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"Final Fantasy VII Remake" als neues Bombast-Epos

Heute Redaktion
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Auf kaum ein anderes Remake haben Spieler sehnlicher gewartet als auf "Final Fantasy VII". Was uns damals in Staunen versetzte, tut es nun wieder.

1997 erschien der siebente Teil der "Final Fantasy"-Reihe erstmals für die PlayStation und den PC. Es war der Durchbruch für die Rollenspiel-Serie, nicht nur wegen der neuartigen 3D-Grafik mit gerenderten Figuren, sondern auch wegen der überragenden Handlung. Neben dem Handlungsbogen, der sich um Unterdrückung und Ausbeutung spannte, begeisterten die emotionalen Bindungen zwischen den Charakteren.

"Final Fantasy VII" spielt am Planeten Gaia, auf dem eine Gruppe Widerstandskämpfer gegen den Magekonzern Shinra aufbegehren. Die "Avalanche" wollen verhindern, dass der Konzern dem Planeten seine ganze Energie entzieht und lösen dabei eine Kettenreaktion aus, die die gesamte Spielwelt ins Chaos zu stürzen droht. Bis heute bekannt sind die Protagonisten wie der Söldner Cloud Strife oder dessen Kindheitsfreundin Tifa Lockheart.

Auch am zeitexklusiv für ein Jahr nur für die PlayStation 4 erhältlichen Remake arbeitete Tetsuya Nomura mit, der schon beim Orginal seine Finger im Spiel hatte. Das sorgt dafür, dass das Spiel trotz ganz neuer Technik und Gestaltung inhaltlich dem Original überaus treu bleibt. Auch musikalisch übrigens: Die bekannten Melodien des Originals wurden zwar überarbeitet, sind aber sofort erkennbar und klingen fantastischer denn je.

Kleine Gustostückerl für Fans zu finden

Eines hat sich in "Final Fantasy VII" nicht verändert: Eine offene Spielwelt gibt es nicht und die Geschichte läuft sehr geradlinig ab. Was kein Manko darstellt, denn die Spielzeit beträgt auch so samt großartigen Videosequenzen und spektakulären Kämpfen locker über 50 Stunden, von denen man keine einzige bereut. Auch, weil man zwar nah am Original ist, aber auch geschickt kleinere Geschehnisse aus anderen "Final Fantasy"-Werken meist per Videosequenzen ins Spiel integriert hat.

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Da es sich bei "Final Fantasy VII" um einen monumentalen Titel handelt, erscheint das Remake übrigens in Episoden. Der erste Teil erzählt dabei die Geschichte der "Avalanche"-Gruppe in der Megastadt Midgar bis zu deren Flucht. Das ermöglicht es dem Spiel auch, nicht nur die Original-Geschehnisse nachzuspielen, sondern auch die verschiedenen Konflikte viel eingehender zu beleuchten. Im Original verliefen sich etwas gehetzt einige Handlungsstränge, im Remake bekommen sie die Zeit, die sie verdient haben.

Lebensecht wirkende Grafik

Besonders in den Videosequenzen kommt die neue Grafik toll zur Geltung. Figuren wirken lebensecht, die Qualität kann mit jener hochklassiger Animationsfilme mithalten. Einzig in den Spielsequenzen merkt man beim genauen Hinschauen etwas an verwaschenen Hintergründen. Die direkt Umgebung aber wirkt extrem scharf und ist voller Details sowie Lichteffekte. Neu läuft das Spiel nicht mehr aus der schrägen Vogelperspektive, sondern in einer dynamischen Third-Person-Perspektive ab.

Je nach Umgebung oder Kampfgeschehen wechselt die Kamera dabei näher an oder weiter weg von der Spielfigur. Das klappt gut und Probleme mit Wänden oder Objekten, die die Sicht verstellen, gab es zu keinem Zeitpunkt. Und egal ob man sich gerade in einer stinkenden Kanalisation oder einem lichtüberfluteten Platz aufhält, mehrmals muss man einfach inne halten und sich die spektakulären Schauplätze lange Zeit genau ansehen. Leider gibt es nur ganz wenige Orte, in denen man etwas auf Erkundung gehen kann, im Rest des Spiels sind die Laufwege sehr begrenzt vorgegeben worden.

