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"Ein Großteil der Kunden will vor allem Zärtlichkeit"

Karriere machen im Escort-Business statt in der Finanzbranche: Geschäftsführerin Fiona erzählt im Interview aus dem Alltag ihrer Escort-Agentur.

Heute Redaktion
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Geschäftsführerin Fiona erzählt im Interview aus dem Alltag ihrer Escort-Agentur. Symbolfoto
Geschäftsführerin Fiona erzählt im Interview aus dem Alltag ihrer Escort-Agentur. Symbolfoto
Bild: imago stock & people

Die Schweizerin Fiona (Name von der Redaktion geändert) gab ihren Job bei einer Privatbank auf und fing an, für eine Escort-Agentur zu arbeiten.

Inzwischen führt sie ihre eigenes Business. Probleme, um Frauen zu rekrutieren, hat sie keine: Viele ihrer Escorts sind Studentinnen, die nebenbei Geld verdienen wollen.

Im Interview mit dem Schweizer Nachtrichtenportal "20 Minuten" erzählt die taffe Powerfrau vom Alltag im Escort-Business:

Wieso haben Sie Ihren Job als Personalchefin einer Privatbank gekündigt, um ins Escort-Business einzusteigen?

Ich fühlte mich auf der Bank nicht genügend wertgeschätzt. Trotz weitreichenden Kompetenzen in meinem Jobprofil wurden meine Entscheidungen stets hinterfragt oder teilweise gar wieder geändert – weil ich eine Frau bin. Mit dieser Diskriminierung zu arbeiten, wurde immer unerträglicher, daher habe ich gekündigt.

Das erklärt aber noch nicht, wieso Sie danach angefangen haben, als Escortdame zu arbeiten.

Es war ein Mix. Ich hatte meinen Job gekündigt, brauchte etwas Neues und gleichzeitig wurde ich von einem Rachegefühl getrieben, weil ich herausgefunden hatte, dass mich mein Ex-Freund regelmäßig mit Escorts betrogen hatte. Ich begann mich mit Escort-Agenturen und Websites zu beschäftigen und habe aus meinem Schmerz heraus eine Agentur angerufen und mich für ein Bewerbungsgespräch angemeldet.

Wie lief dieses Gespräch?

Es war sehr aufschlussreich. Man hat als Frau natürlich viele Vorurteile über diese Szene und auch Ängste. Diese wurden mir dann mehrheitlich genommen. Das Gespräch löste so viel in mir aus, dass ich mich selber dazu entschied, während einem Testmonat als Escort zu arbeiten.

Und wie war das mit Ihrem ersten Kunden?

Absolut schrecklich. Er war noch nervöser als ich und kriegte keine Erektion. Das nahm er aber überhaupt nicht locker und wurde noch angespannter. Das war mega unangenehm für mich.

Gibt es auch positive Erlebnisse?

Definitiv. Das Treffen mit meinem zweiten Kunden war schon viel besser, und ich habe in dieser Nacht bemerkt, dass das etwas für mich sein könnte. Mir wurde bewusst, dass ich bis dahin meine Sexualität nie richtig ausleben konnte. Mit diesem Job kann man sehr viel ausprobieren – ohne Angst vor Konsequenzen. Und man verdient gutes Geld.

Ganz so toll wird ja schon nicht alles sein, oder?

Das ist so. Es gibt betrunkene Kunden, die ihre Grenzen nicht mehr spüren. Es gibt frustrierte Kunden, die ihre Unzufriedenheit an dir auslassen wollen. Ein Kunde hat beispielsweise nicht mehr aufgehört, mich mit seinem billigen Fake-Ledergurt zu peitschen. Das hat natürlich auch auf meiner Haut Spuren hinterlassen für ein paar Tage. Oder es gibt Wünsche und Vorlieben von Kunden, die mich nicht so anturnen.

Und wie geht man mit solchen Erfahrungen um?

Das ist von Escort zu Escort unterschiedlich. Die einen können problemlos mit solchen Abenden umgehen, andere brauchen einen stärkeren Drink danach und Einzelne greifen ab und zu auch mal zu illegalen Drogen.

Wie ist der 0815-Kunde einer Escort-Agentur so drauf?

Es gibt keinen 0815-Typen. Die Vorstellung, dass es sich nur um vermögende, alte, verbitterte und verklemmte Männer handelt, ist überhaupt nicht wahr. Zwar: Das mit dem vermögend trifft eigentlich immer zu. Ich hatte aber beispielsweise mal einen sehr gut aussehenden Mann im mittleren Alter – ein Meister der Erotik. Er fesselte mich kunstvoll und spielte auf mir rum, als wäre ich ein edles Instrument.

Haben Sie weitere Beispiele von Kunden?

Verschwiegenheit ist eine wichtige Grunddisziplin in meinem Arbeitsumfeld. Aber so viel kann ich noch erzählen: Ich wurde innerhalb von kurzer Zeit von zwei Männern aus derselben Familie gebucht – unabhängig voneinander. Die wissen das wahrscheinlich bis heute nicht von sich. Und das ist wahrscheinlich auch besser so.

