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"Darf er mir ein Auslands-Praktikum verbieten?"

Lisa könnte im Rahmen ihrer Ausbildung für vier Monate ins Ausland reisen. Ihr Freund findet das egoistisch und will, dass sie zu Hause bleibt.

Heute Redaktion
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Bild: iStock

Frage von Laura (25) an Doktor Sex: Ich reise sehr gern und habe nun die Möglichkeit, für meine Ausbildung vier Monate gratis im Ausland zu leben. Mein Verlobter ist aber dagegen, dass wir so lange getrennt sind. Unterwegs zu sein entspricht aber so sehr meinem Wesen und macht mich so glücklich. Er aber findet, dass dies für ihn unerträglich wäre und ich aufhören sollte, mein Bedürfnis derart über unsere Beziehung zu stellen.

Er erwartet deshalb, dass ich in der Schweiz bleibe und hier irgendwo einen Praktikumsplatz suche. Mich würde das todunglücklich machen. Weil ich ihn aber so liebe, bin ich nun total in Not. Ich habe kein Geld, um sonst zu reisen. Ihn deshalb zu verlieren, geht nicht. Und selber zu kurz kommen will ich auch nicht. Er findet seine Forderung normal. Darf er das von mir verlangen?

Antwort von Doktor Sex

Liebe Laura

Interessant finde ich die Formulierung deines Verlobten: Er fordert dich auf, deine Bedürfnisse der Beziehung unterzuordnen, unterschlägt dabei aber, dass dies nur zu seinem Vorteil ist. Somit tut er letztlich also genau das nicht, was er von dir verlangt – und stellt einfach egoistisch seine eigenen Interessen in den Vordergrund.

Dass er, genauso wie du auch, seine Wünsche anmelden und in der Auseinandersetzung vertreten darf, ist selbstverständlich. Es scheint mir jedoch, dass es hier weder darum geht, die eigenen Anliegen sichtbar zu machen, noch diese angemessen zu vertreten, sondern um einen Machtkampf. Und dafür setzt dein Freund meiner Meinung nach unsaubere Mittel ein.

Da er dich liebt – und davon gehe ich aus, denn sonst wärt ihr ja wohl nicht verlobt –, darf ich annehmen, dass er sich dir gegenüber nicht aus Böswilligkeit so verhält, sondern sich vermutlich einfach sehr hilflos fühlt. Diese Überforderung wird ja auch sichtbar in seiner Aussage, dass eine derart lange Abwesenheit von dir für ihn unerträglich wäre.

Weil er mit seinen Möglichkeiten am Ende zu sein scheint und du offenbar differenzierter mit der ganzen Sache umgehen kannst, empfehle ich dir, deinen Partner zu einem offenen Gespräch einzuladen mit dem Ziel, noch einmal und in aller Ruhe die Ausgangslage zu erörtern sowie Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen.

Wichtig dürfte sein, dass dein Verlobter sich von dir wahr- und ernstgenommen fühlt. Gleichzeitig soll er aber ruhig auch merken, dass du dein Handeln nicht von seinen Ängsten – und darum scheint es mir letztlich zu gehen – bestimmen lässt. Sinnvollerweise orientiert ihr euch daher an der Frage, was er denn brauchen würde, um dich möglichst ohne Sorge ziehen lassen zu können.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieses Praktikum nicht der letzte Anlass sein wird, der zu einer temporären Trennung führt. Es liegt daher nahe, die aktuelle Situation zu nutzen, um gemeinsam herauszufinden, was euch beiden dabei wichtig ist. So müsst ihr später nicht jedes Mal die gleiche Diskussion führen. Ich wünsche euch alles Gute!

Deine Frage an Doktor Sex: [email protected]

(wer)