Österreich

"Egal, welcher Gott: Guter Mensch muss man sein"

Heute Redaktion
Teilen

Vor allem für Frauen bedeutet der Neustart in einem fremden Land eine Herausforderung. "Heute" zeigt auf, wie sie ihr neues Leben in Wien meistern.

Mit nichts außer ihrer Kleidung am Körper, ihrem Ehemann und den zwei Kindern, Vaja (damals 3) und Mina (damals 12 Monate), floh Zouzan Mohamad (34) 2012 vor den Bomben aus Aleppo (Syrien). Hab und Gut musste die Kurdin (Kurden sind die größte ethnische Minderheit des Landes) in ihrer Wohnung zurücklassen. Dafür konnte die Familie ihr Leben retten.

"Besonders schmerzt mich, dass wir nicht ein einziges Foto als Erinnerung haben. Unsere Hochzeitsbilder, die Fotos, als die Mädchen klein waren, alles ist weg", so Zouzan. Auch ihre Instrumente musste die Musiklehrerin, die in Aleppo im Chor sang und an der Uni Musikunterricht für Kinder zwischen 6 und 15 Jahren gab, zurücklassen.

"Schallendes Gelächter"

2015 gelang dann die Flucht nach Wien. Hier begann die Wohnungssuche: "Jedes Mal, wenn wir bei Vermietern anriefen und sagten, dass wir aus Syrien kommen und eine Wohnung suchen, hörten wir schallendes Gelächter. Nicht nur einmal legte das Gegenüber wortlos auf." Ein Iraner gab der Familie schließlich eine Chance, vermietete ihr eine Wohnung.

Nützliche Infos
Kurse für Flüchtlinge:
www.fluechtlinge.wien.at
Alles zum Thema Integration:
www.integration.wien.at

Neuanfang mit Schwierigkeiten: Vater Farouk Mohamad, ein Künstler, war in Aleppo ein gefragter Maler, verkaufte Bilder (Abstrakt, Expressionismus) für mehrere Tausend Euro pro Werk. Hier in Wien schafft er es kaum, mit seiner Kunst die Familie über Wasser zu halten.

Noch nicht angekommen

Die Einstellung des Paars ist dennoch vorbildlich: "Das Wichtigste ist, das wir es geschafft haben zu überleben, dem Krieg zu entkommen. Es gab für uns keine Alternative wir mussten das Land verlassen. Jetzt schauen wir, dass es hier weitergeht." Angekommen im neuen Leben ist Zouzan aber noch nicht. Die Arbeitssuche gestaltet sich als schwierig. Klappt alles, kann die Musiklehrerin im Herbst an einer Volkschule Kurdisch unterrichten.

"In meinem Herzen bin ich noch in meiner Heimat, aber ich gebe alles, um mich hier zu integrieren". Helfen würde der Familie, wenn die Österreicher nicht so große Angst "vor Fremden" hätten. "Wir haben mehrmals versucht, Menschen in unserer Umgebung einzuladen, gekommen ist niemand."

"Wichtig, dass sie gute Menschen sind"

Leichter haben es die Kinder: Ihre Schulkameraden haben wenig Berührungsängste. Egal, welcher Religion die Kinder angehören: Sie kommen zu den Mohamads nach Hause, um zu spielen. Die Religion will die gläubige Muslimin ihren Kindern nicht vorschreiben: "Meine Töchter sind derzeit ohne Bekenntnis. Welche Religion sie später ausüben möchten, sollen sie später frei entscheiden. Wichtig ist, dass sie gute Menschen sind, egal an welchen Gott sie glauben." (Isabella Martens)