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"Blackguards 2" im Test – eine vergebene Switch-Chance

Das jahrelange Warten hat ein Ende: "Blackguard 2", eines der bis heute legendärsten Strategie-Rollenspiele, hat nun endlich eine Switch-Umsetzung.

Rene Findenig
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"Blackguards 2" büßt auf der Nintendo Switch nichts von seiner Genialität ein – im Gegenteil.
"Blackguards 2" büßt auf der Nintendo Switch nichts von seiner Genialität ein – im Gegenteil.
Deadalic Entertainment

Das im "Das schwarze Auge"-Universum angesiedelte taktische Rollenspiel "Blackguards 2" erschien bereits Anfang 2015 für PC und bekam zwei Jahre später auch eine Konsolen-Version für PlayStation und Xbox. Obwohl es um weitere Veröffentlichungen danach ruhig wurde, hielt der Hype auch abseits der Fan-Community bis heute an. Nun dürfen Spieler endlich auch auf der Nintendo Switch das Strategie-Rollenspiel erleben, das mit herausfordernden Kämpfen, klassischem rundenbasierten Gameplay, einer großen spielerischen Freiheit und einer düsteren Story zu überzeugen weiß.

"Blackguards 2" knüpft an den Vorgänger "The Dark Eye: Blackguards" an und stellt uns die junge Cassia vor, die einen Traum lebt: Sie will über die Spielwelt Aventurien herrschen, koste es was es wolle und sei es nur von kurzer Dauer. So leicht soll sich das aber nicht gestalten. Das Problem ist gar nicht so sehr, dass das Land von Schwerkriminellen nur so wimmelt, sondern dass Cassia selbst im Kerker gefangen gehalten wird, während ihr so heiß begehrter Thron bereits besetzt ist. Der Plan ist deshalb so irre wie spannend: Eine angeheuerte Söldnerarmee soll sie befreien und das gesamte Land erobern.

Der zweite Teil setzt beim Spielen viel Wissen voraus

Zum Start des Spiels gelingt unsere Protagonistin gleich einmal die Flucht aus dem Kerker, der sie über die vielen Jahre hinweg wahnsinnig werden ließ. Getrieben vom Wunsch nach Rache und Herrschaft läuft sie in "Blackguards 2" vielen aus dem Vorgänger bekannten Gesichtern über den Weg und wird mit Ereignissen konfrontiert, die es Neueinsteigern etwas schwer machen. "Blackguards 2" setzt nämlich viel Wissen aus der Serie voraus und hält sich für Neulinge nicht lange mit Rückblicken und Erklärungen aus. Kenner sind in Sachen Story da im Vorteil, Neulinge müssen sich erst richtig einlesen.

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    "Blackguards 2" knüpft an den Vorgänger "The Dark Eye: Blackguards" an und stellt uns die junge Cassia vor, die einen Traum lebt: Sie will über die Spielwelt Aventurien...
    "Blackguards 2" knüpft an den Vorgänger "The Dark Eye: Blackguards" an und stellt uns die junge Cassia vor, die einen Traum lebt: Sie will über die Spielwelt Aventurien...
    Daedalic Entertainment

    Richtig, einlesen ist hier das Stichwort. Zwar bietet "Blackguards 2" auch einige kurze Video-Inszenierungen, der Großteil der Geschichte und der Wendungen wird aber mit teils ellenlangen englischen Texten an die Spielerin und den Spieler gebracht. Deutsche Untertitel gibt es aber zumindest. Dazu kommt eine recht steile Lernkurve, denn in den klassischen und rundenbasierten Kämpfen verzeiht der Titel wenige Fehler. Ist die Söldner-Truppe, die man aus rund 20 verschiedenen Kämpfern bestücken kann, nicht gut ausbalanciert, zieht man bereits in den ersten taktischen Gefechten den Kürzeren.

