Szene

"Barry Seal": Drogenkurier mit staatlicher Sanktion

Der nächste Film aus dem Dunstkreis von Escobar und des kolumbianischen Koks-Exports. Dieser hier mit Tom Cruise - und überraschend gut.
Heute Redaktion
13.09.2021, 23:12

Während Drogenkriminalität und Kalter Krieg die Medien in Beschlag nehmen, langweilt sich Pilot Barry Seal (Tom Cruise) in seinem Job so sehr, dass er beim Nachtflug schon mal Turbulenzen simuliert, um der Routine ein bisserl Action einzuimpfen. Da kommt es ihm mehr als gelegen, dass der junge CIA-Mann Schafer (Domhnall Gleeson) ihm ein aufregendes Stellenangebot unterbreitet...

Mit einer Propellermaschine flitzt Seal fortan über potentielle Kommunistennester in Mittelamerika, um Fotos der roten Bedrohung zu schießen. Durch seine tollkühnen Einlagen wird das Medellin-Kartell (Ochoa, Lehder, Escobar) auf ihn aufmerksam und wirbt den Piloten als Drogenkurier an. Der CIA ist's egal, solange sie weiterhin ihre Bilder bekommt.

In den folgenden Jahren steht Seal immer wieder knapp davor, ins Gefängnis zu wandern. Doch gerade wenn seine Lage aussichtslos scheint und der Kerkermeister schon mit den Schlüsseln rasselt, greifen die amerikanischen Behörden ein, halten ihre schützende Hand über den Mann und geben ihm neue, irrwitzige Aufgaben.

Unterhaltung mit Tiefgang

"Barry Seal - Made in America" ist eine Art "The Big Short" im Drogenmilieu der Achtziger. Soll heißen, das ernste Thema wird mit viel Witz und diversen Kamera-Spielereien (vom Vlog- bis zum Musikvideostil) auf Komödie gebogen. Das sorgt neben großartigen Lachern auch für heftiges Kopfschütteln und heruntergeklappte Kinnladen.

"Barry Seal" gelingt ein interessanter, eigenständiger Zugang zum frühen "War on Drugs" der USA, der derzeit in zahlreichen TV- und Kinoproduktionen verarbeitet wird. Pablo Escobar, dem mit der Netflix-Serie "Narcos" ein kontroverses, aber in jedem Fall unvergessliches Denkmal gesetzt wurde, taucht hier beispielsweise nur als Nebenfigur auf. Generell dreht sich der Film um die Narrenfreiheit, Skrupellosigkeit und Doppelmoral der amerikanischen Politik, konkret um das Pokern der Reagan-Administrative mit Verfassungsrechten und Menschenleben.

Der Originaltitel "American Made"bringt die Essenz des Streifens auf den Punkt, die deutsche Fassung "Barry Seal - Only in America" verbannt die Kernaussage hingegen in den Untertitel und ist deutlich schlechter gewählt. Die zentrale Figur, der naive Glücksritter mit seiner perversen Version des amerikanischen Traums (Tom Cruise glänzt wie schon lange nicht in dieser Rolle!), ist hier schließlich nicht großer Player, sondern lediglich Spielball.

"Barry Seal" startet am 7. September in den österreichischen Kinos.

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