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"Die Bücherdiebin": Poetisches Kriegsmärchen

Heute Redaktion
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Bild: Centfox

Wenn deine Augen sprechen könnten, was würden sie sagen?, wird die kleine Liesel an einer Stelle gefragt. Besser bekannt ist sie als Die Bücherdiebin, die im gleichnamigen Bestseller zu Tränen gerührt hat. Ebenso poetisch wie die Eingangsfrage ist die märchenhafte Verfilmung des Nazi-Dramas, das uns ein Schreckenskapitel aus den unschuldigen Augen eines Kindes zeigt.

"Wenn deine Augen sprechen könnten, was würden sie sagen?", wird die kleine Liesel an einer Stelle gefragt. Besser bekannt ist sie als "Die Bücherdiebin", die im gleichnamigen Bestseller zu Tränen gerührt hat. Ebenso poetisch wie die Eingangsfrage ist die märchenhafte Verfilmung des Nazi-Dramas, das uns ein Schreckenskapitel aus den unschuldigen Augen eines Kindes zeigt.

München, 1939. Die neunjährige Liesel Merninger (Sophie Nélisse) zieht zu ihren Pflegeeltern Hans (, "Equilibrium") und muss dabei den Tod ihres kleinen Bruders verarbeiten. Bei dessen Beerdigung fällt ihr zufällig ein Buch in die Hände. Sie entscheidet sich, es zu behalten und findet in der Literatur eine Welt, in die sie vor dem Kriegstreiben flüchten kann. Flüchten muss auch der jüdische Junge Max (Ben Schnetzer), den Liesel bei sich versteckt. Gemeinsam entdecken sie den Zauber des Lesens für sich.

Als die Nazis mit öffentlichen Bücherverbrennungen beginnen, macht es sich Liesel zur Mission, dagegen zu halten. Sie will die gebundenen Kulturschätze vor der sinnlosen Vernichtung retten und avanciert so zur unbekannten Bücherdiebin. Denn nur so kann sie dem Grauen des Dritten Reichs entfliehen und sich einen Anker im Leben verschaffen.

Märchen und Schicksal

Durch Liesels Kinderaugen erhalten wir eine neue Sicht auf den Zweiten Weltkrieg, der schon in so unzähligen Filmversionen verarbeitet wurde. Im Gegensatz zu Meisterwerken wie Steven Spielbergs "Schindlers Liste" oder Roman Polanskis "Der Pianist" behält sich "Die Bücherdiebin" jedoch immer eine märchenhafte Note, die den Kriegsalltag in seiner Radikalität zurückdrängt. So ist die Bestsellerverfilmung nach Markus Zusak zwar nicht gar so eindringlich wie genannte Werke, aber dennoch ebenso berührend.

Das liegt vor allem an Hauptdarstellerin Sophie Nélisse, die den Film sofort an sich reißt und die schwierige Rolle der schicksalsgeplagten Liesel mit Bravour meistert. Dass es überhaupt dazu gekommen ist, hat die 13jährige Kanadierin einem eigenen Schicksalsschlag zu verdanken: Denn eigentlich wollte sie als Kunstturnerin zu den Olympischen Spielen in der Heimat - doch eine Sportverletzung beendete ihren Traum und öffnete ihr neue Gedanken. Und brachte sie dazu, das Drehbuch zur "Bücherdiebin" zu lesen.

Vater des Krieges

Autor Zusak gelang in der Buchvorlage der clevere Kniff, eine Kriegsgeschichte aus Kindesaugen zu zeigen, welche wiederum von dem Schicksalsboten höchstpersönlich erzählt wird, nämlich vom Tod. Die Personifizierung des Todes, dem Vater des Krieges, übernimmt Regisseur Brian Percival auch im Film. Und gerade in der deutschen Version gelingt dabei ein Besetzungscoup: Ben Becker leiht dem Erzählertod seine unnachahmliche Stimme. Bei den Salzburger Festspielen hatte Becker im "Jedermann" bereits als Tod brilliert.

"Die Bücherdiebin" ist ein poetisch schönes Drama und tolles Schauspielerkino, die Hoffnung und Liebe über Trauer und Tod stellt. An manchen Stellen nähert sich das Werk zwar gefährlich nahe dem ganz großen Kitsch, doch über allem zählt "Die Bücherdiebin" zu den gelungeneren Buchverfilmungen.