Österreich

"Estibaliz C. könnte wieder töten"

Heute Redaktion
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Bild: AFP

Heute ist es soweit: Im Wiener Straflandesgericht wird im Prozess um die sogenannten Wiener Kellerleichen ein Urteil gesprochen. Neben den noch ausständigen Zeugenbefragungen hat am vierten Verhandlungstag die psychiatrische Sachverständige Adelheid Kastner ihr Gutachten zu Estibaliz C. abgegeben.

abgegeben.

Kastner hält die für grundsätzlich zurechnungsfähig, sieht bei ihr aber eine derart gravierende Persönlichkeitsstörung, dass sie eine Unterbringung im Maßnahmevollzug im Hinblick auf die ungünstige Zukunftsprognose für geboten hält. Weiters attestierte die renomierte Psychiaterin der Angeklagten einen IQ von 116. Das entspricht einer überdurchschnittlich hohen Intelligenz. Der IQ-Durchschnitt liegt in Österreich bei 101.

Esti schluchzte am Schluss

Ehe sich die Geschworenen um 16.45 Uhr zu ihren Beratungen zurückzogen, gab ihnen die mutmaßliche Doppelmörderin noch ein Schlusswort mit auf den Weg. "Ich kann nicht mehr sagen als dass es mir leidtut, dass ich Holger und Manfred das Leben genommen habe", meinte die Angeklagte, wobei sie am Ende ein Schluchzen vernehmen ließ.

Gravierende Persönlichkeitsstörung

Eine herkömmliche Trennung, ein schlichtes Verlassen der Männer, die sie nicht glücklich machten, sei Estibaliz C. nicht möglich gewesen. Sie habe das "nicht gelernt", betonte die Psychiaterin Adelheid Kastner: "Dieser Weg war für sie nicht unmittelbar gangbar."

Kastner bescheinigte der Angeklagten "eine gravierende, umfassende, vielgestaltige Persönlichkeitsstörung". Estibaliz C. setze das, was sie will, für absolut: "Das ist Narzissmus pur."

In der Ehe mit Holger Holz habe die Angeklagte "leider erleben müssen, dass die Rechnung wieder nicht aufgegangen ist". Der Mann sei nicht so gewesen, wie sie es sich erwartet hätte. Estibaliz C. hätte von ihm "pausenloser Bestätigung" für ihr Selbstwert-Gefühl bedurft, diese aber nicht erhalten, erklärte die Gutachterin. In ihrem Denken habe Holz das freie Leben mit einem anderen blockiert, "indem er einfach da war. Das Problem war, dass er einfach dasaß, und sie hat keine Möglichkeit gesehen, ihn vom Dasitzen wegzubringen".

Tötung als Lösung

In dieser Situation sei Estibaliz C. "die Tötung, das Aus-dem-Weg-Räumen dieses Menschen" als Lösung erschienen, so die Gutachterin. Diese Möglichkeit habe die Frau längere Zeit "durchgespielt" und von einer Fantasie zur "Gewissheit" entwickelt. Laut Kastner lag eine "trichterförmige Einengung auf eine absehbare Tat" vor: "Es war eine Welle, die kommt und immer stärker wird."

Die Tat an sich habe die Angeklagte zielgerichtet vollbracht. "Sie verliert nicht den Kopf. Sie verliert sich in Emotionen", sagte die Psychiaterin über Estibaliz C.

Ähnlich gefangen habe sich die Angeklagte bei ihrem Lebensgefährten Manfred Hinterberger gefühlt. Wiederum sei sie an einen Mann gebunden gewesen, "der ihr beileibe nicht das geboten hat, was sie gebraucht hat", meinte die Sachverständige. Hinterberger habe der Frau immer mehr Nähe und Zuwendung entzogen. Erneut sei "die Welle" mit der Tötungsfantasie gekommen: "Nach der ersten Tötung war Frau C. bewusst, dass sie dazu fähig ist. Sie war beim zweiten Mal ganz sicher nicht mehr überrascht, dass sie dazu fähig ist." Im Unterschied zum ersten Mal habe sie sich auf die Tötung Hinterbergers vorbereitet und die Folgen der Tat "wesentlich rascher und effizienter bereinigt.".

Täterin würde wieder töten

Die Wahrscheinlichkeit, das Estebaliz C. in nächster Zukunft erneut ein Verbrechen ähnlichen Ausmaßes begehen könnte, gibt Kastner in einer "individuelle Prognose, bezogen auf ihre konkrete Persönlichkeitsstruktur" mit 31 Prozent an. Sie (Estebaliz, Anm.). könne "von sich aus schlecht aus ihren Mustern heraus. Die Mechanismen sind vorhanden. Die werden sie fast zwingend wieder in solche Situationen führe".

"Geben Sie ihr Hoffnung"

Verteidiger Rudolf Mayer hatte das Schwurgericht ersucht, die 34-Jährige entweder als zurechnungsunfähig einzustufen oder eine zeitlich begrenzte Haft zu verhängen: "Geben Sie ihr einen Funken Hoffnung." Mayer verglich Estibaliz C. mit der Giftmischerin Elfriede Blauensteiner, die er seinerzeit ebenfalls vertreten hatte: "Diese Person war kaltherzig, eiskalt, grausam und nur auf den Profit aus." Estibaliz C. leide demgegenüber "an vielen falschen Emotionen, die man ihr aufgezwungen hat." Infolge ihrer Persönlichkeitsstörung liege bei der Angeklagten jedenfalls eine eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit vor. Diese habe auch keine "grauenhaften Morde" begangen, wies der Anwalt die Ausführungen der Staatsanwältin zurück: "Es waren Schussmorde, wo die Opfer sofort tot sind."

soll im April 2008 ihren Ex-Mann Holger Holz und im November 2010 ihren damaligen Lebensgefährten Manfred Hinterberger erschossen, zerstückelt, einbetoniert und im Keller ihres Eissalons "Schleckeria" verborgen gehalten haben, bis die Plastikwannen im Juni 2011 bei Installationsarbeiten zufällig entdeckt wurden.