Viel Emotion in den Dialogen

Doch auf den engen Wegen, die man gehen darf, findet man äußerst spannende Geschichten. Seien es die Figuren der Haupthandlung oder einer kleinen Nebenquest, jeder Auftraggeber hat eine Hintergrundgeschichte – auch mit perfekten deutschen Synchronstimmen – zu erzählen und diese ist immer mit viel Gefühl gespickt. So wirkt die Megastadt nicht mehr so leer wie jene des Originals und der Spieler fühlt sich bald als wirklicher Teil von ihr. Auch ein paar Minispiele finden sich im Verlauf jedes Ausflugs.

Etwas zu offensichtlich wurden allerdings die Missionsziele gestaltet. Hauptaufgaben sind auf der Karte markiert und müssen nicht gesucht werden und am Schauplatz angekommen wird das Gesuchte entweder deutlich hervorgehoben oder die Kamera schwenkt automatisch darauf. Da hätte es ein bisschen mehr Freiheit bei der Entdeckung sein dürfen. Die findet sich dafür in den neuen Kämpfen wieder.

Anfangs verwirrend, geübt aber grandios

Um es vorweg zu nehmen: Mit dem Kampfsystem namens "Active Time Battle" des Remakes, das in Teilen jenem des Originals entspricht, muss man erst warm werden. Es handelt sich von Beginn an um eine etwas unüberschaubare Mischung aus Echtzeit- und Runden-basiertem Kampf mit Dutzenden Angriff- und Nebenangriffsmöglichkeiten. Per Knopfdruck wechselt man dabei zwischen den Mitgliedern der Kampfgruppe hin und her und füllt mit Manövern die Zeitleisten der Kämpfer auf.

Sind die Leisten voll, kann der Spieler die Echtzeit-Kämpfe kurz stoppen und eine Spezialfähigkeit auslösen. Dabei kann es sich um einen besonders verheerenden Angriff, die Nutzung von Items wie Heilung und Co. oder um magische Unterstützungseffekte handeln. Alternativ können diese Fähigkeiten auf eine Schnellauswahl gelegt werden – dann läuft der Kampf ohne Pause in Echtzeit weiter. Jedes Mitglied der Gruppe verfügt auch über unterschiedliche Manöver: Cloud ist ein Meister des Nahkampfs, Anführer Barret wiederum des Fernkampfs.

Strategie kommt nicht zu kurz

Auch der niedrigste Schwierigkeitsgrad macht es erforderlich, dass der Spieler bei Kämpfen nicht einfach in die Tasten hämmert. Die Wahl der Angriffe muss ebenso geschickt erfolgen wie die Wahl des richtigen Zeitpunkts, die Gruppe zu heilen. Schön für den Spieler ist, das nicht alles im Kampf nur per Tastendruck automatisch ausgelöst wird. Selbst darf man Zuschlagen, Ausweichen und Blocken. Auch hier zeigen die einzelnen Gruppenmitglieder schön anzusehende. jeweils eigene Bewegungsmuster.

In die Tiefe geht die Vorbereitung auf Kämpfe. Im Lauf des Abenteuers sammelt jedes Mitglied der Rebellengruppe immer mehr Waffen, mit denen man die Kämpfer ausstatten kann. Jede Waffe lässt sich dabei mit gesammelter Erfahrung upgraden und mit Zusatzeffekten versehen. Das wird schnell komplex, denn nicht nur beeinflussen etwa die Kugeln für die Waffen ihre Stärke und Effekte, sondern mehrere nebeneinander in "Steckplätze" eingesetzte Kugeln sich auch gegenseitig. Die immer anspruchsvolleren Kämpfe machen es auch notwendig, immer weiter an der Ausrüstung jedes Kämpfer zu basteln und die Kombinationen zu testen.

