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"Before Midnight": Vom Sterben einer Liebe

Heute Redaktion
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Wiedersehen mit dem Kino-Traumpaar: Julie Delpy und Ethan Hawke sind nach "Before Sunrise" und "Before Sunset" nun wieder ein Leinwand-Paar und kämpfen mit Beziehungssorgen.

Wiedersehen mit dem Kino-Traumpaar: Julie Delpy und Ethan Hawke sind nach "Before Sunrise" und "Before Sunset" nun wieder ein Leinwand-Paar und kämpfen mit Beziehungssorgen.

Achtzehn Jahre sind seit ihrer ersten Begegnung vergangen, und inzwischen sind Celine und Jesse Eltern von Zwillingen. "Before Midnight"  ist der dritte Teil von Richard Linklaters "Before"-Trilogie mit Julie Delpy und Ethan Hawke. Die beiden sind mittlerweile ein Paar in ihren 40ern und leben mit ihren Kindern in Paris. Im ausklingenden Sommerurlaub in Griechenland haben sie endlich wieder einmal Zeit zu reden - und dabei wird äußerst wortgewandt in nur sieben Sequenzen die Paarbeziehung im Konkreten und im Allgemeinen verhandelt.

Ausgangspunkt der mehr als eineinhalbstündigen intelligenten Diskussion zwischen Celine und Jesse sind dessen Selbstvorwürfe, dass er die Kindheit seines 13-jährigen Sohnes verpasst, den er gerade wieder in den Flieger nach Chicago gesetzt hat. Doch Celine hat keine Ambitionen nach Chicago zu ziehen, ganz im Gegenteil wartet auf sie ein gutes Angebot in Paris. Aus diesem Zwiespalt bezieht "Before Midnight" seine dramaturgische Energie, ohne sich allzu lang mit diesen Zukunftsplänen aufzuhalten. Vielmehr beginnen Celine und Jesse eine retrospektivische Analyse ihrer Paarbeziehung bis zum Jetztzustand, offen, schonungslos, scharfzüngig und erschütternd.

Dialogmarathon   

Dabei beginnt der außergewöhnliche Dialogmarathon entspannt und gut gelaunt, die Autofahrt vom Flughafen zurück zum Anwesen des Autors Patrick, der Jesse nach Griechenland eingeladen hatte, hat mehrfach klassische Woody-Allen-Momente und macht klar, dass die beiden Protagonisten ihre Entscheidung füreinander nicht bereuen, die Romantik aber angesichts von komplizierten Lebensorganisationsabläufen zu kurz kommt. Zurück auf der wunderschönen Anlage von Patrick bewegen sich Jesse und Celine in den traditionellen Mustern: Während er mit den anderen Männern die Literatur bespricht, bereitet sie gemeinsam mit den Frauen das Essen vor, das einen zentralen Punkt im Film einnimmt.

Keine Romantik

Linklater hat dafür das Zwei-Personen-Konzept aus "Before Sunrise" und "Before Sunset" aufgebrochen und lässt eine muntere Runde verschiedener Generationen (darunter "Attenberg"-Regisseurin Athina Rachel Tsangari) über die Liebe und das Leben im digitalen Zeitalter diskutieren. Was folgt, ist ein langer Spaziergang von Jesse und Celine - und der lockere Plauderton vom Esstisch verwandelt sich rasch in ein persönliches Gespräch, dessen Stimmung sich von Minute zu Minute ändert und das die alten und neuen Wunden der komplizierten Beziehung offenlegt. Im Hotelzimmer angekommen, das ihnen für eine romantische Nacht geschenkt wurde, fliegen dann bald die Fetzen.

Resümee

Würde man den Plot des Films einfach nur in aller Kürze beschreiben, könnte das durchaus billig bis kitschig wirken. Doch die Figuren aus Linklaters Universum sind so lebendig, so voller Leben und Authentizität, dass immer wieder höchst wahrhaftige Momente entstehen - und sie haben nichts von ihrem einstigen Charme verloren. Ein wunderbares Kinopaar mit Schwächen also, das dem Zuschauer wohl genau deshalb so nah ist - er, selbstverliebt, wortgewandt und mit sich und der Welt größtenteils zufrieden, sie, selbstbewusst und mit Aufopferungswillen, aber auch mit einer Grundskepsis gesegnet. In "Before Midnight" prallen sie nun wieder aufeinander - und es sprühen die Funken.

Filmstart in den heimischen Kinos ist am 7. Juni 2013