Mit einer Reihe von Maßnahmen will Umweltstadträtin Ulli Sima (SP) den Wienern helfen "kühlen Kopf" zu bewahren. Dazu zählen grüne Fassaden und kühle Plätze.
Einen Tag, bevor alle in Wien bis zu 30.000 Menschen für den Klimaschutz demonstrierten, stellte Umwelstadträtin Ulli Sima (SPÖ) bei der Klubtagung der SPÖ Wien im Burgenland ihr Maßnahmenpaket vor. "Wir sagen dem Klimawandel den Kampf an und setzen wirksame Maßnahmen gegen die immer stärker spürbaren Auswirkungen", betonte Sima.
In den letzten Jahren habe es fast doppelt so viele Hitze- wie Verkehrstote gegeben. "Allein 2018 gab es in Wien 41 Tropennächte, also Nächte, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad fiel. Aufgrund der vielen aufgeheizten Betonflächen, also Hitzeinseln im urbanen Raum, kühlt die Stadt nicht mehr ausreichend ab. Dadurch leidet die Bevölkerung, vor allem in dichtverbauten Gebieten und hier müssen wir auf vielen Ebenen handeln", unterstrich Sima.
Eben das will die Stadt mit verschiedenen Maßnahmen tun, darunter der Begrünung von Fassaden, der Schaffung neuer Grünflächen und kühler Plätze in der Stadt.
Um die Stadt und ihre Hitzeinseln abzukühlen, setzt Sima auf mehr Grünräume. "Sie sind die vielzitierten grünen Lungen der Stadt und ein besonders effektives Mittel gegen städtische Hitzefelder, die auf versiegelten Flächen entstehen".
Deshalb plant die Stadt Wien in den nächsten Jahren die Errichtung neuer Parkflächen in der Größenordnung von über 13 Hektar. Zu den 850 bestehen Parks sollen noch heuer weitere große Projekte dazu kommen, etwa die Neugestaltung des Reumannplatzes (Favoriten), die den Grünanteil um 13 % erhöht.
Im Herbst soll dann der Bau des 2,8 Hektar großen Elinor-Ostrom-Parks in der Seestadt Nord (Donaustadt) starten. Für das Jahr 2020 stellt Sima den Beginn der Bauarbeiten für den
neuen 9,3 Hektar großen Park am Nordbahnhofgelände (Leopoldstadt) mit Stadtwildnis und urbanen Terrassen in Aussicht.
An Plätzen, an denen aus unterschiedlichen Gründen keine Grünräume angelegt werden können, wären aus Sicht der Stadt kühlende Grünfassaden eine ideale Lösung. Die Stadt Wien unterstützt daher die Errichtung von großangelegten Vertikalbegrünungen, also natürlichen Klimaanlagen als wesentliche Abkühlungsmaßnahme. Derzeit geplant sind Fassadenbegrünungen auf über 150 Häusern in den nächsten Jahren, darunter auch Gemeindebauten, die Suche nach geeigneten Fassaden läuft gerade.
Der Denkmalschutz stelle hier kein Problem dar, da man Bauten aussuchen werde, die nicht geschützt sind, heißt es von der Stadt. Aus diesem Grund wird der begrünte Karl Marx-Hof (Döbling) nur eine Idee bleiben, denn dieser steht unter Denkmalschutz.
(Bild: Instagram Ulli Sima)
Zur lokalen Abkühlung in den Grätzeln sind seitens der Stadt verschiedene Modelle von "Nebelduschen" angedacht. "Feine Wassertröpfchen, die im öffentlichen Raum versprüht werden, senken die Umgebungstemperatur um bis zu elf Grad", rechnet Sima vor.
Für Erfrischung im Sommer sorgen die 60 km gratis Badestrände. Zu den bereits bestehenden freien Wasserzugängen an Alter Donau, Neuer Donau, Lobau und verschiedenen Badeteichen soll das Angebot laufend ausgebaut werden. Aktuell läuft die Neugestaltung des nächsten Abschnittes des CopaBeach auf 13.500m² mit Sandstrand, Grünterrassen und konsumfreien Bereichen, um Hitzetage in der Stadt angenehm und leistbar verbringen zu können.