Nach zwei Jahren im Escort-Business haben Sie sich entschieden, eine eigene Agentur mit dem Namen Swiss Highclass Escort ins Leben zu rufen. Wieso?

Ganz ehrlich: Ich habe es vermisst, mein Know-how und meine Fähigkeiten aus meiner Vergangenheit im Human-Resources-Bereich einzusetzen. Zudem hat mein Bedürfnis nach mehreren Malen Sex pro Woche abgenommen.

Wie rekrutieren Sie Frauen für Ihre Agentur?

Das ist einfacher als gedacht. Viele sehen, dass wir einen professionellen Auftritt haben, und melden sich von sich aus bei uns. Ich habe zu Beginn nur schon in meinem Umkreis über meinen Beruf gesprochen und war sehr überrascht, wie viele junge Frauen sich dafür interessieren.

Wie sieht ein Arbeitstag als Chefin einer Escort-Agentur aus?

Während des Tages führe ich Bewerbungsgespräche, tausche mich mit unseren Escorts aus und nehme Reservierungen entgegen. Gegen Abend koordiniere ich dann die Einsätze und die Fahrer, die unsere Escorts begleiten. Die letzten Anrufe erhalte ich dann so gegen 1 Uhr unter der Woche – am Wochenende wird es auch mal deutlich später.

Was sind das für Frauen, die sich bewerben?

Ich würde sagen, dass rund 80 Prozent aller Frauen, die bei uns arbeiten oder gearbeitet haben, Studentinnen sind, die mit einem Nebenberuf Geld verdienen wollen. Es gibt aber auch Frauen, die so ihre Sexualität ausleben wollen oder die sich durch die Buchungen erhoffen, dass sie sich einen reichen Mann angeln können.

Gab es schon Frauen, bei denen aus einem Escort-Termin eine Beziehung entstanden ist?

Ja, das gab es schon. Aus wirtschaftlicher Sicht ist das für mich als Arbeitgeberin natürlich nicht wünschenswert. So verliere ich eine Angestellte und einen Kunden.

Wie beurteilen Sie die Bewerbungen? Gibt es auch Kandidatinnen, die Sie ablehnen?

Selbstverständlich. Will jemand zum Beispiel keine zärtlichen Berührungen und sucht nur den harten Sex, rate ich von einem Einstieg ins Escort-Business ab. Ein Großteil der Kunden will vor allem Zärtlichkeit. Grundsätzlich läuft es aber wie ein normales Bewerbungsgespräch ab: Ich stelle diverse Fragen und beurteile dann ihre Antworten, Rückmeldungen und Reaktionen.

Was verdient man denn als Escort-Angestellte bei Ihnen?

Genaue Zahlen möchte ich hier nicht nennen. Unser Service reicht von zwei Stunden ab 700 Franken (rund 600 Euro) bis zu einem ganzen Wochenende für 4.500 Franken (rund 4.133 Euro). Ein größerer Teil davon landet bei den Escorts. Zudem gibt es teilweise bis zu doppelt so viel Geld als Trinkgeld noch dazu. Oder wir bekommen auch viele teure Geschenke für unsere Escorts zugeschickt.

Wie viele Frauen arbeiten bei Ihnen als Escort? Und wie lange arbeiten sie normalerweise für Ihre Agentur?

Durchschnittlich arbeiten sechs Escorts bei uns und normalerweise verlassen uns die Frauen nach ein bis zwei Jahren wieder.

Kann man Sie selber auch noch buchen?

Eigentlich nicht. Im Moment widme ich mich voll und ganz der Leitung dieser Agentur und habe damit auch alle Hände voll zu tun. Es gibt aber einzelne treue Stammkunden, die mich seit Jahren buchen und mit denen ich mich auch weiterhin treffe, sofern ich Zeit habe.

Was für Zukunftspläne haben Sie?

Ich habe einen Autoren kennengelernt und wir arbeiten nun zusammen an einem Buch über meine Arbeit und mein Leben als Escort. Wann das Buch herauskommt, steht aber noch in den Sternen.

Letzte Frage: Sie sind ins Escort-Business eingestiegen, weil Ihr Ex-Freund Sie mehrmals mit einer Escort betrogen hat und Sie den Schmerz darüber verarbeiten wollten. Nun bieten Sie diese Dienstleistung selber an und sorgen dafür, dass andere Frauen wohl den gleichen Schmerz erfahren müssen. Haben Sie kein schlechtes Gewissen?

Das ist eine gute Frage. Nein, ich habe kein schlechtes Gewissen. Die Entscheidung liegt beim Mann, der eine unserer Escorts bucht. Wenn ein Mann seine Partnerin betrügen möchte, tut er das so oder so – mit oder ohne unserem Angebot. Ich war ja damals auch nicht wütend auf die Agentur oder die Escorts, sondern auf meinen Ex-Freund. (wed)