250 Beratungen pro Tag

Bedarf an psychosozialer Versorgung bei Kindern steigt

Laut Experten stehen die Kinder unter zu viel Druck. Der Bedarf an psychosozialer Versorgung steigt enorm. Der Wunsch nach Sicherheit ist groß. 

Niederösterreich Heute
Bedarf an psychosozialer Versorgung bei Kindern steigt
Immer mehr Kinder leiden unter psychischen Problemen.
Getty Images/iStockphoto

Die Nachwirkungen der Pandemie, der Krieg gegen die Ukraine, der neu hinzugekommene Gaza-Konflikt sowie die Teuerungen stellten die Psyche von Jung und Alt erneut auf eine harte Probe. Viele Kinder sind verunsichert und suchen sich Hilfe wie eine aktuelle Aussendung von Rat auf Draht zeigt. Stress in der Schule oder in der Familie belasten Kinder und Jugendliche in NÖ.

Psychischen Belastungen bei Kids sehr hoch

Allein über Kanäle der Notrufnummer 147 für Kinder und Jugendliche (Telefon, Online, Chat) wurden 2023 insgesamt rund 250 Beratungen pro Tag geführt. "Die Stimmung unter Kindern und Jugendlichen ist tendenziell etwas besser geworden. Klassische Teenager-Themen wie Liebeskummer, Beziehungsprobleme, die Peer Group oder Sexualität sind mehr in den Vordergrund getreten. Trotzdem sind die psychischen Belastungen bei jungen Menschen nach wie vor sehr hoch, was sich auch in den Gesprächen widerspiegelt", sagt 147-Leiterin Birgit Satke.

Sextortion ist stark angestiegen

So stiegen die Beratungen zu depressivem Verhalten im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent auf 733 (Stand 9. Dezember 2023), selbstverletzendes Verhalten nahm um 18 Prozent zu (739 Beratungen). "Auch die Anfragen zu Suizidalität sind weiter hoch und dürften zu Jahresende auf einem ähnlichen Niveau wie im Vorjahr liegen", sagt Satke (1228 Beratungen bis 9.12.2023). Hinzu kommen steigender Leistungsdruck und Zukunftsängste, die besonders Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu schaffen machen. Stark gestiegen sind auch Beratungen zu Sextortion, der Erpressung mit Nacktfotos oder -videos über Social Media - im Vergleich zu 2022 um 29 Prozent. 

Ist kein Tabu-Thema

Satke: "Psychische Erkrankungen werden nach wie vor oft als Tabu-Thema behandelt. Neben der körperlichen sollte die seelische Gesundheit endlich stärker in den Fokus rücken und wahrgenommen werden. Eine Enttabuisierung wäre dringend nötig. Menschen müssen ermutigt werden, die meist vorhandenen Signale bei Jugendlichen mit psychischen Belastungen zu erkennen, diese ernst zu nehmen, das Gespräch zu suchen und bei Bedarf professionelle Unterstützungsangebote wie Rat auf Draht zu nutzen", so Satke. Außerdem wäre der Ausbau von Therapieangeboten für Jugendliche wünschenswert.

Man sollte genauer hinschauen und darüber nachdenken, wie man jungen Menschen dieses Gefühl der Sicherheit geben kann, damit sie sich gut entfalten und ihren eigenen Weg ohne Ängste bestreiten können.
147-Leiterin Birgit Satke

Das kommende Jahr dürfte laut Experten nicht minder fordernd werden: Kinder und Jugendliche sehnen sich angesichts der aktuellen Geschehnisse noch mehr nach Sicherheit, Geborgenheit und emotionaler Zuwendung. "Hier sollte man genauer hinschauen und darüber nachdenken, wie man jungen Menschen dieses Gefühl der Sicherheit geben kann, damit sie sich gut entfalten und ihren eigenen Weg ohne Ängste bestreiten können“, so Satke. Denn psychische Belastungen, Zukunftsängste, Leistungsdruck, die Angst, sich keine eigene Existenz aufbauen zu können, Herausforderungen im Bereich der digitalen Medien und Umwelt/Klimaveränderungen werden junge Menschen in Österreich auch 2024 beschäftigten.

Chatberatung wird ausgebaut

Auch Rat auf Draht wird das Angebot noch stärker auf die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen zuschneiden und modernisieren. Daher wird die Onlineberatung (Anfragen werden zeitverzögert via Mail beantwortet) mit Ende 2023 eingestellt und die Chatberatung ausgeweitet werden. "Jugendliche verbringen einen großen Teil ihres Alltags in der digitalen Welt. Schriftliche Beratungskanäle werden immer wichtiger, besonders jene, wo das Feedback in Echtzeit erfolgt. Dem wollen wir Rechnung tragen", so Satke.

Hier bekommst du Hilfe: 

Die Notrufnummer 147, die sich ausschließlich an Kinder & Jugendliche richtet, ist in dieser Form Österreichs einziger derartiger Service. Hier finden Österreichs Kinder und Jugendliche 24h Hilfe und Beistand bei allen herausfordernden Situationen des Lebens - kostenlos & anonym. Zwei schriftliche Beratungskanäle (Online- und Chatberatung) runden das Angebot ab. Mehr Infos unter: www.rataufdraht.at
Die Elternseite (elternseite.at) ist ein Unterstützungsangebot von Rat auf Draht für Eltern und Bezugspersonen von Kindern zwischen 0 und 24 Jahren. Sie steht Eltern mit Online-Video-Beratung durch Expert*innen, hilfreichen Informationen und Webinaren zur Seite. Eine Terminbuchung im Onlinekalender ist 24h möglich. Mehr Infos unter: www.elternseite.at

red
Akt.