte sagte, zunächst sei das verlassene Auto des Mannes geortet worden und später von einem Helikopter aus die Leiche des bereits vermisst gemeldeten Mannes.

Tunnel in wenigen Minuten geflutet

Aus der andalusischen Stadt Almería meldeten Rettungskräfte am Freitagmorgen, dass ein Mann "mittleren Alters" ertrunken sei. Er war demnach in einem Auto unterwegs gewesen und in einem Tunnel von Wassermassen eingeschlossenen worden. Der Tunnel wurde nach Angaben der Stadtverwaltung "innerhalb weniger Minuten von immensen Wassermassen geflutet". In dem von den Fluten eingeschlossenen Auto hätten insgesamt drei Menschen gesessen, sagte Almerías Bürgermeister Ramón Fernández-Pacheco dem spanischen Radiosender Cadena Ser. Ein Polizist habe zwei von ihnen aus dem Fahrzeug retten können, der dritte Insasse ertrank.

3.500 Menschen müssen Häuser verlassen

Bereits am Donnerstag waren die Leichen eines 61-jährigen Manns und seiner 51-jährigen Schwester in ihrem von Wasserfluten fortgerissenen Auto entdeckt worden. Das Unglück ereignete sich im Dorf Caudete in der zentralspanischen Region Kastilien-La Mancha. Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska sprach vor Journalisten von einer "ernsten Lage", rund 3000 Einsatzkräfte von Rettungsdiensten, Polizei und Armee seien in den Katastrophengebieten. Rund 3500 Menschen mussten wegen der Unwetter und Überschwemmungen ihre Häuser verlassen.

74 Straßen seien am Freitag wegen des Hochwassers gesperrt gewesen, führte der Innenminister aus. Auf Videoaufnahmen war zu sehen, wie Rettungskräfte auf Jet-Skis durch einen überschwemmten Autobahntunnel fuhren. In Redován in der Region Valencia wateten Einwohner durch kniehohes Wasser.

Flüge gestrichen

Der Flughafen der südspanischen Stadt Murcia blieb am Freitag geschlossen. 22 Flüge nach Palma de Mallorca wurden umgeleitet, wie die Flughafenbetreibergesellschaft Aena mitteilte. Der Regionalflughafen von Almería war mehrere Stunden lang geschlossen. Zwei Flüge mussten gestrichen und zwei weitere umgeleitet werden. Auch einige Zugverbindungen fielen aus. Der Südosten Spaniens wird seit Mittwoch von heftigen Regenfällen heimgesucht, vielerorts gab es Überschwemmungen. Nach Angaben von Meteorologen erlebten einige Orte der Region die schlimmsten Unwetter seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1917. Zahlreiche Schulen wurden geschlossen, allein in der Region Valencia waren rund 690.000 Schüler betroffen.