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"Die Liebe verunmöglicht mir harten Sex!"

Erst hatten Liliane und ihr Freund eine experimentelle Sexbeziehung. Später kamen Gefühle ins Spiel. Seither gibts nur noch Blümchensex. Was tun?

Heute Redaktion
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Bild: Wesley Quinn/Unsplash

Frage von Liliane (22) an Doktor Sex: Mein Freund und ich sind seit einem Jahr zusammen. Davor hatten wir eine rein sexuelle Beziehung. In dieser Zeit ging es nur darum, hemmungslos zu bumsen. Auch Spanking und BDSM-Praktiken gehörten zu unserem Repertoire. Es machte Spaß und wir waren damals extrem geil darauf, möglichst alles auszuprobieren. Mit der Zeit entwickelten wir dann Gefühle füreinander und landeten schlussendlich in einer festen Beziehung. Mittlerweile glauben wir sogar an eine gemeinsame Zukunft. Im Kopf hege ich immer noch den Wunsch, wieder einmal so Sex zu haben, wie vor unserer Beziehung. Aber mein Körper spielt nicht mehr mit. Wenn wir miteinander Liebe machen und zärtlich sind, funktioniert alles. Sobald wir aber ein bisschen härter zur Sache gehen wollen, ist bei mir körperlich gleich tote Hose. Psychisch aber bin ich so erregt, dass ich an nichts anderes mehr denken kann, als es so zu treiben wie früher. Alle meine Freundinnen sagen, dass das schon wieder kommt. Stimmt etwas nicht mit mir?

Antwort von Doktor Sex

Liebe Liliane

Mit dir ist alles in Ordnung. Was du erlebst, höre ich immer wieder. Dass nämlich die Gefühle, die Menschen im Verlauf einer Begegnung füreinander entwickeln, dazu führen, dass sich ihr Denken, ihre Haltung und ihr Verhalten verändern. Meist führt die Öffnung auf der Herzensebene zu mehr Achtsamkeit und Sorgfalt im Umgang mit dem geliebten Gegenüber. Gleichzeitig beginnt man damit, sich zu bemühen – und landet in gelernten Verhaltensweisen und Denkmustern. Statt auf den lebendigen Menschen fokussiert zu bleiben und auf das, was tatsächlich ist, wendet man sich von ihm ab und dem Bild zu, das man von ihm und der Beziehung hat.

Dieses Verhalten ist dem Umstand geschuldet, dass Menschen von Geburt an zielgerichtet und nachhaltig beeinflusst und geformt werden. Wir lernen alle, was im Umgang mit einem geliebten Menschen ein "richtiges" und damit erwünschtes Verhalten und was "falsch" und somit unerwünscht ist. Diese Konditionierungen sind tief in der Persönlichkeitsstruktur verankert und meist auch weitgehend unbewusst. Es ist daher ein hartes Stück Arbeit erforderlich, um diesen Mechanismen auf die Spur zu kommen und sie ins Bewusstsein zu holen. Oft ist es das Leiden an einer Situation oder einem Verhalten, das einen solchen Prozess anstößt.

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Vielleicht hilft es dir, die körperliche Blockade zu verändern, wenn du deine mentalen Modelle von Partnerschaft und Beziehung zu erforschen beginnst. All das also, was hinsichtlich deiner Rolle als Frau, Partnerin oder Mutter – um nur einige zu nennen – an Überzeugungen und Verhaltensregeln in dir lebt. Meine Erfahrung zeigt, dass Frauen in Beziehungen häufig daran scheitern, ihre lustvoll erotische Seite und insbesondere den damit verbundenen hemmungslosen und ungezügelten Teil von sich anzunehmen und dann auch noch auszuleben. Weil sie gelernt haben, dass sich das für eine (Ehe-)Frau und Mutter nicht gehört.

Möglicherweise geht es im Moment aber auch einfach darum, eure Sexualität in der von dir beschriebenen Art zu leben und sie so um einen neuen Aspekt zu erweitern. Die körperliche Kommunikation eines Paares verändert sich im Verlauf einer Beziehung immer wieder. Ohne Zutun wird Altes neu und Neues alt. Alles ist und bleibt ständig in Bewegung. Es ist deshalb gut möglich, dass sich auch die von dir beschriebene Grenze von selbst verschiebt.

(wer)