    Auf dem Schlachtfeld ist das Game weiter großartig

    Gleiches gilt auch für die Bewegungs-Entscheidungen. Ganz klassisch können die Figuren Runde für Runde über die sechseckigen Kacheln des Spielfelds zu den feindlichen Truppen bewegt werden, übermütige Spieler verlieren dabei aber schnell die Vorhut der Truppe. Besonders macht das Gameplay abseits anderer klassischer Taktik-Titel vor allem eines: Spieler dürfen mit einem eigenen Punkte-Pool auswählen, welche Krieger und Söldner der eigenen Truppe zu welcher Zeit vorrücken oder angreifen dürfen. Das Bestimmen, wann stärkere und schwächere Einheiten kämpfen, bringt Würze ins Spiel.

    Zudem gewinnt nicht unbedingt die Truppe, die zahlen- und stärkemäßig überlegen ist – auf den Kampffeldern gibt es je nach Umgebung einige Besonderheiten auszunützen. Spieler dürfen Fallen legen und die Gegebenheiten etwa durch das Verschieben von Kisten zu ihren Gunsten verändern oder Objekte wie Kronleuchter aus der Entfernung auf unachtsame Feinde herabstürzen lassen. Neben jeder Menge Waffen und Ausrüstung kommen außerdem auch Zaubersprüche zum Einsatz und im Verlauf des Spiels bekommt man Begleiter zur Seite gestellt, die jeweils über eigene Skill-Trees verfügen.

    Das Gameplay begeistert, die Technik nicht mehr so

    Die spielerische Freiheit zeigt sich aber auch abseits des Schlachtfelds. So dürfen Zocker bestimmen, ob sie als Magierin, Schwertkämpferin oder in Dutzenden anderen Varianten als Erobererin auftreten wollen, ob an Gefangenen Rache geübt werden soll, sie für das eigene Heer rekrutiert werden oder gar freigelassen werden. Das entscheidet dann auch, ob wir möglicherweise strategisch wichtige Details zu anstehenden Kämpfern und vor uns liegenden Schlachtfeldern erfahren. Bestimmt darf auch werden, in welchen Bereichen sich unsere Soldaten im Kampf spezialisieren sollen.

    Da immer nur eine begrenzte Anzahl von Söldner für uns kämpfen darf, braucht es einen guten Riecher für eine ausgewogene Besetzung der Kampftruppe, gleichzeitig ist der Wiederspielwert enorm hoch. Dass eroberte Städte mit Fallen gespickt und bewacht werden müssen, und das immer und immer wieder, ist da nur ein kleines Manko im sonst so abwechslungsreichen Game. So sehr aber das Gameplay auch heute noch begeistert, die Technik wirkt mittlerweile etwas angestaubt. Das Spiel läuft eher gemächlich ab, der Lesestoff könnte viele Fans moderner Strategiespiele abschrecken und auch sonst hapert es.

    Fazit: Gut, aber auf der Switch auch eine vergebene Chance

    Die Kamera kann nur eingeschränkt bewegt werden und lässt Spieler oft angreifende Einheiten gar nicht erkennen, bis sie nahe genug gekommen sind. Das ist wohl das größte Manko des Games, das in der Switch-Version dringend überarbeitet gehört hätte. Die Landschaften aus der Iso-Perspektive sind außerdem zwar sehr detailliert aufbereitet, gleichen sich aber nach wenigen der rund 20 Spielstunden immer wieder. Und die Sprachausgabe wie die Soundeffekte gehen eher als durchschnittlich denn gut durch und werden nur von dem eigentlich recht anhörbaren Soundtrack gerettet.

    Betrachtet man das Gameplay alleine, zählt "Blackguards 2" auch all die Jahre nach seinem ursprünglichen Erscheinen zu den besten taktischen Rollenspielen und hat sich seinen Platz auf der Nintendo Switch verdient. Schade ist aber, dass die Entwickler die Möglichkeit nicht genutzt haben und besonders grobe Mankos wie die Kameraführung und die Textflut auf der Nintendo Switch nicht modernisiert haben. So bleibt "Blackguards 2" zwar ein gutes – wenn nicht großartiges – Game für Strategie-Fans, erweckt aber gerade auf der Nintendo Switch auch den Eindruck einer vergebenen Chance.