Österreich

"Es ist uns politisch schon schlechter gegangen"

Heute Redaktion
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Wiens Bürgermeister Michael Häupl spricht im Interview mit den "Heute"-Chefredakteuren Christian Nusser und Peter Lattinger über Flüchtlinge, Strache und die Stimmung im Gemeindebau.

Wiens Bürgermeister Michael Häupl spricht im Interview mit den "Heute"-Chefredakteuren Christian Nusser und Peter Lattinger über Flüchtlinge, Strache und die Stimmung im Gemeindebau.

"Heute": Sie haben jetzt Ihren 66. Geburtstag gefeiert. Was ist politisch Ihr größter Wunsch?

Häupl: Ein Wahlergebnis am 11. Oktober, mit dem man nicht gegen die SPÖ regieren kann.

"Heute": Sie sind seit Wochen viel auf der Straße unterwegs – was erleben Sie da?

Häupl: Keine schlechte Stimmung. Die Kritik bezüglich Fremden und Asylwerbern hat weitestgehend aufgehört. Es dominiert eher die sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema.

"Heute": Was änderte sich?

Häupl: Es sind die Bilder von den toten Flüchtlingen auf der A4, von dem ertrunkenen Kind am Strand. Auch wer sagt, dass man nicht so viele Ausländer hereinlassen soll – dass Kinder ertrinken, will wirklich niemand. Das ist der Grund, warum wir die Kinder aus Traiskirchen holen. Der jüngste unbegleitete Flüchtling ist 7 Jahre alt.

"Heute": Als Sie entschieden haben, mehr Flüchtlinge aufzunehmen als Wien zugeteilt werden sollten, war nicht klar, ob das eine Entscheidung war, die Wählerstimmen bringt oder kostet …

Häupl: Ich habe nie darüber nachgedacht, bringt mir das jetzt Stimmen oder nicht. Ich kann nicht anders handeln. Für so eine Haltung, für so einen Charakter kann man jemanden wählen – oder auch nicht. Das ist das Schöne an der Demokratie.

"Heute": Ist es nicht erstaunlich, wie es jetzt gelingt, Tausende unterzubringen, und früher hat man um jedes Quartier gestritten?

Häupl: Es ist ein Unterschied, ob wir Jausenstation für durchreisende Flüchtlinge sind oder Dauergäste haben. Aber um eine bessere Verteilung in Europa kommen wir nicht herum, es kann sich nicht jeder aussuchen, wo er hin will. Und wir sollten unsere Nachbarländer daran erinnern, was Österreich bei der Ungarn-Krise oder bei der sowjetischen Invasion in der Tschechoslowakei geleistet hat.

"Heute": Wenn Sie im Gemeindebau unterwegs sind, gibt es ein anderes Thema als Asyl?

Häupl: Natürlich. 80 Prozent der Themen sind Wohnen, Defizite in der Wohnhäuser-Verwaltung, Nachbarschaftskonflikte und die Arbeitsplatz-Sicherheit.

"Heute": Was hören Sie dort zum Flüchtlingsthema?

Häupl: Das geht von "I mog de Ausländer net" bis zu "Aber den Kindern und Jungen muss man schon helfen", das ist so der Tenor.

"Heute": Wir reden jetzt schon eine ganze Weile und haben das Wort Strache noch nicht in den Mund genommen.

Häupl: Das geht mir auch überhaupt nicht ab. Deswegen ist das ja ein angenehmes Gespräch.

"Heute": Wie sehen Sie dessen Auftreten im Wahlkampf?

Häupl: Beim Sommergespräch hat er Olivenöl und Kreide geschluckt, beim Wahlkampfauftakt war er wieder der Alte.

"Heute": Nützt das Asyl-Thema der SPÖ oder schadet es ihr?

Häupl: Ich weiß es nicht. Es ist uns aber politisch schon schlechter gegangen als in diesem Wahlkampf. Was man merkt, ist, dass die Stimmung sich gedreht hat. Leute, die helfen wollen, sind sichtbarer geworden. Und wenn der Strache sagt, Kindern zu helfen, ist eine "gute Sache", dann sehe ich: Hier schlägt der Opportunist durch.

 
Häupl-Wordrap:

Mit Strache bin ich per du, weil …

... sich das vor zwei Jahrzehnten ergeben hat. Bei Haider war das anders, wir haben uns in der Studentenzeit gekannt, und Studenten sind immer per du.

Im Wahlkampf am meisten gelacht habe ich über …

... das erste Wahlplakat von Maria Vassilakou, wie sie sich selbst an die Wand pickt.

Als Austria-Fan bin ich für das neue Rapid-Stadion, weil …

... natürlich auch Rapid nicht seiner Heimat beraubt werden soll.

Bundespräsident will ich nicht werden, weil …

... ich nicht will. Ich glaube nicht, dass mein Temperament mit dem Anforderungsprofil eines Bundespräsidenten übereinstimmt.