Österreich

Fall Kührer: Sitzt Falscher wegen Mordes in Haft?

Knalleffekt im Fall Julia: Neben Verfahrensmängeln rund um den Tod der 16-Jährigen ortet Anwalt Blaschitz nun politische Einflussnahme.

Heute Redaktion
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Neben dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, bei dem der 55-jährige Videothekenbetreiber Michael K. 2014 des Mordes an Julia Kührer schuldig gesprochen und zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde, ortet der Verteidiger des Mannes, Wolfgang Blaschitz, letztlich sogar Politwillkür, die angeblich hinter dem "Fehlurteil" stehen könnte.

Zur Erinnerung: Die Schülerin aus Pulkau (NÖ) war im Juni 2011 nach jahrelanger Abgängigkeit quasi "um die Ecke", in ihrem Heimatort Pulkau skelletiert und teilweise verbrannt in einem Erdkeller gefunden worden. Erster Reflex: Der Besitzer des Grundstückes, Michael K. eben, hätte das in der örtlichen Drogenszene verkehrende Mädchen getötet dann unter einer Decke versteckt und in seinem Keller angezündet, um alle Spuren zu verwischen. Der Erstverdacht nährte sich auch aus der Tatsache, dass Michael K. – er sitzt seither in der Strafanstalt Stein – Jugendliche im Bezirk mit Partydrogen versorgt hatte.

Politische Einflussnahme?

Nun jedoch will der Advokat genug Indizien gesammelt haben, um eben die Neuaustragung des Verfahrens zu erreichen.

Und dazu gehört letztlich auch eine politische Verdachtslage. Blaschitz: "Die Schwester der jetzigen Landshauptfrau Mikl-Leitner betreibt in der Region eine große Landwirtschaft. Und der damalige Freund von Julia, Thomas S., gehört einer hochwohl angesehenen Familie aus der Gegend an."

Der Spin des Verteidigers sieht darob wie folgt aus: Die höchste Politik – also der damalige Landshauptmann und Mikl-Vertraute Erwin Pröll hätte es notdürftig lieber gesehen, wenn ein "einfacher Mörder" vor Gericht stünde und der damalige Freund des Mädchens – er war kurz in U-Haft gesessen – außer Obligo bliebe.

OLG reduzierte Strafe

Weiteres "Indiz" dafür ist laut Blaschitz auch die spätere Aufhebung des Ersturteils "lebenslang" durch das "politisch diesbezüglich unabhängige" Oberlandesgericht in Wien und die Herabsetzung des Urteils auf 20 Jahre Haft.

Tatsächlich könnte die Tat auch ganz anders abgelaufen sein. Annahme: Julia Kührer ist im Zuge einer Drogenparty an einer Überdosis gestorben und wurde von anderen Jugendlichen dann im Keller des Michael K. "abgelegt". Blaschitz: "Ich bin mir sicher, dass wir den Fall jetzt aufklären können."

Bruder will Täter entlasten

Tatsächlich sprechen mehrere Gründe gegen die von dem Gericht in Korneuburg vorgebrachten Indizien:

Michael K. als "Täter" müsste schon an Grenzdebilität gelitten haben, wenn er "sein" Opfer unweit des eigenen Hauses versteckt.

Die DNA-Analyse jener Decke, mit der die Leiche verhüllt worden war, ist laut Blaschitz "extrem mangelhaft" und selbst der Bruder des Opfers, Stefan Kührer, will – wie die "Krone" berichtet – mit neuen Indizien für eine Wiederaufnahme des Verfahren kämpfen.

Neuer Richtersenat

Wenn, dann allerdings mit einem anderen Richtersenat als im ersten Prozess. Denn der, so Blaschitz, könnte damals ja womöglich auch politisch beeinflußt worden sein.

Insgesamt sollen in dieser Woche noch fünf weitere diesbezügliche Beweisanträge eingebracht werden.