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"Chefs wussten von falscher Förder-Verwendung"

Heute Redaktion
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Mit dem ersten Zeugenauftritt von Ex-ÖFB-Präsident Friedrich Stickler und der Aussage einer langjährigen Bundesliga-Mitarbeiterin ist am Dienstag der Betrugs- und Untreue-Prozess gegen die Ex-Bundesliga-Vorstände Peter Westenthaler und Kornhoff fortgesetzt worden.

Mit dem ersten Zeugenauftritt von Ex-ÖFB-Präsident Friedrich Stickler und der Aussage einer langjährigen Bundesliga-Mitarbeiterin ist am Dienstag der gegen die Ex-Bundesliga-Vorstände Peter Westenthaler und Kornhoff fortgesetzt worden.

Die Belastungszeugin, auf die sich nicht zuletzt die Anklage stützt, war von 2003 bis 2010 im Rechnungswesen der Fußball-Bundesliga beschäftigt. In dieser Funktion erlangte sie Anfang 2004 von einer Million Euro Kenntnis, die im Dezember 2003 vom Nationalrat zur forcierten Förderung des Kicker-Nachwuchses im Wege eines Budgetbegleitgesetzes genehmigt worden war: "Es sollte eine Zusatzförderung sein, eine Nachwuchsförderung", so die Zeugin.

Schulden beim Finanzamt

Das Geld wurde bei der Bundesliga unter "außerordentliche Erträge" verbucht, "weil es aus meiner Sicht für die Begleichung einer Drittschuld an die Finanz verwendet wurde. Das ist mir so gesagt worden, dass es so gemacht wurde", gab die 45-Jährige zu Protokoll.

Gesagt habe ihr das der zweitangeklagte Thomas Kornhoff. Dieser habe ihr auch eine Kopie jenes Vergleichs gegeben, in dem sich die Bundesliga mit der Finanzprokuratur auf eine Zahlung von 1,2 Millionen Euro zur Bereinigung einer Drittschuldnerklage - die Finanz machte gegenüber der Liga eine offene Forderung von über 1,6 Millionen geltend - geeinigt hatte. Damit habe sie gewusst, wann die vereinbarten Raten zu überweisen waren.

"Vorstand wusste davon"

Auf die Frage, ob diese Vorgänge für sie korrekt waren, meinte die Zeugin: "Ich hab's nicht verstanden. Nachgefragt hab' ich schon. Kornhoff hat gesagt, das es so ausgemacht ist." Weitere Frage des Richters: "Wer hat davon gewusst, dass das Fördergeld zur Drittschuldnerklage verwendet wird?" Antwort: "Der Vorstand. Ich hab' davon gewusst und der Vorstand (und damit nach Darstellung der Zeugin auch Peter Westenthaler).

Auf Befragen von Westenthaler-Anwalt Thomas Kralik musste sie immerhin einräumen, mit Westenthaler nicht darüber gesprochen zu haben. Sie vermute, dass er davon gewusst habe, relativierte die 45-Jährige.

Zeitlicher Konnex stimmt nicht

Westenthaler und Kornhoff bzw. ihre Verteidiger ließen die Darstellung der "Kronzeugin der Anklage" grundsätzlich nicht gelten: Im März 2004 hatte die Bundesliga 500.000 Euro aus der Sonder-Förderung erhalten. Die zweite Rate von 450.000 Euro wurde erst am 11. August 2004 und damit einen Tag nach dem Ausscheiden von Westenthaler und Kornhoff aus der Bundesliga überwiesen. Die restlichen 50.000 Euro erhielt die Bundesliga überhaupt erst im Februar 2005. Die Finanzschuld sei aber schon im Mai 2004 abbezahlt worden, weshalb es keinen Konnex zur angeblich missbräuchlich verwendeten Millionenförderung gebe.

Ebenfalls nicht unwidersprochen ließen die Verteidiger die Behauptung der Zeugin, die Million wäre nicht im sogenannten Österreicher-Topf gelandet und damit den Bundesliga-Vereinen zugekommen. Bereits am 7. April 2004 wurden weit über 100.000 Euro aus dem Österreicher-Topf ausgeschüttet. Die Zeugin habe sogar selbst eine Aufstellung erstellt, derzufolge die Bundesliga-Vereine nach den ersten neun Runden der Saison über eine Million aus dem Österreicher-Topf lukriert hätten.

Schüssel ließ Million springen

Davor hatte Friedrich Stickler, Chef der Österreichischen Lotterien und von 2002 bis 2008 ÖFB-Präsident erklärt, Westenthaler habe beim damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel einen "Nachtrag-Vertrag" zu einer Förderung erwirkt. Westenthaler habe wegen der Fußball-EM 2008 (in Österreich und der Schweiz) eine zusätzliche Million für die Bundesliga bzw. ihre Vereine zugesichert bekommen.

Die Vereine hätten sich immer wieder über zusätzliche Aufwendungen aufgrund der "Challenge 2008" - Spieler mussten abgestellt, ein höherer Betreuungsaufwand geleistet werden - beschwert, nicht zuletzt deshalb sei ihm die erweiterte Unterstützung willkommen gewesen.

Stickler wusste von nichts

Dass mit der Million eine Finanzschuld getilgt werden sollte, sei nicht Thema gewesen: "Es ist nie ein Zusammenhang hergestellt worden mit irgendwelchen Finanzverbindlichkeiten." Im Förder-Vertrag sei "ganz genau beschrieben gewesen, dass es um die 'Challenge 2008' geht und um sonst nichts".

Stickler wird im Westenthaler-Prozess noch ein zweites Mal aussagen. Ende November muss er unter Wahrheitspflicht zu den 300.000 Euro Stellung nehmen, die die Lotterien im Sommer 2006 der BZÖ-eigenen Agentur "Orange" für ein laut Anklage inhaltlich wertloses Pseudo-Gutachten zukommen ließen.

In diesem Zusammenhang steht der Verdacht im Raum, der langjährige Chef der Casinos Austria AG, Leo Wallner, habe sich damit das Wohlwollen des BZÖ "erkaufen" wollen. Wallner wurde wegen Untreue zur Anklage gebracht, Westenthaler als Beitragstäter. Der 78-jährige Wallner ist gesundheitlich schwer angeschlagen und derzeit nicht verhandlungsfähig. Daher wird ohne ihn verhandelt.