Harte Lernkurve kommt

In den oberen Schwierigkeitsgraden tut sich nach den Anfangssequenzen auch eine sehr steile Lernkurve auf. Da der Spieler dem Handlungsablauf geschuldet in neue Duelle gezwungen wird und sich nicht an neue Gegner herantasten kann, macht einige Begegnungen ohne die richtige Ausrüstung zu automatischen Niederlagen. Leichter macht es das Ganze nur, dass einen das Spiel nicht zurückwirft, sondern man direkt vor dem verlorenen Kampf wieder weitermachen darf. Dann gilt es erst, die komplette Ausrüstung neu zusammenzustellen, um für den Kampf besser vorbereitet zu sein.

Einen komischen Mix an spektakulärer Action und Langeweile bieten jene Charaktere, die man gerade selbst nicht aktiv steuert. Sie sollten eigentlich KI-gesteuert selbstständig weiterkämpfen und tun dies oft auch mit fantastischen Kombos. Manchmal aber scheinen sie wie angewurzelt in der Gegend herumzustehen und das Geschehen lieber zu beobachten, als einzugreifen. Ein ständiges Durchwechseln der Charaktere ist also notwendig. Was allerdings wirklich großartig ist: Bei den Bossen und deren Designs stellt "Final Fantasy VII" den spektakulärsten Titel seit langer Zeit dar.

Hoher Wiederspielwert

Auch wenn"Final Fantasy VII" so linear abläuft, die meisten Bosse will man nach einem Sieg sofort noch einmal bekämpfen. Die perfekt durchinszenierten Gefechte beeindrucken auch trotz der kleinen Macken und gleichzeitig baut sich die Handlung zu einem gewaltigen Finale auf. Hat man die vielen Spielstunden hinter sich, geht es in einen neuen Durchgang, in dem dann ein noch härterer Schwierigkeitsgrad zur Verfügung steht. Zusätzliche neue Herausforderungen sorgen für zusätzlichen Wiederspielwert. Und die Videosequenzen nutzen sich auch beim wiederholten Ansehen nicht so schnell ab.

Noch ein kurzer Ausflug zurück zum Kampfsystem: "Final Fantasy" war immer bekannt für das Beschwören gigantischer Monster, die dem Spieler im Kampf unterstützen. Die sind hier so individuell und spektakulär umgesetzt worden, dass es die Serie auf ein neues Level hebt. Generell ist es bewundernswert, wie klassisch das Remake von "Final Fantasy VII" ausgefallen ist, troz der neuen Grafik und des runderneuerten Kampfsystems. Die Handlung nimmt nicht so comichafte Züge an wie in einigen anderen Teilen und die Beziehungen und Emotionen der Charaktere stehen im Mittelpunkt.

Ein richtig bombastisches "Final Fantasy"

Letztlich schafft "Final Fantasy VII Remake" auch einen geglückten Spagat: Kenner des Originals werden sich sofort im Remake wiederfinden und das geliebte "Final Fantasy"-Gefühl spüren, während komplette Neulinge kein Vorwissen benötigen und die Story so spektakulär wie im Original erleben können. Die actiongeladenen Kämpfe, die brillante Grafik, der perfekt abgestimmte Sound und die tiefgehende Handlung machen "Final Fantasy 7 Remake" zu einem bombastischen Epos.

Besonders gelungen ist auch das Finale, das darauf hoffen lässt, dass das Projekt "Final Fantasy VII Remake" möglichst bald weitergeht. All jene, die auf eine moderne Erzählung von Clouds Geschichte gewartet haben, bekommen mit dem Remake die Erfüllung ihrer Träume. Doch auch jene, die bisher die Serie nur aus der Ferne beobachtet haben, werden mit dem Remake neu zu "Final Fantasy"-Fans werden.

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