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"Chappie": Zwischen Kitsch und Konventionsbruch

Heute Redaktion
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Ist das nun Sci-Fi oder ein technisch aufgemotztes Drama? Ist das die banalste Coming-off-age-Geschichte der Welt oder der seit Jahrzehnten innovativste Film über künstliche Intelligenz. Ganz sicher sein kann man sich bei Neill Blomkamps "Chappie" nie - und genau das macht den Film so unwiderstehlich.

Ist das nun Sci-Fi oder ein technisch aufgemotztes Drama? Ist das die banalste Coming-off-age-Geschichte der Welt oder der seit Jahrzehnten innovativste Film über künstliche Intelligenz. Ganz sicher sein kann man sich bei Neill Blomkamps "Chappie" nie - und genau das macht den Film so unwiderstehlich.

Johannesburg, Südafrika, in der nahen Zukunft: Eine nicht enden wollende Flut an Gewaltverbrechen hat die Stadtregierung dazu bewogen, Roboter als Exekutivbeamte einzusetzen. Die sogenannten Scouts werden von einem Rüstungskonzern hergestellt und gewartet, der somit den gesamten Polizeiapparat am Laufen hält. Deon Wilson (Dev Patel), der Erfinder der Scouts hat jedoch Größeres im Sinn: Er kreiert ein elektronisches Gehirn, dass zu freiem Denken und Handeln fähig ist und verpflanzt es in die demolierte Hülle eines Scouts - Chappie is geboren.

Wie erwartet entwickelt sich Chappies Verstand wie der eines menschlichen Kindes, benötigt dafür aber nur einen Bruchteil der Zeit. Das Projekt wäre eine voller Erfolg, hätten die Gangster Yolandi und Ninja (Yolandi Visser und Watkin Tudor Jones, besser bekannt als südafrikanische Band "Die Antwoord") den Androiden und seinen Schöpfer nicht in die Finger bekommen. Yolandi ist Chappie fürsorgliche Mutter, während Ninja den Roboter für seine kriminellen Zwecke einspannen will.

Zu allem Überdruss hat es auch noch Waffenexperte Moore () in Verruf bringen und seinen eigenen, schwer bewaffneten Polizeiroboter zum Einsatz bringen.

Völlig verrückt, absolut normal

"Chappie" klappert die großen Themen des Weltkinos ab: Identitätsfindung, Umgang mit der eigenen Sterblichkeit, die Dialektik von Gut und Böse, etc etc. hält sich dabei nicht mit Metaphern, Allegorien oder sonstigen Umwegen auf. Fast schon im Stile eines Bildungsromans lässt er Chappie die Welt erkunden - mittels Frage/Antwort-Spiel, Selbstversuchen und elterlichem Beistand.

) beweist einmal mehr Mut zur konventionellen, oft kitschigen Story, schreckt aber nicht davor zurück, diese in höchst unkonventionelles Gewand zu stecken. Paradebeispiel ist die Besetzung der Skandal-Musiker Die Antwoord. Jones und Visser performen im Film ihre Bühnenpersönlichkeiten - prollige, zu Gewalt neigende Möchtegerngangster jenseits von Moral und Anstand - und fungieren als bizarre Variation traditioneller Kino- und TV-Familien. Quasi die Waltons als Junkies und Hausbesetzer, mit einem Roboter als Kind.

"Chappie" ist gesellschaftskritisches Drama und subversives Fun Movie, Mainstream-Klamauk und Underground-Blockbuster, Sci-Fi-Action und klassischer Familienfilm. Eine wilde, farbenfrohe Collage, die manch einen zum Nachdenken, einen anderen zum Kopfschütteln verleiten wird.

"Chappie" ist ab 6. März in den österreichischen Kinos zu sehen.