Österreich

Diagnosefehler: Junge Frau sitzt nun im Rollstuhl

Heute Redaktion
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Mit Schmerzen in den Fingern fing es bei Marija P. im Alter von 17 Jahren an, heute sitzt sie im Rollstuhl. Im Spital wurde eine unzureichende Diagnose erstellt.

Unfassbarer Leidensweg für eine junge Steirerin (heute 23). Als Schülerin hatte sie mit 17 Jahren erstmals Schmerzen in Fingern, Knie und Knöchel - der Hausarzt stellte folgende Diagnose: Rheuma. Doch in den nächsten Monaten verschlimmerte sich der Zustand der Weizerin, als das linke Bein taub wurde, fuhr sie im August 2012 ins Grazer Spital, war zehn Tage stationär im Klinikum, wurde dann entlassen.

Doch nach der Entlassung ging der Alptraum richtig los: Die Schmerzen wurden immer ärger, sie konnte nicht mehr schlafen, nahm in wenigen Wochen elf Kilo ab, war Ende September wieder einige Tage im Spital - wurde mit Schmerzmitteln wieder nach Hause geschickt. In den Folgemonaten spitzen sich die Beschwerden zu: die Schmerzen dehnten sich auf den ganzen Körper aus, dazu kamen Fieberschübe und Erbrechen.

Lupus statt Rheuma

Erst Ende April 2013 kamen die Ärzte auf den Verdacht von SLE (Systemischer Lupus erythematodes). Marija P: "Und das hätten die Mediziner bereits bei den Spitalsaufenthalten 2012 erkennen müssen." Denn: Die junge Frau ist jetzt vom Bauch abwärts gelähmt, die oberen Extremitäten sind oft verkrampft, sie ist ein kompletter Pflegefall, muss Opiate gegen die unerträglichen Schmerzen einnehmen. Zahlreiche Gutachten wurden eingeholt, 2016 ein Antrag bei der Schlichtungsstelle für Steiermark gestellt.

Der Sachverständige kam zu einem klaren Ergebnis: Hätte man die Autoimmunerkrankung im September/Oktober 2012 erkannt und die richtigen therapeutischen Maßnahmen gesetzt, wäre die Grunderkrankung wahrscheinlich 2013 gar nicht aufgeflammt und wenn doch, dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in stark abgedämpfter Form.

Entschädigung? Fehlanzeige

Mit drei positiven Gutachten in der Tasche hatte die junge Patientin zumindest Hoffnung auf eine finanzielle Einigung mit der KAGes als Rechtsträger des LKH Graz. Doch im Mai 2017 zog die KAGes das Einverständnis zur Durchführung eines Schlichtungsverfahrens zurück. Über die Grazer Anwältin Karin Prutsch musste Marija P. im Sommer 2017 bei Gericht Klage über 130.000 Euro Schadensersatz (davon 75.000 Euro Schmerzensgeld) einbringen.

Anwältin Karin Prutsch: "Die Erklärung der KAGes war unglaublich lapidar, das ganze Führen des Schlichtungsverfahrens war umsonst und zeitraubend und zudem menschlich ein schwerer Schlag ins Gesicht der jungen Frau." Übrigens: Marija P. ist in einer Selbsthilfegruppe für Lupus-Erkrankte und dort die einzige, die im Rollstuhl sitzt. "Weil es eben zu verhindern gewesen wäre", ist Karin Prutsch überzeugt.

J.Lielacher (Lie)