"In Wien gibt es 480.000 Stadtbäume, jährlich kommen 3.000 Jungbäume dazu. Sie werden mit einem eigens entwickelten Spezialsubstrat versehen, um die Herausforderung der zunehmenden Hitzesommer besser zu bewältigen", so Sima.
Im Kampf gegen die Auswirkungen des Klimawandels setzt die Wiener Umweltabteilung (MA 22) und die Wiener Stadtgärtner auf eine Innovation, die sogenannte "Schwammtechnologie". Mit dieser werden großzügige Wurzelräume für die Bäume unter Straßen errichtet. Damit schafft man zum einen Versickerungsräume für Regenwasser und zugleich bessere Lebensbedingungen für die Bäume, denen die zunehmende Hitze der Stadt zusetzt.
Ein bei uns relativ neues, aber immer öfter auftretendes, Phänomen sind Starkregenereignisse, die immer wieder ganze Straßenzüge und Keller überfluten. Großangelegte, unterirdische Speicherbecken in Simmering, Favoriten und bald auch in Liesing sollen die Kanäle entlasten und einen aktiven Überflutungsschutz leisten. Das derzeit größte Speicherbecken befinde sich in Simmering mit einem Fassungsvolumen von 28,5 Mio. Liter Regenwasser, das entspreche 200.000 volle Badewannen. Das Speicherbecken auf der Gelben Haide in Liesing soll in den kommenden Jahren errichtet werden.
"Für uns sind der Klimawandel und die fatalen Folgen eng mit der sozialen Frage verknüpft. Gemeinsam mit den Bezirken wollen wir nun praxistaugliche Lösungen für alle Wienerinnen und Wiener finden", so Sima. Sie kündigt dazu ein mit den Bezirken ausgearbeitetes breites Maßnahmenpakt an, für das es von Seiten des Ressorts einen Fördertopf in der Höhe von 500.000 Euro für die nächsten zwei Jahre geben wird.
Das Bezirks-Paket soll neben unterschiedlichsten Begrünungsmaßnahmen und modernem Regenwasser-Management auch kühlenden Nebelduschen in den Grätzln und vieles mehr umfassen: "Wir sorgen gemeinsam dafür, dass Wien cooler wird und alle Menschen, unabhängig von ihrer Wohngegend oder ihrer Geldbörse, auch künftig gut in unserer Stadt leben können", so Sima.
Favoriten als 9.Klimabündnisbezirk
Seit Jänner 2019 ist Favoriten neues Mitglied im österreichweiten Klimabündnis, in dem sich Gemeinden und Bezirke für eine aktive Arbeit für den Klimaschutz engagieren. Heute Nachmittag findet dazu im Amtshaus Favoriten (ab 15 Uhr) eine Festveranstaltung statt.
"Mit der erfolgreichen Umsetzung der Rasengleise bei der Straßenbahnlinie D im Sonnwendviertel und dem Beitritt zum Klimabündnis haben wir es geschafft, den Bezirk aus dem Umwelt-Dornröschenschlaf aufzuwecken. Erst durch den Wechsel der SPÖ Bezirksvorstehung werden die von uns jahrelang geforderten klimaschutzrelevanten Themen endlich ernst genommen", erklärt Wolfgang Schöpp, Klubobmann der Grünen Favoriten.
Jedoch dürfe es nicht bei Symbolpolitik bleiben, sondern es müssten konkrete Schritte folgen. Dazu gehört für die Grünen vor allem mehr Grünräume: "Rasengleise dürfen nicht mehr die Ausnahme, sondern müssen die Regel darstellen und überall zum Einsatz kommen. Konkret auf der neuen Streckenführung der Straßenbahnlinie 11. Fassadenbegrünungen sollten stärker in die Planung von neu gebauten öffentlichen Gebäuden mit einfließen, wie etwa bei neuen Schulbauten wie dem FH Campus Wien am Verteilerkreis", so Schöpp. (lok)