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"Bergsteiger warten bis zu zwei Stunden in der Kälte"

Heute Redaktion
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Auf dem Mount Everest herrscht zurzeit Stau. Mindestens zehn Personen verloren in dieser Woche ihr Leben. Der Schweizer Bergsteiger Kari Kobler über die Lage vor Ort.

Am Mount Everest hat es seit Saisonstart vor einer Woche schon mehr Todesopfer, darunter auch ein Österreicher, gegeben als im gesamten vergangenen Jahr – "Heute.at" berichtete. Mehre Hundert Bergsteiger drängten in einer kurzen Schönwetter-Phase auf den Gipfel. Der erfahrene Kletterer Kari Kobler schildert gegenüber dem Schweizer Nachrichtenportal "20 Minuten", wie gefährlich die derzeitiger Lage auf dem höchsten Berg der Welt ist:

Herr Kobler, Sie waren gerade erst auf dem Mount Everest und befinden sich nun auf der Basis auf einer Höhe von 5200 Metern. Was sagen Sie zur aktuellen Situation auf dem Gipfel des Mount Everests?

Die Bergsteiger haben jedes Jahr während der Hauptsaison nur wenige Wochen Zeit, den Berg zu erklimmen. Aktuell wird die Situation vor Ort durch mehrere Gegebenheiten weiter verschärft: Bisher war das Wetterfenster sehr kurz. Es gab gerade einmal zwei Tage, an denen die Bergsteiger nach oben konnten. Auch gab es auf der Nordseite kaum Schnee, es war sehr trocken. Dadurch dauerte der Aufstieg fast 30 Prozent länger, was an den Kräften zehrt. Zudem ist es so, dass die Nordseite im Tibet liegt, die Südseite in Nepal. Während der Tibet nur eine bestimmte Anzahl von Besteigungsbewilligungen herausgibt, kann jeder für die Route in Nepal eine Bewilligung erhalten. Dadurch gibt es viel zu viele Bergsteiger, die zum Gipfel wollen. So soll es auf der Südseite zu Wartezeiten bis zu zwei Stunden gekommen sein. Da wir aber auf der Nordseite so wenige sind, sprechen wir uns untereinander ab. Wenn wir gestaffelt losgehen, können wir Staus vermeiden.

Auf welcher Seite kommt man denn besser rauf?

Auf der Nordseite. Ich selbst werde nie mehr die Südseite nehmen. Es sind zwar beide Normalrouten, die auf der Südseite ist mir aber zu gefährlich. Auch sind auf der Nordseite bisher zwei Personen verstorben. Die Restlichen auf der Südseite.

Was ist es für ein Gefühl da oben zu sein?

Einfach unbeschreiblich. Ich bin drei Mal von der Südseite und sechzehn Mal von der Nordseite her auf den Mount Everest gestiegen. Richtig genießen konnte ich es aber erst nach dem zweiten oder dritten Mal. Der Weg bis zum Gipfel ist einfach sehr anstrengend.

Und wie ist es mit der Warterei?

Warten ist nirgends ein schönes Gefühl (lacht). Wenn man noch dazu in der Kälte warten muss, ist es schlimmer. Das Wetter ist da oben aber nicht immer gleich. So stand ich schon im Pullover auf dem Gipfel und in anderen Fällen musste ich diesen in nicht einmal zwei Minuten verlassen, weil es so kalt war. Trotzdem bin ich der Meinung, dass diese Warterei ein Ende haben muss. Dies könnte man beispielsweise dadurch erreichen, dass man die Besteigungsbewilligungen einschränkt. Oder nur die zum Mount Everest zulässt, die bereits einen 7-oder 8.000er bezwungen haben. Man darf nicht vergessen: Für viele ist der Mount Everest der erste 8.000er.

Wie kann man sich am besten auf die aktuelle Situation auf dem Mount Everest vorbereiten?

Die Kälte lässt sich gut aushalten, wenn man gute Kleider hat. Es gibt spezielle Daunenanzüge für Höhenbergsteiger. Außerdem sollte man Sauerstoff dabei haben. Das machen aber bereits 99 Prozent der Bergsteiger.

Falls es einmal länger dauern sollte: Gibt es die Möglichkeit, ein Zelt aufzubauen oder zu schlafen?

Dort oben ein Zelt aufzubauen ist schwierig. Es gibt kaum Plattformen. Auf dem Weg nach oben machen wir jedoch drei Lager: einmal bei 7.000, dann bei 7.800 und dann noch bei 8.300 Metern. Es ist aber so, dass viele zu einer normalen Zeit hoch und wieder runter wollen. Trotzdem kann es passieren, dass man während der Tour merkt, dass einem die Augen fast zufallen.

Wie lange braucht man vom letzten Lager bis zum Gipfel?

Da es dieses Jahr sehr trocken ist, brauchen wir neun bis zehn Stunden. Bei Schnee hätten wir rund sechs Stunden. Man muss sich das so vorstellen, dass das Laufen auf dem Schnee – vor allem wenn es bereits eine Spur gibt – wie das Gehen auf dem Gehsteig ist. Einfach angenehmer als auf einem steinigen Wanderweg.

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