Österreich

Familie, Pröll, Niessl bei Häupl-Abschied von Wien

Wiens Bürgermeister Michael Häupl verabschiedete sich Donnerstagvormittag und zog in seiner letzten Rede im Gemeinderat Bilanz über 24 Jahre.

Heute Redaktion
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Tosender Applaus Donnerstag um 9 Uhr, als Michael Häupl ein letztes Mal als Bürgermeister im vollgepackten Gemeinderatssitzungssaal im Wiener Rathaus an das Rednerpult schritt. Neben Häupls Familie und Mitgliedern der Bundesregierung waren auch Landeshauptmann Hans Niessl (Burgenland) und der ehemalige Landeschef von Niederösterreich, Erwin Pröll, unter den Gästen. Dann wurde es still.

Häupl – Hände am Rednerpult und nicht in der Hosentasche (hier nachlesen: sein Abschied von Journalisten) – zog Bilanz über fast 24 Jahre an der Spitze der Stadt Wien. "Wir haben heute 20 Prozent Bevölkerungswachstum in Wien. Als ich ins Amt kam, ist die Stadt geschrumpft." 62 Prozent der Wiener würden im geförderten Wohnbau leben. "Das gibt es in keiner anderen europäischen Stadt."

Finanz- und Flüchtlingskrise

Eine große Herausforderung sei die Finanzkrise 2008 gewesen. "2009 war unser Motto: Herausinvestieren aus der Krise. Das Ergebnis war gut. Die Krise wurde überwunden, die Wirtschaft wächst die Arbeitslosenzahlen sind rückläufig", richtete Häupl seinen Kritikern aus. "Aber natürlich müssen die Schulden zurückgezahlt werden."

Eine Härteprüfung war auch die Flüchtlingskrise 2015. "Wie Rotgrün Schuld am Zuzug sein kann, ist mir rätselhaft. Das ist eine europäische Angelegenheit." Klar sei aber: "Wir wollen Menschen in Not helfen. Aber wir wollen auch wissen, wer sie sind. Eine Situation wie 2015 darf sich nicht wiederholen. Ich wüsste nicht, was wir getan hätten, wenn die Flüchtlinge nicht nach Deutschland weitergereist wären." Eine ähnlich schwere Situation habe Häupl während des Balkan-Krieges in den 1990er-Jahren erlebt. "Damals war der Prater ein Flüchtlings-Camp. Aber allen war klar, dass man den Leuten helfen muss."

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Lebensqualität stieg an

Wien sei eine Stadt mit sehr hoher Lebensqualität. "Wir haben auf der einen Seite einen Nationalpark und auf der anderen einen Biospherenpark", freute sich der gelernte Biologe Häupl. "Als ich 1994 ins Amt kam, lag der Öffi-Anteil im Verkehr bei 20 Prozent. Heute sind es 50 Prozent." Dank der günstigen Jahreskarte würden bald eine Milliarde Fahrgäste gezählt werden. Wichtiger als die Mercer-Studie, in der Wien regelmäßig auf Platz 1 kommt, sei ihm die Universitätsstudie. "Die weißt auch darauf hin, was wir in der Stadt verbessern können." Besonders gut sei die Zusammenarbeit mit Niederösterreich gewesen. "Lieber Erwin, vielen Dank für die Zusammenarbeit und die Freundschaft", so Häupl in Richtung Gallerie, wo Erwin Pröll gerührt seinen Worten lauschte.

Tränen wurden verdrückt

Emotional ging es dann im Endspurt auch weiter – im Saal wurde die eine oder andere Träne verdrückt, Häupls Schlussworte ließen nur ein paar wenige Oppositionsmitglieder kalt, die konsequent den Applaus verweigerten. Nach der Rede standen viele auf, die FPÖ-Mandatare nicht.

"Sollte ich in meiner Zeit jemanden persönlich gekränkt oder beleidigt haben, so entschuldige ich mich", machte Häupl reinen Tisch. "Ich bedanke mich bei den Mitarbeitern der Stadt Wien." Typischer Häupl-Nachsatz: "Sie sind großartig, wenn sie wollen!" Ein Dank ging auch an die Bundesländer, Europa und an die Koalitionsparntner. "Es war eine großartige Geschichte, aber nicht jeder Tag war super. Ich hatte aber dennoch viele Sonnentage." Lacher dann nach kurzer Pause: "Es waren gute Zeiten, aber eine absolute Mehrheit der SPÖ wäre mir lieber gewesen." Ein Dank ging auch an die Opposition. "Ich habe nicht immer alles anders gesehen, als ihr!"

Der letzte Entertainer geht

Zuletzt verabschiedete sich Michael Häupl von seinen Wienern: "Ich bin zutiefst dankbar, dass ich solange für die Wienerinnen und Wiener arbeiten durfte. Ich wünsche dir Michi und dem Stadtsenat nun von ganzem Herzen alles Gute!", richtete er seinem Nachfolger Michael Ludwig aus, der am Nachmittag zum neuen Bürgermeister gewählt wird. Die Wahl soll um 16 Uhr beginnen. Dann der Abtritt. Nicht enden wollender Applaus, Häupl wird mit Blumensträußen überhäuft – der letzte Entertainer verlässt die Bühne.