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"Der Penis ist schuld am Klimawandel"

Heute Redaktion
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Schachtelsätze, Thesen, Fachausdrücke: Eine im Fachjournal "Cogent Social Sciences" publizierte Studie hatte alles, was sie braucht. Nur keinen wahren Kern.

3.000 Wörter vollkommener Unsinn, so bezeichnen Philosoph Peter Boghossian und der Mathematiker James Lindsay ihre Studie.

Trotzdem wurde ihr Aufsatz "Der konzeptuelle Penis als soziales Konstrukt" im Fachjournal "Cogent Social Sciences" veröffentlicht (siehe Infobox rechts).

Die verantwortlichen Gutachter seien von der Arbeit, die unter Pseudonymen eingereicht worden sei, äusserst angetan gewesen. Sie hätten die Autoren nicht nur ermuntert, sondern auch beste Noten vergeben, berichten Boghossian und Lindsay.

Ein einziger großer Schwindel

Für sie steht fest: Der Aufsatz hätte nie publiziert werden dürfen. Schließlich hätten sie beim Schreiben darauf geachtet, dass wirklich nichts Sinnvolles darin enthalten sei.

So gelangen Studien ins Journal

Das Fachmagazin "Cogent Social Sciences" gibt auf seiner Webseite an, gegen Bezahlung "nach höchstem Standard begutachtete Studien" zu veröffentlichen.

Das Journal erscheint bei Taylor & Francis Group, einem internationalen Wissenschaftsverlag. Arbeiten, die für ihre "Original-Magazine" nicht infrage kämen, seien aber nicht umsonst verfasst worden: Der Verlag leite diese dann gerne an ihre Cogent-Magazin-Serie weiter.

Auch mit den Quellen gingen sie anders um, als dies von Wissenschaftlern gefordert wird: "Wir haben genau null unserer Quellen gelesen, das war Teil unseres Schwindels." Doch nicht nur das: Fünf zitierte Studien und zwei erwähnte Fachjournale waren zudem ausgedacht.

Des Pudels Kern

Die Scherzstudie hat einen ernsten Hintergrund. So wollten die Wissenschaftler mit ihr darauf hinweisen, dass gegen Bezahlung veröffentlichte Arbeiten offenbar anfällig dafür sind, problemlos durchgewunken zu werden – und das unabhängig von ihrem wissenschaftlichen Gehalt.

Zudem kritisieren Boghossian und Lindsay, dass politisch gewünschte Ergebnisse und die Anwendung eines Fachjargons dazu führten, dass die Prüfer Quatsch nicht erkennen würden.

Schwachsinnigkeit ist offensichtlich

Damit liegen die Forscher nicht ganz falsch. Denn selbst so abstruse Passagen wie die folgende hätten die Gutachter nicht stutzig werden lassen. So heißt es an einer Stelle:

"Der konzeptionelle Penis zeigt signifikante Probleme für die Gender-Identität und die reproduktive Identität innerhalb sozialer und Familien-Dynamiken auf, er ist ausschließend gegenüber entrechteten Gemeinschaften, die auf Gender- und reproduktiver Identität basieren, er ist eine nachhaltige Quelle des Missbrauchs von Frauen und anderen Gender-marginalisierten Gruppen und Individuen, er ist die universal-performative Quelle der Vergewaltigung und er ist der konzeptionelle Treiber für einen großen Teil des Klimawandels."

Auch die Begründung trieft vor Blödsinn: "Destruktive, unnachhaltige, hegemoniale, männliche Einstellungen, Umweltpolitik zu prägen, sind das vorhersehbare Resultat einer Vergewaltigung der Natur durch eine männlich dominierte Mentalität. Diese Mentalität wird am besten gefasst, indem man die Rolle des konzeptuellen Penis bei der maskulinen Psychologie berücksichtigt." Damit können besonders "jungfräuliche Landschaften billig ausgebeutet werden".

Trotz solcher Phrasen wurde die Studie nicht als Fake identifiziert. Immerhin: Mittlerweile wurde sie von der Website genommen. Im Internetarchiv findet sie sich aber dennoch und kann HIER als PDF heruntergeladen werden. (fee)